Strache präsentierte im Sommer 2017 stolz den von Stieglitz geliehenen Wahlkampfbus.

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Auf den einstigen Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) kommt weiteres juristisches Ungemach zu: Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) führt ihn nun in der "Causa Stieglitz" als Beschuldigten, er wird der Bestechlichkeit beschuldigt. In den Ermittlungen geht es um die Frage, wie der Unternehmer Siegfried Stieglitz zum Asfinag-Aufsichtsratsvorsitzenden wurde. Die WKStA vermutet, dass das mit unlauteren Mitteln geschehen sei.

Strache wird vorgeworfen, dass er sich eine Reise nach Dubai "versprechen ließ". Dort wollte Stieglitz im Herbst 2019 seinen 50. Geburtstag feiern; auch der frühere FPÖ-Verkehrsminister Norbert Hofer war eingeladen. Strache, damals Vizekanzler und FPÖ-Chef, nahm die Reise zwar spontan an, sagte aber schon im Mai 2019 ab. "Muss Abstand nehmen. Compliance!!!!", schrieb Strache per SMS an Stieglitz. Dennoch sieht die WKStA hier den Verdacht auf Bestechlichkeit.

Selbstkostenpreis für Frau

Insgesamt wollte Stieglitz sieben Familienmitglieder und 28 Gäste nach Dubai fliegen lassen; für mitreisende Gattinnen war ein "Selbstkostenpreis" von 1.000 Euro vorgesehen. Strache und Ehefrau Philippa wollten ohne Baby kommen; andere hochrangige FPÖ-Politiker wären "eh lieber allein" geflogen, wie einer eingestand.

Straches Anwalt Johann Pauer verweist darauf, dass Strache mit Stieglitz – wie aus Chats hervorgehe – eine langjährige Freundschaft verbinde: Der damalige Vizekanzler habe den Unternehmer auch zu seiner Feier des 50. Geburtstags eingeladen. Die Einladung sei aufgrund dieses Naheverhältnisses erfolgt,und nicht wegen der Hoffnung auf Vorteile. Außerdem habe Strache ja ohnehin aus Compliance-Gründen abgesagt, die Vorwürfe seien also falsch. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Auch Stieglitz betont in seiner Einvernahme, dass er "nicht den Herrn Vizekanzler und den Herrn Verkehrsminister, sondern meine Freunde" eingeladen habe. Er habe außerdem jeden ersucht, Compliance-Richtlinien abzuklären.

Bislang wurde gegen Stieglitz vor allem wegen dessen Spende an den FPÖ-nahen Verein Austria in Motion ermittelt. Ihm wird Bestechung vorgeworfen. Ursprünglich wollte Stieglitz den blauen Wahlkampf mit seinem "Rolling Office" unterstützen, einem großen Bus, den der damalige FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky später scherzhaft als "Gangbang-Bus", also Räumlichkeit für Gruppensex, verwenden wollte. FPÖ-Bundesgeschäftsführer Hans Weixelbaum soll Stieglitz allerdings darauf aufmerksam gemacht haben, dass man die kostenlose Busleihe als Wahlkampfspende an den Rechnungshof melden müsse. Daraufhin legte eine von Stieglitz’ Firmen der FPÖ eine Rechnung für die Benutzung des Busses. Diese glich Stieglitz dann über den Verein Austria in Motion aus: weil er sich nämlich nicht den Vorwurf machen lassen wollte, sich an der FPÖ zu bereichern.

Stieglitz ging davon aus, unter Türkis-Blau zum Aufsichtsrat in staatsnahen Unternehmen zu werden. Sein Traum sei die ÖBB gewesen: "Ich habe schon geträumt, wie ich die Bahnhöfe entwickeln werde." Schlussendlich wurde es jedoch die Asfinag, wohin ihn Verkehrsminister Hofer entsandte. Ganz einfach war die Nominierung von Stieglitz offenbar nicht: Zuerst fehlten in seinem abgegebenen Lebenslauf Informationen darüber, welche Funktionen er in welchen Unternehmen innegehabt hatte. Stieglitz dazu: "Man hat mir nicht gesagt, dass der Lebenslauf bestimmte Anforderungen bezüglich Inhalt und Länge haben muss."

"Möglichst viele" Posten

Dann war aber Stieglitz selbst unsicher, was man als Aufsichtsrat zu tun habe. Beim Friseur lernte er eine Oberstaatsanwältin der WKStA kennen, die er auf einen Drink einlud und dabei fragte, was ein Aufsichtsrat zu tun habe. Sie habe ihm das dann grob erklärt.

Aber auch nach der Bestellung zum Aufsichtsratsvorsitzenden der Asfinag war Stieglitz noch nicht zufrieden: "Ich wollte in möglichst viele Aufsichtsräte staatsnaher Unternehmen ernannt werden." Der Grund dafür: Mit den Posten sei eine "hohe gesellschaftliche Anerkennung" verbunden.

Strache sei "kooperativ"

Das könnte Stieglitz nun, gemeinsam mit den Zuwendungen an FPÖ-nahe Vereine und blaue Spitzenpolitiker, zum Verhängnis werden. Strache selbst wurde bereits im Zusammenhang mit einem Initiativantrag im Nationalrat verurteilt, allerdings nicht rechtskräftig. Laut Richterin hatte er als Oppositionspolitiker das "Amtsgeschäft" des Initiativantrags für den Vorteil einer Parteispende über 10.000 Euro durch Privatklinikbesitzer Walter Grubmüller getätigt.

Straches Anwalt Pauer betont, dass seinem Mandanten vor zwei Jahren wegen einer anonymen Anzeige das Handy beschlagnahmt wurde: "Es ist zwar bedenklich, diesen Umstand mittlerweile hervorheben zu müssen, aber die Hausdurchsuchung kam damals völlig überraschend." Strache sei "von Anfang an umfassend kooperativ gewesen". "Nach Auswertung sämtlicher Nachrichten geht es unter anderem um Initiativanträge aus der Oppositionszeit und abgesagte Einladungen zu Geburtstagsfeiern", sagte Pauer. Der ebenfalls beschuldigte Norbert Hofer hatte die Vorwürfe ebenso von sich gewiesen. (fsc, 18.10.2021)