Péter Márki-Zay soll die ungarische Opposition zum Triumph über die rechtsnationale Regierung führen.

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Nach einer mehrwöchigen Vorwahl der ungarischen Opposition ist der parteilose Konservative Péter Márki-Zay zu deren Spitzenkandidat für die Parlamentswahl im Frühjahr 2022 gekürt worden. Er wird die Macht des seit 2010 regierenden Rechtspopulisten Viktor Orbán herausfordern. "Wir wollen ein neues, saubereres, ehrliches Ungarn", erklärte er nach der Verkündung des Ergebnisses am späten Sonntagabend.

Der Bürgermeister der südostungarischen Kleinstadt Hódmezövásárhely setzte sich in der zweiten Runde der Vorwahl überraschend deutlich gegen die Sozialdemokratin Klára Dobrev durch. Er kam auf 57, sie auf 43 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung übertraf alle Erwartungen: 660.000 Menschen stimmten in der zweiten Runde ab, 630.000 waren es in der ersten.

Der 49-jährige Márki-Zay war als krasser Außenseiter in die Vorwahl gestartet. Es galt schon als schiere Überraschung, dass er in der ersten Runde mit 20 Prozent Wählerzustimmung auf den dritten Platz kam. Der lange Zeit als Favorit gehandelte links-grüne Budapester Oberbürgermeister Gergely Karácsony war abgeschlagen hinter Dobrev nur Zweiter geworden.

Schatten der Vergangenheit

Nach hektischen Verhandlungen verzichtete Karácsony zugunsten von Márki-Zay auf ein Antreten in der zweiten Runde. Dem war die Einsicht zugrunde gelegen, dass eine Spitzenkandidatin Dobrev bei der Wahl 2022 Orbán nicht würde schlagen können. Denn sie trägt eine schwere Last mit sich: Sie ist die Ehefrau des ehemaligen Ministerpräsidenten Ferenc Gyurcsány und gehört der von ihm gegründeten und geführten sozialliberalen Demokratischen Koalition (DK) an.

Gyurcánys Amtszeit von 2004 bis 2009 war von den Budapester Straßenunruhen im Herbst 2006 überschattet. Ausgelöst hatte sie das Bekanntwerden einer fraktionsinternen Rede, in der er eingeräumt hatte, die Bürger vor der Wahl im selben Jahr belogen zu haben. Die Unruhen, die von Orbáns Gefolgsleuten angeheizt worden waren, hatten auch zu Übergriffen der Polizei geführt. Für ein breites Segment von Orbán-Gegnern sind deshalb Gyurcsány und seine Partei bis heute nicht wählbar.

Markenzeichen Toleranz

Márki-Zay wiederum bekennt sich zu konservativen Ansichten und zum katholischen Glauben. Damit kann er vor allem Menschen auf dem Land ansprechen, die Orbáns Kernwählerschaft ausmachen. Die urbanen Wähler in den Städten verschreckt er deshalb nicht, weil er sich tolerant und inklusiv gibt. Seine persönlichen Wertvorstellungen müssen nicht unbedingt die Richtschnur für staatliche Gesetze sein, sagt er. So könne er sich etwa eine gesetzliche Regelung der "Ehe für alle" durchaus vorstellen.

Dobrev sicherte am Sonntagabend Márki-Zay ihre Unterstützung bei der Wahl 2022 zu. Das war auch in den Oppositionsabkommen so vorgesehen, die die Vorwahl regelten. Zugleich ist auch klar, dass die Opposition mit einer gemeinsamen Liste und mit gemeinsamen Direktkandidaten in den 106 Einzelwahlkreisen antreten wird. Letztere waren bereits in der ersten Runde der Vorwahl ermittelt worden. In jüngsten Umfragen liegen die Orbán-Partei Fidesz und die vereinte Opposition Kopf an Kopf.

Im Falle eines Wahlsiegs wäre Márki-Zay der Ministerpräsident einer Koalition, die von links-grün bis rechtsnational reicht. Er selbst hat keine eigene Partei, sein Hinterland ist lediglich eine Gruppierung von moderaten Konservativen, die Bewegung Ungarn für alle (MMM).

Stärkste Oppositionskraft ist, wie auch die Vorwahl ergab, die DK. Sie wird 32 der 106 Direktkandidaten stellen. Nach der Wahl 2010 hatte Gyurcsány die abgewählte Ungarische Sozialistische Partei (MSZP) verlassen, die DK gegründet und eine, wenn auch nicht mehrheitsfähige, so doch begeisterte Anhängerschaft um sich versammelt. Inzwischen ist die DK die einzige Oppositionspartei, die landesweit und flächendeckend über Grundorganisationen und Aktivisten verfügt. (Gregor Mayer aus Budapest, 19.10.2021)