Viel wurde in den vergangenen Tagen über diesen Mann geschrieben. Der Neo-Kanzler sei eine Marionette, eine farblose Übergangslösung, nichts als eine Schachfigur, hieß es. Dabei kam eine Sache eindeutig zu kurz. Alexander Schallenbergs modischer Auftritt. Denn eines kann man dem Neuen wohl nicht vorwerfen: eine Fortführung der Slimfit-Ära.

Im Gegenteil, Alexander Georg Nicolas Schallenberg scheint eigene Akzente setzen zu wollen: Seine gemusterten Krawatten heben sich von denen des österreichischen Altkanzlers klar ab. Auf Twitter machten sie bereits die Runde, und ja, von anderen Medien wurden sie auch schon gewürdigt. "Männer in Arbeitskleidung sind alle grau in grau. Der einzige Farbfleck, den wir bei einem Anzug haben können, sind die Krawatten", erklärte der Bundeskanzler in einem "Heute"-Interview.

So geht Schallenberg wie einst Wolfgang Schüssel aktiv gegen die graue Tristesse der männlichen Politiker-Outfits an – im Rahmen seiner Möglichkeiten. Und das durchaus glaubwürdig. Modelle in Weinrot und Himmelblau baumeln über seinen Hemden. Die dezenten Muster (heute hüpfender Hirsch, morgen grinsender Dino) heben sich von den schrillen Kaufhausexemplaren eines Norbert Hofer (heute Karo, morgen Streifen) ab.

Denn eigentlich muss man das nicht betonen: Ein Schallenberg kennt die feinen Unterschiede, er weiß, wo man einkauft! Selbst die Dinosaurier auf der Krawatte, die der Neue auf einem Passbild auf der Parlamentsseite trägt, sehen nicht banal aus. Natürlich nicht, denn bei dem Modell handelt es sich höchstwahrscheinlich nicht um einen ordinären Noname-Schlips, sondern um ein Modell aus Seide vom französischen Modehaus Hermès. Drückt der weltgewandte Botschaftersohn Schallenberg, geboren in Bern, aufgewachsen in Indien, Spanien und Paris, etwa so seine Distanz zum Vorgänger aus dem Wiener "Arbeiterbezirk Meidling" aus?

Zum Antrittsinterview wurde die rosarote Krawatte hervorgeholt.
Foto: Christian Fischer

Das mag plausibel klingen, bleibt aber Vermutung. Schallenberg jedenfalls will die Wahl seiner Schlipse partout nicht zum Politikum erklären.

Schallenberg am 12. Oktober: Himmelblau mit feinem Muster.
Foto: imago images/SEPA.Media

Auf die Muster achte er "nicht so sehr", winkte er gegenüber "Heute" ab, denn "da steckt keine tiefere Botschaft dahinter – schon gar nicht politischer Natur". Das lassen wir einfach so stehen – nicht ohne weiterhin dranzubleiben. (Anne Feldkamp, 21.10.2021)