Thomas I. auf dem Balkon seiner eigenen Wohnung, die er durch Vinzidach vermittelt bekommen hat.

Foto: VinziWerke

Thomas I. war bereits in seiner Lehrzeit obdachlos. Mit 17 Jahren stand er für zwei Jahre ohne Wohnung da. Wochenweise kam er bei Freunden unter, immer bemüht um einen Schlafplatz. Mit Anfang 20 schaffte es der Salzburger mit einer Anstellung als Koch, sich ein neues Leben aufzubauen. Er bezog eine eigene Wohnung und bezwang seine Suchterkrankung. Durch die Folgen der Corona-Pandemie aber verlor er seinen Job und auch seine Wohnung, da er die Miete nicht mehr zahlen konnte. Thomas stand wieder auf der Straße.

Über einen Freund dockte der 32-Jährige bei Vinzidach an. Die Housing-First-Einrichtung versorgt Langzeitobdachlose direkt mit einer eigenen Wohnung und betreut die Betroffenen danach intensiv durch Sozialarbeiter. Thomas war der 100. Klient, der von Vinzidach in Salzburg in sein eigenes Zuhause begleitet wurde. "Als Obdachloser im Substitutionsprogramm hast du bei Vermietern keine Chance auf eine Wohnung", sagt er.

97 Prozent Erfolgsquote

Das Modell Housing First kommt aus den USA und hat sich mit einer niedrigen Rückfallquote bewährt. In Salzburg gab es bei den 100 Wohnzuweisungen in neun Jahren nur drei Delogierungen. "Das entspricht einer Erfolgsquote von 97 Prozent", sagt die Sprecherin der Vinzenzgemeinschaft, Svjetlana Wisiak. Zehn bis 15 Menschen pro Jahr konnte so zu den eigenen vier Wänden verholfen werden.

Mit aufsuchender Sozialarbeit machen die Mitarbeiter die wohnungslosen Menschen auf das Angebot von Vinzidach aufmerksam. Der Mietvertrag läuft nicht über eine Einrichtung, sondern auf den Bewohner selbst. Bei Amtswegen und alltäglichen Angelegenheiten stehen die Sozialarbeiter den Bewohnern auch in den Folgejahren zur Seite, bis sich die eigene Selbstständigkeit wieder eingestellt hat. Im Schnitt dauere die Nachbetreuung vier Jahre. "Das ist aber von Person zu Person unterschiedlich", sagt Wisiak. Die Unterstützung und Programme können in Anspruch genommen werden, sind aber nicht verpflichtend.

Begonnen hat das Projekt mit fünf Sozialarbeitern, mittlerweile sind es sieben Vollzeitstellen. Und das soll auch so bleiben. Die Kosten für das Projekt wurden bisher zur Hälfte vom Land und zur Hälfte aus dem mit einer Million Euro dotierten "Essl Social Prize" finanziert. Doch das Geld des ehemaligen Baumax-Chefs Martin Essl ist mittlerweile aufgebraucht.

Stadt und Land übernehmen Projektkosten

Nun übernehmen Stadt und Land die vollen Projektkosten in der Höhe von 370.000 Euro pro Jahr. "Vinzidach ist ein wirkungsvolles Projekt der Wohnungslosenhilfe und wichtiger Bestandteil der Salzburger Soziallandschaft", sagt Soziallandesrat Heinrich Schellhorn (Grüne). Die Stadt Salzburg unterstützt das Projekt weiterhin mit den notwendigen 10 bis 15 geförderten Wohnungen.

Thomas I. fand im Mai wieder einen Job als Vertreter für eine Sozialeinrichtung. Ende September konnte er dann mithilfe von Vinzidach in eine eigene Wohnung einziehen und wird seither auch weiter von Sozialarbeitern unterstützt. "Vor einem halben Jahr stand ich mit nichts auf der Straße, heute habe ich einen Job und eine eigene Wohnung", freut I. sich. (Stefanie Ruep, 21.10.2021)