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Boris Johnson empfängt im Londoner Science Museum 200 Banker und Managerinnen.

Foto: REUTERS

Wenn Premier Boris Johnson an diesem Dienstag im Londoner Science Museum 200 Banker und Managerinnen um sich schart, ist gute Laune programmiert. Bei der vollmundig "globaler Investitionsgipfel" getauften Werbeveranstaltung verpflichten sich international tätige Unternehmen wie der Stromkonzern Iberdrola oder die türkische Industrie-Holding Eren auf Ökoinvestitionen im Gesamtwert von 9,7 Milliarden Pfund (11,5 Milliarden Euro). Zum Dank dürfen die Teilnehmer abends der Queen ihre Aufwartung machen.

Der Mega-Event mit Microsoft-Gründer Bill Gates sowie legendären Bankern und Vermögensverwaltern wie James Dimon (JP Morgan) und Larry Fink (Black Rock) hat Johnson bei Emmanuel Macron abgekupfert. Alljährlich beeindruckt Frankreichs Staatspräsident zahlungskräftige Besucher im früheren Königsschloss von Versailles. Die Briten hoffen auf zusätzlichen Glamour durch lebende Royals: Am Empfang auf Schloss Windsor werden nicht nur die 95-jährige Monarchin Elizabeth II, sondern auch Thronfolger Charles und Enkel William samt Gattinnen Camilla und Catherine teilnehmen. Ganz klimafreundlich reisen die milliardenschweren Damen und Herren im Bus zum Empfang bei Ihrer Majestät.

Schlampige Vorbereitung

Erfahrungsgemäß läuft rund um die Royal Family alles wie am Schnürchen. Von der Organisation der Weltklimakonferenz COP 26 lässt sich das offenbar nicht sagen. Jedenfalls beklagen sich seit Tagen anonyme Geschäftsleute und Banker in britischen Medien über die "schlampige", ja "chaotische" Vorbereitung auf das Treffen, das in weniger als vierzehn Tagen beginnt.

Zu den Großsponsoren der Konferenz mit mehr als 25.000 Teilnehmern zählen Software-Riese Microsoft und Pharma-Gigant GSK, die Mischkonzerne Unilever und Reckitt sowie die Energiefirmen Hitachi, Scottish Power und SSE. Die Teilnahme an Diskussionsrunden kostet eine coole Viertelmillion Pfund (295.000 Euro), für den Zugang zur "grünen Zone" wird das Doppelte fällig. Die im Gegenzug für die hohen Prämien erhoffte Exklusivität blieb jedoch aus: Neben der grünen gibt es auch eine blaue Zone, für deren Zugang sich die Uno bezahlen lässt.

Entscheidungen verschleppt

Mehrfach wandten sich düpierte Sponsoren schriftlich ans COP-26-Sekretariat. Dort seien "sehr unerfahrene Beamte" tätig, berichtete "The Guardian", weshalb Entscheidungen verschleppt und Teilnehmer über die Organisation im Unklaren gelassen würden. Diese Beschwerde dürfte Queen Elizabeth nachvollziehen können. Erst vergangene Woche beklagte sich die stets tadellos auf Gäste vorbereitete Monarchin, sie höre dauernd von COP 26. "Aber ich habe keine Ahnung, wer denn nun eigentlich kommt. Wir wissen nur, wer nicht kommt." Dazu gehören dem Vernehmen nach die Präsidenten Chinas und Russland, Xi Jinping and Wladimir Putin.

Die an Improvisation gewöhnten Briten geben sich gelassen: Auch andere politische Großereignisse wie zuletzt der G7-Gipfel im vergangenen Juni in Cornwall seien letztlich reibungslos über die Bühne gegangen. Frisch ist auch die Erinnerung an Olympia 2012 in London: Was praktisch bis zum Eröffnungstag wie ein unbefriedigendes Kuddelmuddel wirkte, endete in einem 16-tägigen vergnügten Fest.

Ob aber Boris Johnson in Glasgow eine Goldmedaille gewinnen wird? Das wird am Ende weniger von der britischen Organisation abhängen als von der Bereitschaft der Teilnehmerstaaten, die Klimakrise ernst zu nehmen. (Sebastian Borger aus London, 20.10.2021)