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Was fehlt: Asylquartiere – wie hier 2019 im Vorarlberger Vomp.

foto: picturedesk/Jakob Gruber

Wien – Die Asylantragszahlen in Österreich haben zugenommen, pro Woche suchen derzeit mehr als tausend Menschen hierzulande um Schutz an. Von einer Situation wie im Jahr der großen Fluchtbewegung 2015, als allein im September 10.672 Menschen in Österreich Asyl beantragten, ist aber nicht die Rede.

Dennoch ist die Unterbringungslage eng, wie eine aktuelle Antwort auf Fragen des STANDARD aus dem Innenministerium zeigt. Die Bundesquartiere, aus denen Asylsuchende eigentlich zeitnah in Länderbetreuung übernommen werden sollten, sobald ihr Asylantrag in Österreich angenommen wurde, seien zu 84 Prozent ausgelastet, heißt es darin.

Acht neue Erstaufnahmeeinrichtungen

Konkret seien am Montag 3.452 Plätze belegt gewesen – rund 1.300 davon in der größten Erstaufnahmestelle Traiskirchen, fügt dem der dortige Bürgermeister Andreas Babler (SPÖ) hinzu.

Um die ankommenden Menschen unterzubringen, habe man neben den schon länger bestehenden weiteren Erstaufnahmeeinrichtungen "jedenfalls seit 2020 acht Bundesbetreuungsstellen reaktiviert", heißt es in der Ministeriumsantwort. Als runderneuerte Standorte werden "Wien, Klingenbach, Villach, Finkenstein, Steinhaus, Steyregg, Mondsee und Salzkammergut" mit "1.300 Plätzen" aufgezählt.

Unauffällige Flüchtlingstransporte

"Meines Wissens wurden die Zusatzquartiere alle in den letzten drei Monaten eröffnet", sagt Lukas Gahleitner-Gertz von der Asylkoordination. Die Verlegungen dorthin seien "so unauffällig wie möglich, etwa in Kleinbussen", erfolgt – "vor allem nach Oberösterreich, wo damals Wahlen anstanden" .

Laut Ministeriumsantwort staut es sich in den Bundesquartieren nun: "1.800 Personen – und damit mehr als 50 Prozent" der dort Versorgten – müssten eigentlich schon in Länderquartieren sein. Deren aber gibt es viel zu wenig. Von Wien abgesehen, das die diesbezügliche Quote weit übererfüllt, sind die anderen Bundesländer säumig.

Aus 2015 "nichts gelernt"

"Das ist das gleiche Spiel wie Anfang 2015. Gelernt wurde ganz offensichtlich nichts, das Flüchtlingsunterbringungssystem weist immer noch dieselben Fehler wie damals auf", sagt dazu Gahleitner-Gertz. Nach wie vor seien die Player in diesem System "in ein toxisches Dreiecksverhältnis verstrickt".

Tatsächlich fehlt den Unterbringungsanbietern in den Ländern – großteils NGOs und andere Organisationen sowie Wirte – wegen der niedrigen Tagsätze die notwendige Planungssicherheit. Mehr Geld im System jedoch würde ein Bekenntnis von Ländern und Bund zu besserer Flüchtlingsbetreuung voraussetzen, was vor allem ÖVP-seitig politisch unerwünscht erscheint.

BBU-Gründung änderte nichts

An dieser unbefriedigenden Situation hat offenbar auch die Gründung der Bundesbetreuungsagentur BBU nichts geändert, die seit 2020 Asylsuchende versorgt und betreut, solange der Bund für sie zuständig ist. Auch rund um die Agentur gebe es Verwerfungen, sagt Gahleitner-Gertz – und weist auf die überraschende Kündigung des BBU-Leiters Andreas Achrainer hin. (Irene Brickner, 20.10.2010)