ORF-Chef Alexander Wrabetz sieht für ORF 3 einen "Marktanteil von demnächst drei Prozent" realistisch.

Foto: ORF/Roman Zach-Kiesling

Wien – Bald zehn Jahre ist es her, dass ORF 3 ins Leben gerufen wurde. Am 26. Oktober 2011 um 14 Uhr startete der Kultur- und Informationsspartenkanal mit "ORF 3 – Ein Sender entsteht" durch. Im Lauf der Zeit baute der von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz in Auftrag gegebene und von ORF 3-Programmgeschäftsführer Peter Schöber konzipierte Kanal Eigenproduktionen als auch Kultur-Kooperationsvereinbarungen aus. Heute verfolgen täglich rund 900.000 Personen das Programm.

Der Auftrag an Schöber zur Konzipierung des Senders erging bereits 2009 und fiel damit in eine "besondere Zeit", wie sich Wrabetz mit Verweis auf die Weltwirtschaftskrise und ein EU-Verfahren, das sich mit der Finanzierung des ORF beschäftigte, erinnerte. "Ich habe trotzdem gesagt, dass wir unser Programmangebot erweitern und einen 24-Stunden-Kultur- und Informationskanal etablieren. Es war nämlich klar, dass es der ORF mit nur zwei Vollprogrammen in einer immer heterogeneren Umgebung schwer haben wird."

Ziel war es mit den vier Programmsäulen Lebens- und Volkskultur, Zeitgeschichte, Information sowie Kunst und Kultur einen Marktanteil von 1,5 Prozent zu erreichen. Mit 2,6 Prozent im Jahr 2020 und bisher 2,8 Prozent im laufenden Jahr habe man dies "deutlich übertroffen", zeigte sich Wrabetz zufrieden. Dabei soll der Sender noch weiter wachsen: "Eine tägliche durchschnittliche Reichweite von einer Million Zuseherinnen und Zusehern ist in den nächsten ein bis zwei Jahren gut möglich. Beim Marktanteil sind demnächst drei Prozent realistisch."

Programmbudget um ein Drittel erhöht

Zum Vergleich zieht der ORF-Generaldirektor den Radiosender Ö1 – "das meistgehörte Kultur- und Informationsradio Europas" – heran. Mit seinen täglich im Schnitt 800.000 Hörerinnen und Hörern galt er als Benchmark für ORF 3. Der "Schlüssel zum Erfolg" sei aber die Eigenständigkeit von ORF 3, meinte Wrabetz. "Der Sender ist eine eigenständige Tochtergesellschaft des ORF und mit weitgehenden Freiheiten und Rechten im Bereich des Programms und der Personalrekrutierung ausgestattet. Dass das so bleibt, ist Chefsache und sollte nicht an untergeordnete Dienststellen delegiert werden." Der designierte ORF-Generaldirektor Roland Weißmann habe bereits zugesichert, dass auch er den Sender bei sich angesiedelt lassen will und der finanzielle Spielraum von ORF 3 graduell weiterentwickelt werde. Das ORF 3-Programmbudget wurde erst heuer um ein Drittel erhöht.

Als Konkurrenz zu Nachrichtensendern der Privaten solle ORF 3 nicht verstanden werden, setze man doch bewusst auf einen Mix aus Info und Kultur. "Wir haben eine Vormittagsschiene mit aktueller Information, und anschließend bieten wir Nachrichten, wenn wirklich was los ist", so der ORF-Chef. Mit Besiedelung des neuen multimedialen Newsrooms am Küniglberg werde es noch einfacher, aktuelle Informationen für ORF 3 zuzuliefern, prophezeite Wrabetz. Derzeit setzt ORF 3 etwa auf die 2017 etablierte dreieinhalbstündige Live-Infostrecke "ORF 3 Aktuell" sowie die Bundesland-Nachrichten "Österreich heute".

Kultur-Kooperationsvereinbarungen

Seit 2018 setzt der Spartensender auf Kultur-Kooperationsvereinbarungen unter anderem mit der Wiener Staatsoper oder den Wiener Philharmonikern. Ob künftig auch mehr Übertragungen etwa von Rock- oder Popkonzerten denkbar wären? "ORF 3 ist kein Jugendkanal, auch wenn er so wie Ö1 überraschend viele junge, bildungsinteressierte Zuseherinnen und Zuseher anspricht. Ich sehe keinen Sinn darin, den Sender künstlich zu verjüngen", so Wrabetz, der jedoch betont, dass etwa große Konzertübertragungen vom Donauinselfest zu den erfolgreichsten Sendungen von ORF III zählen. Es sei denkbar, mehr Akzente in diese Richtung zu setzen.

Mit Jahresende wechseln die kaufmännische Geschäftsführerin von ORF 3, Eva Schindlauer, als auch ORF 3-Chefredakteurin Ingrid Thurnher in die ORF-Direktion – Erstere als Finanzdirektorin, Zweitere als Radiodirektorin. Damit drohe dem Sender laut Wrabetz aber kein markanter Umbruch: "Eva Schindlauer und Ingrid Thurnher haben hervorragende Arbeit geleistet, die Peter Schöber als Kopf und Seele von ORF III mit einem neu zusammengestellten Team fortführen wird."

Schöber sprach bei einer Pressekonferenz von einer "Herausforderung", als er einst von Wrabetz mit der Senderkonzeption beauftragt wurde, lag doch der letzte umfassende Start eines TV-Senders im ORF gute 40 Jahre zurück. "Zwölf Jahre nach diesem Auftrag und zehn Jahre nach dem Senderstart 2011 blicken wir auf eine sehr bewegte, intensive, aber, das darf man mit aller Bescheidenheit sagen, sehr erfolgreiche Zeit zurück", sagte der Programmgeschäftsführer und bedankte sich bei jedem einzelnen Teammitglied des Spartenkanals.

Spezialprogramm am Nationalfeiertag

Für den Nationalfeiertag am 26. Oktober und damit 10. Geburtstag von ORF 3 ist ein Spezialprogramm geplant. Um 20.15 Uhr richten ORF 3-Moderator Peter Fässlacher und Schauspieler und Regisseur Michael Schottenberg "Die perfekte Geburtstagsgala" aus. Was im Anschluss um 21.05 Uhr gezeigt wird, entscheidet das Publikum. Denn dieses kann schon seit mehreren Tagen unter tv.orf.at/orf3 abstimmen, welche drei "ORF 3 Sternstunden" es zum Wiedersehen geben soll. Bereits am Sonntag um 20.15 Uhr lässt auch "Erlebnis Bühne" erinnerungswürdige Produktionen und Gespräche mit Künstlerinnen und Künstlern der Klassikwelt Revue passieren. Das ORF III-Magazin "Kultur Heute" blickt noch bis Freitag auf zehn Jahre Senderbestehen zurück.

Für Herbst und Winter 2021 wurde ein Zusatzprogrammpaket realisiert, das Konzerthöhepunkte, mehr Kleinkunst-Produktionen oder auch Dokumentationen über regionale Lebenskultur und die (Zeit-)Geschichte Österreichs beinhaltet. Der neue Konzertfilm "The Great American Songbook mit Camilla Nylund" feiert am 5. Dezember Premiere. Ende des Jahres porträtiert "Erbe Österreich" in einem neuen Doku-Vierteiler "Habsburgs heimliche Herrscherinnen". Bereits im November wird die diesjährige Nestroy-Preisverleihung live-zeitversetzt aus dem Theater an der Wien übertragen.

Höhepunkte für 2022 sind etwa das "Herbstgold"-Festival mit Stargeiger Julian Rachlin als neuem künstlerischen Leiter, von dem ORF 3 erstmals übertragen wird. Im Frühsommer steht der neue Doku-Zweiteiler "Rolando Villazón und Mozarts Menschen" anlässlich des 50. Geburtstags Villazóns an. Im Kleinkunst- und Kabarettbereich warten etwa bis zu 20 Neuproduktionen aus dem Orpheum Graz auf das ORF III-Publikum. (APA, 20.10.2021)