Bild nicht mehr verfügbar.

Die Netflix-Spitze äußerte sich nun auch öffentlich.

Foto: Richard Shotwell/Invision/AP

Ein Comedy-Special mit Aussagen gegen Trans-Menschen, die Suspendierung protestierender Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und letztlich der Kommentar, dass mediale Diskriminierung keinen Einfluss auf die echte Welt habe: Das Verhalten der Netflix-Führung hat in den vergangenen Wochen für viele Negativschlagzeilen gesorgt. Kurz vor einem Streik der Belegschaft äußerte sich nun Netflix-Co-Chef Ted Sarandos zu der aktuellen Kontroverse: Zum "Wall Street Journal" und anderen Medien, denen er nun Interviews gegeben hat, sagte er, dass er es im Umgang mit den Arbeitskräften, die sich über die Netflix-Produktion "The Closer" ärgern, "vermasselt" habe. Er hätte "mit mehr Menschlichkeit führen sollen", resümiert er.

Belegschaft protestierte

Anfang des Monats erschien "The Closer" – ein Comedy-Special, in dem der bekannte Comedian Dave Chappelle sich über Trans-Menschen in einer Weise äußert, die von der LGBTQ+-Community als transphob wahrgenommen wird. Die Produktion hat nicht nur in sozialen Medien für Aufregung gesorgt, auch NGOs wie GLAAD, die LGBTQ+-Feindlichkeit in der Medienindustrie beobachtet, kritisierten sie heftig. Auch Kommentare in zahlreichen US-Medien äußerten sich negativ über den Beitrag und den Umgang des Konzerns mit Kritik. Zudem hatten sich intern Mitarbeiter beschwert.

Sarandos reagierte, indem er zunächst das Special verteidigte – allerdings nicht die Inhalte selbst, sondern ihren Effekt: So erklärte er, dass "Inhalte auf dem Bildschirm nicht direkten Schaden in der realen Welt bedeuten" würden. Man könne "schockierende Stand-up-Comedy schauen", ohne zu Hass aufgerufen zu werden. Dabei verglich er die Witze mit der medialen Aufarbeitung von Waffengewalt. Bei Mitarbeitern sorgte das allerdings für weitere Kritik – wiesen diese doch darauf hin, dass Trans-Personen besonders von Hass und Gewalt betroffen seien.

"Gruppe leidet wirklich"

Mehrere Personen, die aus Protest in virtuellen Meetings von Führungskräften auftauchten und sich negativ äußerten, wurden vorübergehend suspendiert – was für weiteren Ärger sorgte. Im Nachhinein bereue er seine Thesen, sagt Sarandos in einem Interview. "Ich hätte anerkennen sollen, dass eine Gruppe innerhalb unserer Belegschaft wirklich leidet." Storytelling habe sehr wohl Auswirkungen auf die reale Welt – "manchmal sehr negative". Insgesamt handle es sich bei seiner Reaktion auf die Kritik um sehr "ungeschickte interne Kommunikation, die in die Öffentlichkeit geraten ist".

Das Unternehmen hatte in der vergangenen Woche einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin gekündigt. Er oder sie habe "vertrauliche, heikle Informationen" nach außen getragen – konkret die Kosten für "The Closer". Das Special kostete den Konzern mehr als 24 Millionen Dollar. Die Person hatte zudem mitgeholfen, den am Mittwoch stattfindenden Streik der Belegschaft zu organisieren. (muz, 20.10.2021)