Privater Konsum ist der Haupttreiber des Wachstums in Osteuropa.

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Wien – Das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) hat seine Prognose für die 23 Länder Zentral-, Ost- und Südosteuropas neuerlich kräftig angehoben und rechnet nun für heuer mit einem Wirtschaftswachstum von 5,4 Prozent. Damit dürfte die Region 2021 deutlich stärker wachsen als die Eurozone, für die ein Anstieg der Wirtschaftsleistung um 4,8 Prozent erwartet wird. Haupttreiber des Wachstums in Osteuropa ist der private Konsum.

"Der Wirtschaftsaufschwung ist dieses Jahr stark ausgefallen", sagte WIIW-Direktor Mario Holzner am Mittwoch bei der Präsentation der WIIW-Herbstprognose. "In den meisten Ländern sollte das Niveau von vor der Pandemie weitgehend wiederhergestellt sein." Man habe daher die Prognose für 2021 gegenüber dem Sommer um 1,2 Prozentpunkte nach oben korrigiert.

Im zweiten Quartal 2021 sei die Wirtschaft im Vergleich zum Vorjahr in weiten Teilen der Region im zweistelligen Bereich gewachsen. "Das ist allerdings nicht wahnsinnig verwunderlich, weil natürlich die Basis 2020 extrem niedrig war."

Starker Rebound

"Wir sehen dann nach diesem starken Rebound 2021 in den Folgejahren 2022 und 2023 eine milde Verlangsamung des Wachstums auf unter vier Prozent pro Jahr", sagte Holzner. Anzeichen einer Überhitzung in der Region gebe es noch nicht, "außer vielleicht auf den Immobilienmärkten, die gilt es zu beobachten". In Tschechien und Litauen haben sich Immobilien seit Jahresbeginn um 16 bzw. 15 Prozent verteuert, und die Preise steigen weiter.

Für zusätzliche Dynamik in den EU-Mitgliedsländern der Region werde der EU-Corona-Wiederaufbaufonds (Resiliance and Recovery Facility) sorgen. Die potenziellen Auswirkungen auf die jährliche Wirtschaftsleistung könnten in einigen Ländern, insbesondere in Rumänien, Kroatien und Bulgarien, sogar zwischen zwei und drei Prozentpunkten liegen, sagte Holzner. "Das sind aber Obergrenzen, unter der Annahme, dass die Länder im Stande sind, die gesamten Mittel abzuschöpfen, die die EU potenziell zur Verfügung stellt – das ist allerdings unwahrscheinlich."

Seltsame Mischung am Arbeitsmarkt

Am Arbeitsmarkt gebe es aber eine "seltsame Mischung von einerseits Unterbeschäftigung, die zwar tendenziell zurückgeht, aber noch immer vorhanden ist, aber zugleich gibt es auch einen zunehmenden Arbeitskräftemangel, insbesondere was Facharbeiter angeht". Als Folge des globalen Aufschwungs und der Erholung im Tourismus nehmen auch die Exporte zu, aber die Industrie leidet wie in Westeuropa unter Materialknappheit, etwa dem Halbleitermangel in der Autoindustrie.

Zu den größten Risiken zählen laut WIIW ein neuerliches Aufflammen der Corona-Pandemie und eine überhastete Budgetkonsolidierung. Die Budgetdefizite in der Region seien 2020 auf durchschnittlich 6,3 Prozent des BIP gewachsen und geschätzte 4,5 Prozent im heurigen Jahr.

Der Inflationsschub "ist angebotsseitig und wird wahrscheinlich vorübergehend sein". Angesichts der steigenden Inflation hätten viele Länder mit Zinserhöhungen reagiert, weitere Zinsschritte dürften folgen, erwarten die WIIW-Ökonomen. "Das ist aber zu einem gewissen Grad symbolisch, denn wenn wir diese Leitzinsen um die Inflationsrate korrigieren, gehen eigentlich die realen Leitzinsen zurück."

Österreich profitiert

Auch Österreich dürfte vom starken Aufschwung in Osteuropa profitieren – in zwölf osteuropäischen Ländern zähle Österreich zu den fünf größten Investoren, in vier weiteren Ländern zu den Top zehn. Österreichs Auslandsinvestitionen liegen vor allem in den Visegrád-Staaten und in Rumänien. So liegt der Anteil der österreichischen Direktinvestitionen in Tschechien (10,6 Prozent), der Slowakei (13,1 Prozent), Ungarn (11,4 Prozent) und Rumänien (12,6 Prozent) im zweistelligen Bereich.

Der starke Aufschwung in der Region wird sich sehr positiv auf die Gewinne der dort tätigen österreichischen Unternehmen und Banken auswirken, lautet die Einschätzung der Experten. Zudem seien wieder vermehrt osteuropäische Touristen zu erwarten. (APA, 20.10.2021)