Sowohl die Kinderstation als auch die Jugendstation in Offenburg ist seit Monaten überfüllt.

Foto: Spiegel TV / Daniel Ritter

Schultheater, Pfadfinder, Musikgruppe: Vor Corona war Amelie ein aktives Kind, jetzt ist sie depressiv und suizidgefährdet. Eigentlich bräuchte die 17-jährige Schülerin dringend einen Therapieplatz, doch die Kinder- und Jugendpsychiatrie in der deutschen Stadt Offenburg ist heillos überfüllt. Bitte warten, heißt es, bis ein Bett frei wird. Und die Warteliste wird länger und länger. Die Akutbetten stehen teilweise schon auf dem Gang.

Bis zu sechs Monate vergehen bis zu einer adäquaten Behandlung. Zeit, die manche nicht mehr haben. Da nützt auch der Kampf der Chefärztin für eine Aufstockung der Plätze nichts. Mehr Betten werden nicht bewilligt. Was es für das Personal bedeutet, Hilfsbedürftige vertrösten zu müssen, kann man sich ausmalen: Frust, Schmerz und Wut. Während Milliarden in die Wirtschaft gepumpt werden, scheint eine Opfergruppe von der Politik oft vergessen zu werden: Kinder und Jugendliche.

Amelies Geschichte steht symptomatisch für das Schicksal vieler Kinder, die unter geschlossenen Kindergärten, Schulen, Vereinen und Vergnügungsstätten leiden. Welche verheerenden Auswirkungen das auf die Psyche hat, dokumentiert die Reportage Re: Kinderpsychiatrie am Limit, die Arte am Mittwoch zeigt und die weiterhin in der Mediathek des Senders zu sehen ist.

Angststörungen, Selbstverletzungen, Depressionen, Sozialphobien oder Magersucht gehören zu den Kollateralschäden eingeschränkter Kontakte und vieler Lockdowns. Plötzlich fällt alles weg, übrig bleiben das Nichts und die Leere. Wie bei Amelie. Und für die Eltern heißt es hoffen und bangen, dass bald ein Therapieplatz frei wird. Die Zeit rennt. (Oliver Mark, 20.10.2021)