Zu den zahlreichen demütigenden Erfahrungen, die Sebastian Kurz dieser Tage hinnehmen muss, gehört auch der vielerorts angestellte Vergleich mit Karl-Heinz Grasser.

Um hier vorhandene Parallelen aufzuzeigen, muss Elisabeth Köstinger nicht erklären, dass Kurz für diese abscheuliche Korruptionsstaatsanwaltschaft zu jung, zu intelligent und zu schön sei. Es reicht zum Beispiel auch der Hinweis auf eine personelle Konstante bei den Karrieren von Kurz und Grasser. Der in der aktuellen Inseratenaffäre wegen Bestechlichkeit und Untreue als Beschuldigter geführte Johannes P. – neben Thomas Schmid im Finanzministerium der wichtigste Kontaktmann zu den Fellner-Medien – war nämlich schon seinerzeit dabei, als Karl-Heinz Grasser seine legendäre Homepage als "New Economy"-Geschäftsmodell entwickelte. Zum Thema "verdeckte Finanzierung von Politikern" ein frühes Meisterstück an Unverschämtheit. Damals ging es um eine großzügige Spende der Industriellenvereinigung. Heute geht es um eine großzügige Spende der österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.

Österreich-Herausgeber Wolfgang Fellner.
Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Wir alle duften also den politischen Aufstieg von Sebastian Kurz mutmaßlich mitfinanzieren – vielleicht ein Grund, warum es manchen dieser Tage so schwer fällt, diesen Verlust abzuschreiben. Doch das scheint unvermeidlich, denn die Chance, von Kurz oder seiner Partei Geld zurückzubekommen, ist ähnlich hoch, wie von Betreibern eines Pyramidenspiels zu hören: "Wir sind draufgekommen, dass das auf längere Sicht nicht funktionieren kann, tut uns leid, ihr kriegt alle eure eingezahlten Beträge retour."

Guter Draht

P. ist außerdem Bezirksparteiobmann der ÖVP in Wien. Zuvor war er Bezirksrat der FPÖ, seinen Wechsel begründete er bemerkenswert: "Ich habe mich gefragt, warum ich beim Schmiedl bleiben soll, wenn es auch den Schmied gibt." Im Finanzministerium fand er dann auch prompt den Thomas Schmid. Und im Weiteren einen guten Draht zu Wolfgang Fellner. Dieser behauptet nun, dass die Razzia bei seiner käuflichen Gratiszeitung rechtswidrig war. Was natürlich nicht stimmt. Eine bei Aussagen von Fellner zumeist überflüssige Ergänzung in der Art von "Der Regen ist heute wieder nass". Möglicherweise verbirgt sich aber hier der Ansatz für eine neue Verteidigungsstrategie des Österreich-Herausgebers: Angesichts seiner generell rudimentären Glaubwürdigkeit könnte ein Geständnis als starkes Indiz für seine Unschuld gewertet werden.

Doch Wolfgang Fellner ist nicht nur Beschuldigter, sondern auch Ankläger. Vor einem halben Jahr hat er die Republik Österreich geklagt, weil er seiner Meinung nach zu wenig Presseförderung von ihr bekommt. Diese Chuzpe-Rekordleistung hat er selbst noch übertroffen, indem er auch noch die Mitglieder der Presseförderungskommission persönlich geklagt hat. Aber nicht alle. Drei Mitglieder hat er verschont. Einer der Verschonten ist der eingangs beschriebene Johannes P.

Wir Steuerzahler haben in diesem Fall also eine echte Innovation ermöglicht: Mit unserer Unterstützung wurde ein neuartiges kriminal-ökonomisches Crossover-Phänomen aus Investorenschutz und Schutzgelderpressung erschaffen. (Florian Scheuba, 21.10.2021)