Das Mehrparteienhaus "Langenegg Unterstein" ist ein Passivhaus Plus.

Foto: Morscher Bau- & Projektmanagement

Hier sind zwölf Wohneinheiten auf zwei Gebäude aufgeteilt.

Foto: Morscher Bau- & Projektmanagement

Nie wieder würde Martin Caldonazzi anders bauen oder wohnen wollen. Das Fazit von Österreichs erstem Passivhausbewohner ist eindeutig: "Es ist das perfekte Wohnen für mich." Daran gebe es auch nach 25 Jahren keinen Zweifel. Warum? Es sei bequem, er müsse sich um nichts kümmern. Das regelt die Lüftungsanlage. Sie saugt frische Luft von außen an, leitet sie durch einen Wärmetauscher und in den Wohnraum. Heizanlagen sind somit obsolet. Sollte doch einmal Heizwärmebedarf bestehen, darf dieser den Grenzwert von 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter nicht überschreiten, um die internationalen Passivhauskriterien weiterhin zu erfüllen.

Bisher war auch nichts nachzurüsten, erzählt Caldonazzi. Lediglich die Gummidichtungen in den Fenstern und Türen sowie der äußere Sonnenschutz seien in den kommenden Jahren zu tauschen. Aber das habe nichts mit der Passivhausbauweise zu tun. "Trotzdem bin ich kein Passivhausapostel", sagt er.

Ein Passivhauspionier

Der Grund: Die Planung trennt die Spreu vom Weizen. Ist das Passivhaus bauphysikalisch nicht richtig umgesetzt, funktioniert es nicht. Caldonazzi hatte "Glück", wie er sagt. Sein Bruder Richard ist Baumeister. Er hat das Haus geplant, und "es läuft hervorragend".

Mit diesem Befund ist Caldonazzi nicht allein. Auch Helmut Krapmeier lobt das erste Passivhaus Österreichs in Frastanz, Vorarlberg, als "perfekt gelöst".

Der Architekt gilt als Passivhauspionier. Was ihn verblüfft, ist, dass der Vorteil von Passivhäusern nach wie vor diskutiert wird.

Status quo ist nicht autark

Schon vor 30 Jahren hat der deutsche Bauphysiker Wolfgang Feist in Darmstadt das erste Passivhaus gebaut. Das bauliche und haustechnische Prinzip ist dasselbe geblieben. Lediglich die Geräte sind leiser, stabiler, robuster und effizienter. Laut Krapmeier hat sich nur der Grundsatz, möglichst wenige und wenn, dann nachwachsende Rohstoffe zu verwenden, verändert.

Paradebeispiele für den Stand neuester Bau- und Wohnformen schafft Günter Morscher. Der Bauträger ist vor allem im Vorderwald, den Gemeinden im vorderen Bregenzerwald, tätig. Er baut Mehrparteienhäuser wie das "Langenegg Unterstein" der Effizienzklasse Passivhaus Plus. Das bedeutet: Die zwölf Wohnungen sind in Mischbauweise aus Stahlbeton und heimischem Holz erbaut, die Außenwände mit geschreddertem Altpapier gedämmt, die dreifach verglasten Fenster in Holzrahmen eingebettet.

Thermische Solaranlage

Das Heizsystem wird mittels Erdsondenbohrungen und Wärmepumpen bedient. Durchschnittlich fallen pro Wohnung und Monat nur 2,80 Euro an Heizkosten für die Bewohner an. Morscher: "Das ist der Preis eines kleinen Biers für einen Monat Raumwärme."

Das liegt auch an der thermischen Solaranlage, die in die Fassade eingearbeitet ist. Sie deckt rund 65 Prozent des Warmwasser- und Raumwärmeenergiebedarfs ab. Zusätzlich versorgt eine Photovoltaikanlage Haustechnik und Haushaltsstrom.

Preislich könne Morscher auch mithalten. "Verglichen mit dem durchschnittlichen Baustandard liegen die Mehrkosten bei drei Prozent." Die verrechne er den Käufern allerdings nicht weiter – auf Kosten seiner Marge. (Julia Beirer, 28.10.2021)