Heinz-Christian Strache bei seinem Rücktritt im Mai 2019.

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Seit Donnerstagabend ist bei Sky nicht nur eine Serie, sondern auch eine Doku über jenen Abend auf Ibiza zu sehen, der fast zwei Jahre später, im Mai 2019, die Republik erschütterte. Die Folgen damals: Heinz-Christian Strache (FPÖ) kündigte seinen Rückzug als Vizekanzler an, der damalige Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) meinte "Genug ist genug" und rief Neuwahlen aus, Bundespräsident Alexander Van der Bellen sagte "So sind wir nicht", zehntausende Menschen tanzten auf dem Ballhausplatz tagelang zu den Vengaboys.

Entstehungsgeschichte der Ibiza-Story

In der Doku "Das Ibiza-Video: Ein journalistischer Krimi" geht es, wie der Titel verrät, vor allem um den Weg des Videos zu den Journalisten der "Süddeutschen Zeitung". Bastian Obermayer und Frederik Obermaier spielen quasi die Hauptrollen und erzählen nach, wie es zum ersten Treffen mit "dem Kontakt" kam und wie sie später an der Veröffentlichung des Videos arbeiteten. Zu Wort kommen aber auch österreichische Journalisten wie Corinna Milborn und Florian Klenk oder der Politikwissenschafter Peter Filzmaier, der ehemalige Leibwächter Straches und die Immobilienmaklerin, die den Kontakt zwischen Johann Gudenus und der vermeintlichen Oligarchennichte und Julian H. herstellte.

"Fiktionalisierte" Aufbereitung

In der vierteiligen Serie spielen unter anderem Andreas Lust (Strache) und Nicolas Ofczarek (Julian H.) mit. Sky bezeichnet den Vierteiler als "Mischung aus fiktionalem Drama, Satire und Politthriller". Neben dem Buch der beiden SZ-Journalisten würden Hintergrundgespräche und bisher unveröffentlichte Informationen die Recherchegrundlage der Serie bilden. Die Geschehnisse seien dann "fiktionalisiert aufbereitet" worden.

In der Serienkritik der "Zeit" heißt es, zahlreiche Recherchen hätten bestätigt, "dass die Ereignisse teilweise noch absurder und die Verstrickungen der Figuren in zwielichtige Milieus noch weitreichender waren, als sie in 'Die Ibiza-Affäre' gezeigt werden. So aufgekratzt sich die Serie auch gibt – von der Realität wird sie noch einmal überflügelt."

Strache sieht "Propaganda"

Auch Strache selbst hat sich gleich am ersten Abend die Serie angesehen – und ist offenbar nicht zufrieden. Auf Twitter schrieb er an den "ZiB 2"-Moderator Martin Thür, der die Serie als "durchaus sehenswert" beschrieb: "Die Ibiza-TV-Serie ist einfach lächerlich & nicht ernst zu nehmen. Hier hat offensichtlich der seichte & unlustige Komiker Böhmermann mit seinen linken Gehilfen heimlich Regie für einen 'Anti-Strache-Propagandafilm' geführt. Ein Fiction-Film auf Basis kaum realer Begebenheiten!"

Auf seiner eigenen Seite wählte Strache andere Worte und tauschte den letzten Satz aus. Statt der "kaum realen Begebenheiten" heißt es da: "Ich beschäftige mich lieber mit realen Zukunftsfragen als mit billiger Fiktion!" Zuletzt trat Strache als Festredner bei einem Jubiläum der Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes (Pegida) in Dresden auf.

Ein Skandal nach dem anderen

Was die Macher der zur Serie erschienenen Doku nicht wissen konnten, ist, wie schnell sich der nächste politische Megaskandal in Österreich anbahnen würde. Denn in der ersten Minute der Doku sagt der Medienmanager Hans Mahr, es habe sich bei Ibiza um "den größten politischen Skandal" gehandelt, den es in Österreich je gegeben habe. Knapp zweieinhalb Jahre nach Straches Rücktritt war es Anfang Oktober Sebastian Kurz, der wegen Ermittlungen gegen sich und seine Mitarbeiter als Kanzler zurücktrat. Es gilt die Unschuldsvermutung. (Lara Hagen, 22.10.2021)