Wenn Mitarbeiter an Long Covid leiden, belastet das oft das ganze Unternehmen. In manchen Fällen wird eine Kündigung notwendig sein. Doch dafür muss einiges beachtet werden.

Illustration: Davor Markovic

Bis zu 90.000 Menschen sind derzeit in Österreich laut Schätzungen von Long Covid betroffen. Eine offizielle Statistik gibt es nicht, konkrete Zahlen fehlen daher. Dennoch ist klar, dass die Erkrankung unser Gesundheitssystem fordert und auch Auswirkungen auf das Arbeitsleben haben wird, die sich mit Zunahme der Betroffenen noch verstärken werden.

Dies vor allem auch vor dem Hintergrund des zuletzt neu verhandelten Corona-General-Kollektivvertrags, wonach Arbeitnehmer aufgrund eines positiven Covid-19-Testergebnisses nicht entlassen, gekündigt oder anders benachteiligt werden dürfen. Doch auch abseits dieser Regelung stellen sich in der Praxis weitreichende arbeitsrechtliche Fragen.

Wie können Unternehmen mit den zu erwartenden längeren und häufigeren Krankenständen sowie den dadurch verursachten Kosten umgehen? Von Long Covid Betroffene leiden regelmäßig an chronischer Erschöpfung, Kopfschmerzen, Atembeschwerden, Kreislaufproblemen, Schlafstörungen und Aufmerksamkeitsdefiziten. Beschwerden, die in vielen Fällen auch zu einer Arbeitsunfähigkeit führen können.

Begrenzter Entgeltanspruch

Ist ein Mitarbeiter krank, so behält er zunächst seinen Anspruch auf Entgelt gegenüber dem Arbeitgeber, zumindest für einen bestimmten, von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängigen Zeitraum. Dieser reicht von sechs bis zu maximal zwölf Wochen Anspruch auf das volle Entgelt; für je weitere vier Wochen besteht Anspruch auf das halbe Entgelt.

Arbeitgeber, die nicht mehr als 50 Arbeitnehmer beschäftigen, können im Fall längerer Krankenstände – mit denen vor allem bei Long Covid zu rechnen ist – ab dem elften Krankheitstag einen 50-prozentigen Zuschuss zur Entgeltfortzahlung bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) beantragen.

Dieser Zuschuss zur Entgeltfortzahlung ist nicht zu verwechseln mit dem besonderen Ersatzanspruch gemäß Epidemiegesetz: Demnach haben Mitarbeiter im Fall einer Quarantänemaßnahme aufgrund eines Absonderungsbescheids einen zeitlich unbegrenzten Anspruch auf Entgeltfortzahlung, und Arbeitgeber können einen Antrag auf Vergütung bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde stellen.

Diese Leistung nach dem Epidemiegesetz ist gegenüber dem Zuschuss durch die AUVA weiter gefasst, weil sie weder auf eine bestimmte Betriebsgröße noch hinsichtlich der Dauer der Arbeitsverhinderung beschränkt ist.

Gesundheitskasse am Zug

Ist der Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegenüber dem Arbeitgeber erschöpft, so können Arbeitnehmer Krankengeld bei der Österreichischen Gesundheitskasse beantragen. Es beträgt grundsätzlich 50 Prozent und erhöht sich ab dem 43. Tag der Erkrankung auf 60 Prozent, errechnet auf Basis des Bruttogehalts (inklusive Zulagen, Zuschlägen und Überstunden) für den letzten Monat vor dem Ende des vollen Entgeltanspruchs, gedeckelt mit der Höchstbeitragsgrundlage zur Sozialversicherung, die derzeit 5550 Euro beträgt.

Interessant im Zusammenhang mit Long Covid könnte vor allem auch die Mitte 2017 eingeführte Wiedereingliederungsteilzeit sein: Um Arbeitnehmern – gerade nach längeren Krankenständen – den Wiedereinstieg in den Arbeitsalltag zu erleichtern, kann die Arbeitszeit vorläufig herabgesetzt werden.

Um den Einkommensverlust auszugleichen, der durch das verringerte Entgelt während der Teilzeit entsteht, haben Mitarbeiter Anspruch auf Wiedereingliederungsgeld im Ausmaß des erhöhten Krankengeldes aus der Krankenversicherung. Dies soll Mitarbeitern eine schrittweise Rückkehr in den Arbeitsprozess ermöglichen, verlangt aber stets eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber – Arbeitnehmer haben keinen Rechtsanspruch.

Daneben müssen insbesondere folgende Voraussetzungen erfüllt sein: (1) mindestens sechswöchiger ununterbrochener Krankenstand; (2) dreimonatiges, ununterbrochenes Arbeitsverhältnis vor Abschluss der Vereinbarung; (3) ärztliche Bestätigung über die Arbeitsfähigkeit für die Zeit ab Beginn der Maßnahme – das heißt, die Wiedereingliederungsteilzeit scheidet aus, solange der Mitarbeiter noch nicht genesen ist; (4) keine Wiedereingliederungsteilzeit während der letzten 18 Monate; (5) Beratung und Wiedereingliederungsplan.

Befristeter Ersatz

Was können Arbeitgeber tun, um den durch die Krankenstände bedingten Personalausfällen zu begegnen? In erster Linie werden sie wohl durch Mehrarbeit der Kollegen, insbesondere Überstunden, abgefedert werden müssen. Ist absehbar, dass ein Mitarbeiter länger nicht zurückkommen kann, ist auch an den Abschluss von befristeten Dienstverhältnissen zu denken.

Möglich ist dabei eine kalendermäßige Befristung, die aber oft unpraktikabel sein wird, weil in der Regel nicht absehbar ist, wann der erkrankte Mitarbeiter zurückkehrt. Alternativ kann eine Befristung auch bis zur Beendigung der krankheitsbedingten Abwesenheit eines Mitarbeiters vereinbart werden – auch das hat die Rechtsprechung in der Vergangenheit als zulässig erachtet.

Sieht ein Arbeitgeber keine Alternative mehr, ist auch eine Kündigung eines an Long Covid erkrankten Mitarbeiters möglich? Grundsätzlich kann Arbeitnehmern auch während eines Krankenstands gekündigt werden. Zu beachten ist dabei, dass der Anspruch auf Entgeltfortzahlung jedenfalls für die gesetzliche Dauer aufrechtbleibt, selbst wenn das Arbeitsverhältnis bereits früher endet. Das heißt, der Arbeitgeber hat auch bei Kündigung jenes Krankenentgelt zu leisten, das dem Arbeitnehmer ohne Beendigung zugestanden wäre.

Enger zeitlicher Zusammenhang

Daran ändert auch der Corona-General-Kollektivvertrag nichts. Dem Wortlaut der Bestimmung nach dürfen Mitarbeiter "aufgrund eines positiven Covid-19-Testergebnisses" nicht gekündigt werden. Klare Intention dieser Bestimmung war es, dass akut an Covid-19 erkrankte Mitarbeiter nicht um die Beendigung ihres Dienstverhältnisses fürchten müssen.

Daraus ergibt sich ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen positivem Testergebnis und Kündigung. Dieser unmittelbare Konnex fehlt bei Long Covid, was sich daran zeigt, dass ein Test bei Betroffenen gerade nicht mehr positiv ausfällt.

Wird ein Mitarbeiter daher nach langer Krankheit und aufgrund der nicht abzuschätzenden weiteren Dauer der Arbeitsunfähigkeit gekündigt, so kann keine Rede davon sein, dass eine Kündigung aufgrund eines positiven Covid-19-Testergebnisses erfolgt wäre. Auch unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Corona-General-Kollektivvertrags ist eine solche Kündigung grundsätzlich zulässig.

Ungeachtet dessen ist zu bedenken, dass Long Covid – allein oder in Verbindung mit anderen Erkrankungen – dazu führen kann, dass ein Mitarbeiter allenfalls als begünstigter Behinderter im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes zu qualifizieren sein wird: Ab einem Grad der Behinderung von mindestens 50 Prozent gilt ein besonderer Kündigungsschutz; der Mitarbeiter kann dann in der Regel nur aus bestimmten Gründen und nach vorheriger Zustimmung der Behörde gekündigt werden. (Lisa Kulmer, Thomas Angermair, Magazin "Wirtschaft & Recht", 28.10.2021)

Foto: Natascha Unkart & Isabelle Köhler

Lisa Kulmer ist Rechtsanwältin bei Dorda in der Praxisgruppe Arbeitsrecht.

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Thomas Angermair ist Partner bei Dorda und Leiter der Praxisgruppe Arbeitsrecht.