Clemens Hasenauer (Cerha Hempel) ermutigt gemeinsam mit Herta Stockbauer (BKS Bank, Mitte) Studierende. Karin Bauer fragt nach.

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"Ich kann allen jungen Frauen hier nur Mut machen! Aber bitte: Karriere und Familie zu vereinen und zu glauben, ich kann alles alleine machen und schaffen, das geht nicht." Herta Stockbauer, die Vorstandsvorsitzende der BKS Bank, spricht die rund 50 in der Kanzlei Cerha Hempel in Wien versammelten Studierenden direkt und sehr persönlich an.

Partner Clemens Hasenauer hatte kürzlich wieder zu seinem Recruiting-Event geladen, bei dem man einander für ein mögliches künftiges Arbeitsverhältnis kennenlernt: Jus-Studierende arbeiten tagsüber an einer Transaktion im Mergers-&-Acquisitions-Bereich, und abends stellt sich eine oder ein nachhaltig Erfolgreiche/r zur Verfügung: Wie haben Sie das gemacht?

Handelswissenschafterin Stockbauer fühlt sich sichtlich wohl. Sie habe in ihren sieben Jahren als Uni-Assistentin in Klagenfurt "prägend" für ihr weiteres Berufsleben gelernt, sagt sie: Konflikte aushalten und austragen, kritische Fragen beantworten und vor Publikum sprechen. Die Anstrengung verhehlt sie nicht. Stockbauer: "Ich bin mit 24 im Hörsaal gestanden, viele Studierende waren älter als ich – ich habe mich gefühlt zwei Wochen für zwei Lehrstunden vorbereitet." Fragen nach dem Wie der Vereinbarkeit von Beruf und Familie in den verschiedenen Lebensphasen weicht die zweifache Mutter nicht einen Millimeter aus.

"Natürlich gibt es auch Phasen mit Selbstzweifeln: Werde ich später eventuell Vorwürfe bekommen? Das hat wohl jede berufstätige Mutter." Dass sie als Frau im Vorstand anfangs, umgeben von rein männlichen Gremien, ihre Rolle verteidigen musste, erzählt sie auch unumwunden – allerdings nie gekränkt oder bedauernd. "Ich habe eine dicke Haut, die muss einem auch wachsen in einer solchen Position. Wenn man sich ärgert: Ein paar Mal kräftig schlucken, das muss man einfach können."

"Man muss schon auch fähig sein, sich zu zeigen, sichtbar sein und nachfragen." – Herta Stockbauer, CEO BKS Bank

Selbstführung ist gefragt

Selbstführung nennt die Bankenchefin mit rund 1.100 Mitarbeitenden, 60 Filialen und etwa zehn Milliarden Euro Bilanzsumme als zentrale Fähigkeit in Führungspositionen, ebenso das Entscheiden-Können. "Ein wesentlicher Faktor ist natürlich, fit zu bleiben. Dafür muss man sorgen können. Regelmäßiger Urlaub gehört dazu." Sie halte sich die Sonntage frei und könne, erzählt sie, auf dem Steg am Wörthersee manchmal besser und konzentrierter lesen als im Büro. "Am Samstag läuft die Maschine meistens noch weiter."

Was nervt sie? "Ich tu mir schwer, wenn ich das Gefühl habe, es wird Zeit vergeudet. Oder wenn jemand an Dingen festhält und sie verteidigt, wenn schon klar ist: Das wird nichts mehr." Sie selbst spreche direkt und klar und kündige das zu Sitzungsbeginn auch immer an. Schwurbeln und Herumreden missfalle ihr. Entsprechend auch ihr Anspruch an Junge: sich ausdrücken zu können, mündlich und schriftlich klar formulieren zu können.

Da ist sie sich mit Gastgeber Clemens Hasenauer einig. Ebenso auf die Frage, was ihnen abseits fachlicher Eignung wichtig ist: "Empathie, Motivation, Sozialkompetenz." Stockbauer: "Dinge, die man an der Uni vielleicht nicht lernt."

Sichtbar sein

Wodurch kann ich als junges Talent auffallen und in Erinnerung bleiben? Stockbauer: "Man muss schon auch fähig sein, sich zu zeigen. An Sozialevents teilnehmen. Nachfragen. Es geht heute auch darum, sich die Karriere selbst zu gestalten, zu sagen, was man jetzt gerne lernen möchte. Ich schaue mir beispielsweise auch an, wer was über das Unternehmen postet. Und wer es liket." Mit Sozialkompetenz sei weiter zu kommen als nur mit sehr guten Noten.

In puncto geforderter Leistungsbereitschaft mogeln sich weder Stockbauer noch Hasenauer (selbst dreifacher Vater) nicht um konkrete Fragen herum. Hasenauer: "Väterkarenz hat sich im Kanzleibereich noch nicht durchgesetzt. Das ist vermutlich auch schwierig, sehr lange wegzubleiben – sowohl für Frauen als auch für Männer. Ein internationaler Trend, der gerade ankommt, sind Sabbaticals für einige Monate. Hat bei uns noch niemand gemacht – aber vielleicht mache ich das!"

Beim Thema freiwillige Frauenquote – Stockbauer will demnächst 35 Prozent erreichen – kann Hasenauer nicht mithalten. Die "löchrige Pipeline" – also viele studierende Frauen, noch recht viele Konzipientinnen, weniger Anwältinnen und kaum Partnerinnen – ist in dieser Branche noch nicht repariert. Fast alle Kanzleien mühen sich allerdings nun, Frauen in die Partnerränge zu bekommen.

Dazu passt ein Motto Herta Stockbauers: "Geht nicht gibt’s nicht." Das kommt nicht als Kampfansage rüber, sondern als Ermutigung, in der auch Fröhlichkeit und Neugierde stecken.
Man ist nach einigen Jahrzehnten Spitzenkarriere also nicht notgedrungen total abgearbeitet oder kaputt oder irgendwie am Ende. Wie geht das? Selbstführung ist das Zauberwort. (kbau, 25.10.2021)