Litauens Präsident Nausėda spricht am EU-Gipfel von harschen Maßnahmen: Mauern an der EU-Außengrenze.

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Brüssel – Litauens Regierungschef und Präsident Gitanas Nausėda hat vor Beratungen beim EU-Gipfel Pläne zum Bau einer Barriere zu Belarus (Weißrussland) im Kampf gegen illegale Migration kräftigt. "Wir sollten über einen physischen Zaun sprechen, als vorübergehende Maßnahme", sagte Nausėda am Freitag in Brüssel. Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) forderte finanzielle Unterstützung der EU für eine solche Barriere.

Der EU-Gipfel beauftragte die EU-Kommission, konkrete Vorschläge auch zur Finanzierung zu machen, "um eine sofortige und angemessene Reaktion im Einklang mit dem EU-Recht und den internationalen Verpflichtungen, einschließlich der Grundrechte, zu gewährleisten". Einen Beschluss zum Bau eines Zauns an der litauisch-belarussischen Grenze habe es beim Gipfel nicht gegeben. Es habe "bewusst keine Diskussion über Zäune, Mauern und Stacheldraht" gegeben, so Schallenberg.

Mauerbau widerspricht Schallenberg "sprachlich"

Der Gipfel beschloss jedoch weitere Sanktionen gegen Verantwortliche in Belarus, die für den anhaltenden "hybriden" Angriff des Regimes verantwortlich seien.

"Mauerbau ist etwas, was mir sprachlich widerspricht", sagte Schallenberg. Es brauche aber einen "robusten Außengrenzschutz", so der Kanzler weiter, der die Frage stellte, warum ausschließlich litauische Steuerzahler die Kosten dafür tragen sollten, "wenn sie uns alle schützen".

Schon Ende August war der damalige Außenminister Alexander Schallenberg mit Innenminister Karl Nehammer zu Besuch an der litauisch-belarussischen Grenze.
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Die Instrumentalisierung von Migranten durch Belarus sei "eine hybride Bedrohung auf jeden Fall", ein "Missbrauch der zynischen Art", betonte Schallenberg. Die EU habe gezeigt, dass sie bereits richtige Maßnahmen gesetzt habe, etwa durch die Einstellung von Direktflügen aus dem Irak nach Belarus.

Österreich habe nach Zypern im laufenden Jahr die größte Zahl an Asylanträgen pro Kopf in der EU. Eine Diskussion über die Flüchtlingsverteilung habe es bei diesem Gipfel nicht gegeben.

Schallenberg will auch mit der Zivilgesellschaft reden

"Wir müssen vom Reden ins Tun kommen", forderte Schallenberg. Dies gelte für die Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern. Für Maßnahmen an der Außengrenze gebe es Mittel in Höhe von acht Milliarden Euro im EU-Budget. "Litauen muss auf unsere Solidarität zählen können", etwa indem Drohen und Zäune von der EU mitfinanziert werden. Rechtlich sei dies möglich, es brauche dazu nur den politischen Willen.

Außerdem sprach sich Schallenberg dafür aus, jene Personen in Belarus unter Sanktionen zu stellen, die für den Missbrauch von Migranten verantwortlich seien. "Aber es kann die Sanktionen-Sprache nicht die einzige sein", Österreich wolle auch mit der Zivilgesellschaft reden.

Premier Luxemburgs warnt davor, Asylrecht aufzugeben

Der litauische Regierungschef verlangte überdies Änderungen am Schengen-Kodex als Konsequenz aus der Einschleusung von Migranten in die EU von Belarus. Die Zahlen würden weiter steigen. Nausėda sprach von einem "hybriden Angriff" des Regimes in Mink, das überdies Desinformation über die EU verbreite. Man könne nicht mehr von einer humanitären Krise sprechen, die Migration werde als Waffe instrumentalisiert. "Wir wissen nicht, was morgen sein wird. Wir müssen entschlossen sein", forderte Nausėda.

Luxemburgs Premier Xavier Bettel betonte, er würde es bedauern, wenn Zäune gebaut würden, die von der EU finanziert werden. "Wir können das Spiel von (Machthaber Alexander, Anm.) Lukaschenko nicht mitmachen." Gleichzeitig warnte Bettel die EU davor, das Recht auf Asyl aufzugeben, man müsse die richtige Balance finden. "Wir wissen auch, dass Russland eine Rolle spielt", sagte er. (APA, 22.10.2021)