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Das King-Edward-VII-Spital ist das präferierte Krankenhaus der Royals.

Foto: REUTERS/Henry Nicholls

Es ist viele Jahre her – die Angesprochene war auch damals schon im Pensionsalter –, dass eine Bürgerin ihrer Monarchin eine halb schmeichelnde, halb ungläubige Frage stellte: Wie es denn komme, dass Elizabeth II noch immer so ausnehmend jung wirke?

Da hätte es nun mancherlei Antwort gegeben: gute Gene, viel frische Luft, wenig Alkohol, keine Zigaretten. Die beste Gesundheitsversorgung, die sich denken lässt. Ein befriedigender, gleichzeitig nicht allzu belastender Job mit Arbeitsplatzgarantie. Eine ausgewogene Work-Life-Balance. Statt einen oder mehrere dieser Faktoren aufzuzählen, beschränkte sich die Queen auf eine Spiegelung der Frage und bestätigte: "Unter meinen Altersgenossen gelte ich als ziemlich gut erhalten."

Reihe von Tests

Weil das stimmt, gilt es im Vereinigten Königreich schon als Nachricht, wenn die mittlerweile 95-Jährige – wie in den vergangenen Tagen zweimal – am Stock gehend fotografiert wird. Politisch interessant wurde es am Mittwoch: Da teilte der Buckingham-Palast mit, das Staatsoberhaupt habe sich "widerstrebend" dem Rat der Leibärzte gefügt und eine zweitägige Reise nach Nordirland abgesagt. Am Donnerstagabend schließlich helle Aufregung, als die erste Ausgabe des Radaublattes "The Sun" auf den Markt kam: "Queen verbringt Nacht im Krankenhaus", lautete die Schlagzeile.

Widerstrebend musste die Palastkanzlei bestätigen: Die Ärzte hatten nicht nur die Absage der Reise erzwungen, sondern auch eine Reihe von Tests angeordnet. Royals lassen sich für derartige Untersuchungen gern ins Edward-VII-Spital bringen. Und weil es dabei ein wenig später wurde als geplant, habe man der Patientin den Rücktransport ins etwa 30 Kilometer entfernte Schloss Windsor nicht zumuten wollen. Am Donnerstag in ihr Lieblingsdomizil zurückgekehrt, habe die Monarchin schon wieder "leichte Arbeit" verrichtet. Im Übrigen sei sie "guter Dinge".

Erster Spitalsaufenthalt seit 2013

Das sind Standardformulierungen, mit denen das Königshaus penetranten Fragern gerne verdeutlicht: Details gehen euch gar nichts an. Die royalen Beobachter der Boulevardzeitungen wollen immerhin von einer "leichten Erkältung" ("The Mirror") erfahren haben, die aber "nichts mit Covid-19 zu tun" habe ("The Sun"). Im Übrigen bestehe "kein Anlass zur Besorgnis" ("The Mail").

Den, nun ja, besorgten Untertanen teilte die öffentlich-rechtliche BBC am Freitag mit, es handle sich um den ersten Spitalaufenthalt der rüstigen Dame seit 2013, als ihr eine Gastroenteritis zu schaffen machte. Zuvor gab es schon mal das eine oder andere Wehwehchen, auch eine Knieoperation. Aber insgesamt erfreut sich die Monarchin fabelhafter Gesundheit. Offenkundig spielen bei ihr die Gene ihrer Mutter die größere Rolle: Die legendäre "Queen Mum" starb 2002 im gesegneten Alter von 101. Jahren. Hingegen war ihr stark rauchender Vater, König Georg VI, im Februar 1952 mit 56 Jahren an Lungenkrebs verstorben.

Keine Pension

Während Elizabeths nunmehr fast 70 Jahre währender Zeit auf dem britischen Thron wurde siebzehnmal das Unterhaus neu gewählt, vierzehn Premierminister hat sie zum allwöchentlichen Gedankenaustausch empfangen. Der vorläufig letzte, Boris Johnson, wurde erst geboren, nachdem die Königin ihr Amt angetreten hatte.

Seit drei Jahrzehnten befindet sie sich in einem Alter, in dem Normalsterbliche mehr oder wenig befriedigt die Hände in den Schoß legen. Nicht so Elizabeth II, Oberhaupt des Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Nordirland sowie 15 weiteren Staaten, Führerin des Commonwealth, Verteidigerin des Glaubens. Bis heute steht "D G", also Deo Gratia, von Gottes Gnaden, auf jeder britischen Münze hinter ihrem Namen. Das Überbleibsel aus alten Zeiten nimmt keiner ernst, nur sie. Als einer ihrer Lieblingsprediger vor Jahr und Tag seinen Ruhestand ankündigte, antwortete die tiefgläubige Christin: "Sie können das. Ich kann das nicht."

Kein "Oldie of the Year"

Dabei gehört Frau Windsor seit ihrem 90. Geburtstag zur Gruppe jener, die von der nationalen Statistikbehörde ONS ebenso zutreffend wie ein wenig uncharmant als "die sehr Alten" kategorisiert wird. Ihre Majestät argumentiert hingegen mit einem Satz, den auch viel Jüngere gern verwenden, wenn sie auf ihr Alter angesprochen werden: "Man ist nur so alt, wie man sich fühlt."

So schrieb es kürzlich ihr Privatsekretär dem angesehenen Magazin "Oldie" (Alterchen), einer Zeitschrift für ältere Menschen: Die Queen lehne die ihr angetragene Auszeichnung als "Oldie of the Year" ab: "Sie erfüllt nicht die relevanten Kriterien." Das Preiskomitee werde hoffentlich "eine würdigere Empfängerin finden".

Eröffnung in Glasgow

Über die "relevanten Kriterien" könnte man gewiss ein wenig streiten, das ist bei Hofe aber nicht so üblich. Sportlich nahm es der im Frühjahr 99-jährig verstorbene Prinzgemahl Philip: Der hatte die Auszeichnung 2011 angenommen, wenn auch nicht ohne milden Tadel ans Preiskomitee: Es sei nicht gerade toll für die Stimmung, aufs zunehmende Alter aufmerksam gemacht zu werden, schließlich würden "zunehmend Teile vom Gestell fallen".

Damit diese unerfreulichen Alterserscheinungen seiner Witwe erspart bleiben, haben die Leibärzte der keineswegs alten Dame nun nach vergleichsweise hektischen Wochen einige Tage Ruhe verordnet. Fix im Kalender steht für die nächste Zeit die Eröffnung der Weltklimakonferenz COP 26 in Glasgow. Aber die kann notfalls auch der Thronfolger übernehmen, der inzwischen auch schon 72-jährige Öko-Aktivist Charles. (Sebastian Borger aus London, 22.10.2021)