In Mitteleuropa sinken die Temperaturen, Wolken verdunkeln den Himmel. Ganz im Südosten Europas merken Reisende davon wenig. Auf Zypern scheint die Sonne, und das Mittelmeer zeichnet sich messerscharf am Horizont ab. Besonders gut zu bestaunen, wenn man auf der Dachterrasse der Kyma-Suites im Almyra steht – kubistischen Wohnquadern am Strand von Paphos.

Von oben genießen Hotelgäste die Aussicht auf den alten Hafen, die Angler an der Mole und das Castello am Ende der Promenade. Kyma bedeutet Welle, fünf Meter über dem Boden sieht man sie an die Felsen klatschen. Die schneeweißen Gebäude des Hotels erinnern an Ferienhäuser auf Mykonos oder Santorini, nur eben ohne die lästigen Begleiterscheinungen: schreiende Passanten, hupende Autos, dumpfe Beats. In Paphos kriecht der Herbst angenehm schläfrig dahin. Was auch viele Telearbeiter anzieht: Von der Terrasse aus können sie mit Laptop bei jeder Zoom-Konferenz dabei sein.

Almyra Paphos

Das Almyra Paphos war in den 1970er-Jahren das erste Strandhotel in der historischen Kleinstadt, heute finden sich höchstens betagte Taxifahrer, die davon erzählen, wie damals ein Schotterweg zu dem strahlend weißen Bauhauskasten führte – heutzutage ist drumherum alles mit Straßen, Bars und Restaurants bebaut.

Im Almyra auf Zypern dominiert kubistische Architektur.
Foto: Hotel Almyra

Zu Beginn des neuen Jahrtausends haben die Eigentümer das Hotel grundlegend umgestaltet und in ein Designhotel verwandelt. Klare Linien, wenige Farben, viel Licht, drei Außenpools, ein großes Spa. Man wähnt sich in einem kalifornischen Resort. Das Essen trägt seinen Teil dazu bei. Im Freiluftrestaurant Notius probieren Gäste mittags frisch zubereitete Salate und abends hausgemachtes Sushi. Den Blick auf den atemberaubendsten Sonnenuntergang der Insel gibt es gratis dazu.

Almyra, Paphos, DZ ab 180 Euro

Ibiza dreht leiser

Wenn eine Insel in den vergangenen Jahren eine Atempause brauchte, dann Ibiza. Vor der Pandemie ballerten Beats bis in die letzten Fincas hinein, nun stellen sich Hotels auf leisere Zeiten ein und fordern eine andere Qualität. Am nordöstlichen Rand der Insel ist die Musik bereits heruntergedreht. Nahe der Kleinstadt Portinatx hat heuer das Resort Six Senses Ibiza eröffnet, der erste Mittelmeerableger der internationalen Luxuskette.

Die Gäste erahnen ein bisschen Chillout-Musik, wenn sie am Infinity-Pool liegen und die Ohren spitzen. Leise rieseln die Beats aus den Bar-Lautsprechern. Das Hotel klebt über vier Etagen an einem natürlichen Hang und öffnet sich wie ein Amphitheater zum Meer hin. Mittags haben die jungen Paare und Familien das Gefühl, von den Sonnenliegen aus eine riesige Postkarte zu bestaunen. Nichts scheint sich zu bewegen. Grüne Hügel fallen schroff ins Meer, weiße Yachten ankern im Wasser, die Oberfläche spiegelt den Himmel.

Ibiza will sich künftig selbst ein wenig Ruhe verordnen und weniger auf Billigtourismus setzen. Ein guter Anfang: der Pool im Six Senses.
Foto: Six Senses

Das Six Senses will Ibiza erwachsener machen. Das heißt mehr innere Einkehr. Jeden Morgen üben die Gäste auf dem Dach Yoga, im Spa fördern Druckmanschetten an den Beinen die Durchblutung, und im Nachhaltigkeitszentrum lernen Interessierte, wie sie aus Bienenwachs Deodorant machen können. Knapp 300 Solarpaneele produzieren bereits zehn Prozent der benötigten Energie, ein kleiner Prozentsatz des Umsatzes wird für nachhaltige örtliche Projekte gespendet, beispielsweise eine Auffangstation für verletzte Igel, die nachts auf den Straßen angefahren wurden.

Überall auf dem Hotelgelände haben die Gärtner Obst und Gemüse angebaut. Tomaten, Süßkartoffeln, Feigen. Der ganze Grund ist eine Biowiese mit Zutaten für die Küche, knorrige Olivenbäume spenden Schatten im Freiluftrestaurant Ha Salon, und selbst auf der Terrasse einiger Zimmer wächst ein Mitrate-Garten. Grüner geht’s nicht.

Six Senses Ibiza, DZ ab 600 Euro

Kuba-Pop-up in Paris

Der Cadillac ist der Star des Hotels. Er parkt vor der Tür, beinahe jeder Passant, Lieferbote, sogar die Polizeistreife auf dem Rad hält an, um ein Foto zu machen. Schaut ja auch komisch aus, so ein fescher Oldtimer zwischen Renaults und Volkswagen. Eine optische Störung im System. An der Fassade geht die Irritation weiter. Grünpflanzen hängen von den Fensterbrettern herunter wie in einem üppigen Urwald. An der Rezeption ertönt Bésame mucho, in der Luft hängt ein leichter Vanilleduft.

In Paris ist soeben Kuba in Gestalt des Pop-up-Hotels Eminente zu Gast.
Foto: Eminente Tabou Photo

Das Eminente Paris verortet sich ganz klar auf der anderen Seite des Atlantiks, lateinamerikanisches Feeling mit allen Sinnen. Und doch mitten im fünften Arrondissement von Paris gelegen, fußläufig erreichbar von Pantheon, Jardin du Luxembourg und allerlei charmanten Lokalen wie im Netflix-Hit Emily in Paris.

Das Hotel Eminente will ein Stück Kuba in Europa sein. Die Idee ist einleuchtend: Solange wir nicht hinüberfahren können, holen wir uns ein Stück Karibik auf den Alten Kontinent. Daher hat die junge Rummarke Eminente (gehört zum Lifestylekonzern LVMH) einfach ein Vier-Sterne-Hotel für drei Monate übernommen und bis zum 12. Dezember dort eine Pop-up-Casa particular eingerichtet – eine Ferienunterkunft wie in Havanna. Vinylschallplatten, Bücher, alte Fotos produzieren Inselcharme, und die Zimmer haben mehr Fächerpalmen als Wi-Fi-Empfang. In Fluren und Aufzügen zwitschern Vögel aus Lautsprechern, am 16 Meter langen Pool unten im Keller ist der Sound sogar so aufgedreht und das Licht dermaßen heruntergedimmt, dass man sich in einer tropischen Höhle wähnt.

Wer das komplette Kubagefühl braucht, darf sich abends gegenüber im Restaurant Le Grand Dictionnaire ein thematisches Drei-Gänge-Menü bestellen – mit frisch zubereiteter Guacamole, Pulled Pork zu Bananenpüree und einem rumgetränkten Kuchen – und anschließend in der Hotel-Bar 1802 aus 800 Rumsorten wählen. Das Gefühl am Morgen danach ist in Frankreich wie in Kuba gleich: ein leichter Kater hinter pochenden Schläfen.

Hotel Eminente, DZ ab 300

Behutsam durch die Pandemie

Die deckenhohen Restaurantfenster zwängen den Berg gegenüber in ein Panoramakorsett. Unten ducken sich ein paar Chalets in den Ort Adelboden, oben drückt das Berner Oberland Richtung Himmelszelt. Am Tisch lässt sich zu gebratenem Zander oder Coq au vin sehr gut sinnieren über dieses Haus, das seit drei Generationen im Familienbesitz und damit das einzige verbliebene Familienhotel des beliebten Skiortes ist: das Parkhotel Bellevue Adelboden.

Das Hotel Bellevue in Adelboden wurde nie totrenoviert, sondern immer behutsam erneuert.
Foto: Bellevue Parkhotel

Begonnen hat der Tourismus im Engstligental vor knapp 120 Jahren. Als Lehrer und Bauern ihre Häuser zu Fremdenunterkünften umbauten und damit auf lukrative Geschäfte hofften. Mit dem Ersten Weltkrieg endete der Boom vorläufig, in den 1920er-Jahren übernahm Familie Richard das Haus. Bis heute leitet sie die Geschicke des Bellevue. Franziska Richard, früher Journalistin und aufgewachsen in der ersten Etage des Hauses, hat es durch die schwierigen Monate der Pandemie gesteuert.

Warum sich das Haus bis heute eine treue Stammkundschaft bewahrt? Weil es eines der wenigen architektonischen Wahrzeichen des Ortes ist: Es wurde 1931 im Stil der Klassischen Moderne errichtet, ein Betonquader im Holzhüttendorf. Über die Jahre hat Franziska Richard die Inneneinrichtung mit Designermöbeln aus Italien und Skandinavien aufgewertet. Ledersessel von Carlo Mollino und Lounge-Chairs von Carl Hansen stehen auf dem Parkett, Birkenholzlampen von Seppe Kaho hängen wie filigrane Birnen von der Decke. Es gibt wenige Orte, die Geschmack mit Design und Kulinarik so hochwertig durchdeklinieren.

Parkhotel Bellevue, DZ ab 320 Euro

Öko-Villa in den Karawanken

Zu den touristischen Aufsteigern der vergangenen Jahre gehört Slowenien. Nur an innovativen Hotels mangelte es dem kleinen Land. Kurz vor der Pandemie öffnete die Vila Planinka Jezersko, ein schickes Berghotel, das auf ökologische Konzepte und geistige Entschlackung setzt. Es befindet sich wenige Kilometer hinter der Grenze zu Kärnten, im Bergsteigerdorf Zgornje Jezersko, umschlossen von Karawanken und Steiner Alpen.

Slowenien hat mit der Vila Planinka ein edles Haus zum Entschleunigen bekommen.
Foto: Vila Planinka

Wie ein großes Chalet steht die fünfgeschoßige Vila an der Ausfallstraße. Holz, wohin man schaut. Fußböden, Balkone, Fassaden, dazu kommen kuschlige Sessel, Felle und Kamine. Die Gäste werden ermutigt, ihre Schuhe im Zimmer zu lassen und alle Wege mit hauseigenen dicken Socken zu erledigen. In den Zimmern gibt es keine elektronischen Geräte, Wi-Fi stellen die Angestellten nur auf Wunsch an. Entgiftung soll bitte schön auch digital sein. Großes Kino kommt nicht über den Streamingdienst, sondern über die Berglandschaft vor den Panoramafenstern.

Vom Balkon aus präsentieren sich Wiesen, Kiefernwälder und verschneite Gipfel. Früher war die Senke Marschland. Setzte die Schneeschmelze im Frühjahr ein, staute sich hier das Wasser. Also hat man vor 70 Jahren beschlossen, oberhalb des Ortes einen See anzulegen. Er ist heute eines der beliebtesten Ausflugsziele der Region. In zehn Minuten kann man ihn zu Fuß umrunden. Der See dient vor allem als Ausgangspunkt für Wanderungen in die Berge. Manche Gäste füllen ihre Flasche an der nahen Quelle auf, das Mineralwasser ist magnesiumhaltig und soll Herzkranken helfen. Bitte wohldosiert trinken: Zu viel Heilwasser bewirkt das Gegenteil – und stört die Verdauung. (Ulf Lippitz, RONDO, 1.11.2021)

Vila Planinka, DZ ab 250 Euro