Der neue De-facto-Machthaber im Sudan heißt General Abdelfattah al-Burhan. Das TV sendete seine Ansprache, stellte dabei aber das falsche Seitenverhältnis ein.

Foto: Sudan TV / AFP

Es ist eine zweifache Tragödie: eine, die die Sudanesen und Sudanesinnen anbelangt – und eine, die die ganze arabische Welt betrifft. Nach der autoritären Wende in Tunesien im Sommer war der Sudan zuletzt das letzte verbliebene Hoffnungsland unter den arabischen Republiken, in denen im letzten Jahrzehnt die Regime gestürzt wurden. Der Sudan wurde als Beispiel dafür angeführt, dass ein Übergang von einer jahrzehntelangen Militärdiktatur – die im Fall des Sudan noch dazu radikalislamisch war – zu einem partizipatorischen System unter einer zivilen Führung möglich sei, wenn es dafür einen nationalen Konsens und Unterstützung von außen gibt. Diese Hoffnung ist nun zerbrochen.

Im Sudan wurde das alte Regime nicht 2011 wie in Tunesien, Ägypten, Libyen und Jemen (da war es 2012) beseitigt, sondern 2019. Wie in Ägypten war es zuerst einmal eine Militärjunta, die den Diktator stürzte, im Sudan Omar al-Bashir, der 30 Jahre geherrscht hatte. Aber die revolutionäre Bewegung, die durch ihre Demonstrationen den Weg dafür bereitet hatte, gab sich nicht damit zufrieden: Sie zwang die Militärs zu einer Machtteilung in einer Übergangszeit, die 2023 zu einem demokratisch gewählten Parlament und einer demokratisch legitimierten Regierung führen sollte. Der angesehene internationale Wirtschaftsexperte Abdalla Hamdok, der nun in Haft ist, wurde zum interimistischen Regierungschef bestimmt, die Präsidentschaft bestand aus einem gemischten "Souveränen Rat".

Unterstützung der Enttäuschten

Was das System betrifft, lässt sich die Lage mit jener in Tunesien schwer vergleichen: Dort berief sich der Präsident, der das gewählte Parlament und die Regierung entlassen hat, auf die Verfassung. Im Sudan zerreißen die Militärs gerade alle Vereinbarungen für den Übergang und lösten die Übergangsinstitutionen auf. Aber eine Parallele gibt es: In beiden Fällen behaupten die neuen Herren, dass sie durch ihren Schritt Land und Leute vor Chaos und Untergang bewahrt haben. Und es ist nicht zu leugnen, dass sie unter jenen, die in den letzten Jahren vergeblich auf die Verbesserung ihrer Lebensumstände gehofft haben, Gehör finden. Die Lage im Sudan ist tatsächlich katastrophal.

Der alte und neue Chef – wenn sich da nicht noch etwas ändert – der Junta, General Abdelfattah al-Burhan, versprach am Montag, neue Institutionen zu gründen und im Jahr 2023 Wahlen abzuhalten, wie ursprünglich geplant. Eine Regierung, ein "Parlament der revolutionären Jugend" – man weiß, wie so etwas aussieht – und Wahlen von Militärs Gnaden: Die Anhängerschaft für den militärischen Weg wurde ja seit Wochen organisiert.

Nun wird vor allem zu beobachten sein, wie die internationale Gemeinschaft reagiert. Bei einem Treffen mit dem US-Sondergesandten Jeffrey Feltman am Samstag (!) hatte Burhan zugesagt, das inklusive Modell mit der Regierung von Premier Hamdok weiterzuführen. Wenn die sudanesischen Militärs so mit den USA umspringen, liegt der Verdacht nahe, dass sie andere Hilfszusagen haben, wahrscheinlich aus der arabischen Welt. In Ägypten, aber auch in den Golfmonarchien werden demokratische Umtriebe und eine lautstarke Zivilgesellschaft wie im Sudan nicht gerne gesehen. Die sudanesischen Militärs werden dort wohl nicht ganz zu Unrecht Verständnis erwarten. (Gudrun Harrer, 25.10.2021)