Erwischt! Der Mann mit dem Akkuschrauber war keine Sekunde überrascht, als wir ihn Samstagnachmittag ansprachen: "Ja, die Markierungen sind praktisch fertig – und das Wetter wird entweder super oder auch nicht", sagte er, bevor sich auf sein Rad schwang und in den Tiefen des Hinterlands von "Mordor" verschwand.

Mordor ist natürlich unhöflich: Bewohner von Transdanubien schätzen es nicht im Geringsten, wenn man die wilden Weiten von Floridsdorf und Donaustadt so nennt.

Darum erwähne ich hier auch nur am Rand, wie eine meiner ehemaligen AHS-Lateinprofessorinnen ihre Häme ausdrückte: "Die Römer wussten, wieso sie die Donau nicht überquerten." Ein paar Jahre später unterrichtete die gute Frau dann aber selbst in Floridsdorf.

Foto: Thomas Rottenberg

Darüber, dass die Zukunft der wachsenden Stadt in den Flächenbezirken liegt, soll es hier aber heute nicht gehen. Obwohl wir (auch) deshalb dort waren: Auch wenn die Stadt-PR ständig darüber redet, war ein erklecklicher Anteil der Wienerinnen und Wiener noch nie in der Seestadt.

Ein Fehler, den wettzumachen ich jedem und jeder nur ans Herz legen kann. Auch, weil die Reise aus der ("echten") Stadt lohnend ist. Auf dem Rad sowieso – oder aber Sie laufen. Und falls Ihnen der Weg zu lang ist, kommen Sie mit der U-Bahn: Hier draußen können Sie dann gefühlt endlos brettlebenes Terrain erkunden, das ziemlich alles kann – von G’stetten über hyperurban, rund um den See. Sogar eine Laufbahn gibt es hier.

Foto: Thomas Rottenberg

Wir waren halt mit den Rädern gekommen. Zum einen, weil wir neue Ecken erkunden und dann über den Marchfeldkanal zurückfahren wollten. Zum anderen, weil ich ein Gefühl für die "Wien Rundumadum"-Strecke bekommen wollte: Kommenden Samstag findet dieser 130-Kilometer "Ultra" rund um die Stadt wieder statt. "WRU" ist eigentlich eine Etappenwanderung: 2005 wurden Wiens Stadtwanderwege so zusammengefasst, dass man in 24 Etappen komfortabel rund um die Stadt wandern kann.

Dass da wer auf die Idee kommen würde, das in einem zu rennen, war erwartbar. Daraus wurde ein Bewerb – und ich werde heuer dabei sein.

Foto: Thomas Rottenberg

Nein, nicht auf der Volldistanz. Das wäre mir zu heftig. 2018 war ich als Suppenverteiler an der Labe meines Freundes Ed "Traildog" Kramer in Liesing, nicht ganz bei der Hälfte, dabei – und das war beeindruckend. Egal, ob da LäuferInnen über die "ganze G’schicht" oder eine der diversen "Kurzstrecken" über (eh nur) 42, 61 oder 88 Kilometer daherkommen.

Aber: Das ist mir zwei Nummern zu groß. Einen Marathon hab ich (hoffentlich) heuer noch auf dem Plan, aber am Samstag bin ich bloß Teil einer Sechserstaffel.

Foto: Thomas Rottenberg

Welchen Part ich ausfassen werde, weiß ich zwar noch nicht – aber weil man sich in Mordor (da ist man dann in der Nacht unterwegs) sogar bei Tag recht leicht "verkoffern" kann, sahen wir uns am Wochenende ein bisserl um: Am Samstag beide auf dem Rad, am Sonntag dann ein gemütlicher Longrun mit Radbegleitung.

Und auch wenn wir uns da nicht an "Rundumadum" orientierten, sondern – von Erdberg über den Praterspitz in die Lobau und dann rund um die untere Alte Donau – einfach eine schöne, lockere Herbstrunde genossen, war irgendwann doch ein Thema auf dem Plan, das bei "Rundumadum" wie bei jedem Lauf in unbekanntem Umfeld irgendwann schlagend wird: die Orientierung.

Foto: Thomas Rottenberg

In Wien renne ich meist einfach drauflos. Öffis gibt es ja überall. Oder einen Radweg. Oder einen Stadtwanderweg. Außerdem genügt – auch in anderen bewohnten Regionen – ein Blick aufs Handy, um wieder heimzufinden. Ganz abgesehen davon, dass es dann, wenn der Weg das Ziel ist, eh wurscht ist, wo man gerade ist. Und man bei "planlos drauflos" oft sogar noch "Bonustracks" bekommt: Skurrile Gärten wie diesen Friedhof der in Bäumen und Sträuchern baumelnden Kuscheltiere irgendwo zwischen Lobau und Alter Donau findet man nur, wenn man nicht gezielt sucht – auch wenn so ein Anblick mitunter "spooky" ist.

Foto: Thomas Rottenberg

Aber manchmal – vor allem im Wald und sicher am Berg – will man sicher ankommen. Zumindest aber wissen, wo man ist. Klar hilft da das Handy – aber eine solide und verlässliche Routenführung würde ich im Gelände lieber nicht von der Verfügbarkeit eines Mobilfunknetzes abhängig machen.

Klar kann man Google-Maps-Routen auch abspeichern oder offline nutzbar machen – aber so wirklich auf die Bedürfnisse von LäuferInnen oder RadfahrerInnen ausgerichtet sind die Smartphone-Navigationstools selten: Versuchen Sie mal über "Maps" rauszukriegen, ob ein Weg asphaltiert oder geschottert ist. Keine Chance – aber auf dem Rad ist das wichtig. Und beim Laufen hilfreich.

Foto: Thomas Rottenberg

Deshalb verwende ich am liebsten Routing-Apps wie Komoot: Die laufen auf dem Handy ebenso präzise wie auf der Uhr oder dem Radcomputer (und zwar auf denen aller namhaften Anbieter). Das Erstellen, Modifizieren und Teilen von Strecken ist deppensicher – doch während ich bei Garmin, Suunto oder Polar dann nur eine Navigationsanleitung bekomme, habe ich hier auch gleich Weganalysen dabei. Und wenn ich das richtige Startdatum und die richtige Startzeit eingebe, auch den Wetterbericht: das wird dann zwar von der Uhr nicht übernommen – aber die Planung mache ich ja eh auf Handy oder Laptop.

Foto: Thomas Rottenberg

Der Haken an der Sache ist freilich, ob meine Uhr mitspielt: günstige Laufuhren – egal welcher Marke – tun das nicht. Und mit Karten dienen können auch bei den Spitzenmodellen nur die wenigsten.

Doch das macht nichts: Ich spielte diesen Sommer eine Zeit lang mit der Suunto 9 Peak. Diese deutlich (um mehr als ein Drittel) schlankere und leichtere Version der "klassischen", also vielen UserInnen zu massiven Neuner von Suunto kann wirklich alles, was man sich von einer Spitzenuhr erwarten kann – natürlich auch navigieren.

Foto: Hersteller

Das System ist reduziert, aber funktional: Man lädt die Route auf die Uhr, startet die Navigation und bekommt nicht nur Vektoranzeigen, wohin es gehen soll, Höhenprofile und ähnliches, sondern an Weggabelungen auch Instruktionen, wie es weitergeht. Suunto nennt das "Turn by Turn".

Ich habe die Testuhr längst zurückgeschickt, diese Navigationsfunktion – weil ich sie kaum je brauche – aber nur einmal angeworfen: funktioniert gut und einfach.

Alle anderen Sportfunktionen liefen auch super, klar und übersichtlich – ich bin allerdings kein Fan von Touchscreens bei Uhren. Das ist persönliche Geschmackssache.

Foto: Thomas Rottenberg

"Breadcrumbs" und Vektoren sind auch das, womit man sich bei Polar beim Navigieren zufriedengeben muss: Das aktuelle Spitzenmodell, die Grit X Pro, landete vor ein paar Wochen bei mir – und überraschte mich absolut positiv.

Dass sich das Hochladen von Navi-Tracks auf die Uhr subjektiv kompliziert anfühlte, ist dabei nicht ausschlaggebend: Derlei ist reine Gewöhnungssache. Wer sein halbes Leben die Programmierungs- und Benutzungsabläufen anderer Hersteller internalisiert hat, empfindet jede Abweichung von diesem Protokoll, jeden anders positionierten Knopf als "falsch". Oder zumindest irritierend. Zu Unrecht.

Foto: Thomas Rottenberg

Denn Polar hat mit seinen aktuellen Spitzenmodellen (Vantage & Grit) den Anschluss an die Spitze längst wieder gefunden – und holt verlorenes Terrain sukzessive mit smarten und nützlichen Features auf.

Geht es bei der Wahl der Lauf- oder Sportuhr rein um die sportlichen Features (inklusive Navigation), ist das Rennen zwischen Polar, Garmin und Suunto längst offen. Auch Wahoo spielt da eine mittlerweile relevante Rolle: Schauen Sie einfach, was Ihnen am sympathischsten ist. Denn im gleichen Preissegment sind Uhren was Funktionalität und Präzision angeht, ziemlich gleichwertig – echte Unterschiede finden sich eher bei Details.

Foto: Thomas Rottenberg

Ja eh: Garmin hat ab dem Forerunner 945, also meiner eigenen Uhr, und bei Fenix-Modellen "echte" Karten. Das klingt wie ein Super-Asset. Es ist auch wirklich toll. Doch aufgrund der Kleinheit von Uhrendisplays ist das Kartenlesen dann oft ein bisserl komplex – speziell mit "Schasaugen" wie meinen. Man kann zwar zoomen – aber klein bleibt klein: Ich verwende beim Laufnavigieren unterwegs daher meist die kartenlosen Vektor- und Richtungsanzeigen in Kombination mit den Höhenprofilen der jeweiligen Strecken.

Und die findet man auch schon bei günstigeren und weniger ausgefuchsten Modellen.

Foto: Thomas Rottenberg

Spitzenuhren sind aber teuer. Und wie oft brauchen Sie das Lauf-Navi schon?

Eben.

Was daher auch geht: statt mit der Uhr mit dem Radcomputer zu navigieren. Ja, auch beim Laufen: Natürlich ist die Uhr praktischer – aber das Gros der UserInnen braucht ein Navi beim Radfahren weit öfter. Die Uhr am Lenker zu befestigen funktioniert dann natürlich, ist aber einfach nicht ideal. Ja, auch wenn sie alle Funktionen kann, die der Radcomputer draufhat: Noch der kleinste Radcomputer – hier im Bild der Wahoo Element Bolt (oben) und Garmins Edge 830 – hat ein deutlich größeres und übersichtlicheres Display als jede Uhr. Das ist auf dem Rad ein Segen, stört aber auch beim Laufen nicht. Der Bike-Pod ist aber meist klein genug, um in einem Trailrucksack bequem in eine Vordertasche zu passen.

Foto: Thomas Rottenberg

Wieso dann nicht gleich alles per Handy erledigen?

Klar geht das auch. Aber das Sport-Tracken per Uhr oder Radcomputer ist in der Regel genauer – vor allem aber vielfältiger. Nicht zuletzt, was Analysen und Auswertungen danach angeht.

Ganz abgesehen davon habe ich mein Smartphone lieber sicher verstaut und mit garantiert vollem Akku als Notfalltool in der Hinterhand.

Schließlich muss ich dann, wenn ich es trotzdem schaffe, mich zu verlaufen, irgendwen anrufen können – damit ich nicht zur Freiland-Halloween-Installation werde, sondern mich wer abholt.

Aber da so was natürlich immer nur anderen passiert, werden Sie hier nie auch nur ein Sterbenswörtchen davon lesen. (Thomas Rottenberg, 26.10.2021)

Foto: Thomas Rottenberg