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An der polnisch-belarussischen Grenze werden seit Wochen Flüchtlinge aufgegriffen.

Foto: AP / Czarek Sokolowski

Potsdam – Seit Ende September sind laut der deutschen Bundespolizei insgesamt 4.246 Menschen aus Belarus illegal eingereist. Auf das ganze aktuelle Jahr gesehen gab es bereits 6.657 unerlaubte Grenzübertritte mit Bezug zu dem osteuropäischen Land, wie das Bundespolizeipräsidium am Montag in Potsdam mitteilte. Eine Entspannung der Lage zeichne sich nicht ab. Die stellvertretende Grünen-Vorsitzende Jamila Schäfer fordert Hilfe für die Migranten im belarussisch-polnischen Grenzgebiet.

50 teils bewaffnete "Grenzschützer"

Brennpunkt der illegalen Einreisen ist der Bundespolizei zufolge die deutsch-polnische Grenze. Die Situation dort rief am Wochenende eine rechtsextreme Partei auf den Plan: Anhänger der Partei Der III. Weg wollten mit sogenannten Grenzgängen gegen Geflüchtete an der deutsch-polnischen Grenze vorgehen.

Dazu versammelten sich im brandenburgischen Guben am Sonntag mehr als 50 Teilnehmer aus Brandenburg, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Bayern. Die Polizei erließ Platzverweise, beschlagnahmte Pfeffersprays, ein Bajonett, eine Machete und Schlagstöcke.

Das deutsche Innenministerium verurteilte die Aktion. "Das Gewaltmonopol liegt beim Staat", sagte Sprecher Steve Alter am Montag. Für Selbstjustiz oder amtsanmaßendes Verhalten von Privaten bestehe "in unserem Rechtsstaat kein Raum". "Grenzschutz ist allein Aufgabe des Staats."

Vorwürfe gegen Lukaschenko

Deutschland und die EU werfen dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, Flüchtlinge aus dem Nahen Osten über die Grenzen von Polen, Litauen und Lettland in die EU zu schleusen. Motiv ist demnach Vergeltung für europäische Sanktionen, die sich gegen Menschenrechtsverstöße in Belarus richten.

Die stellvertretende Grünen-Vorsitzende Jamila Schäfer forderte am Montag: "Die EU-Mitgliedstaaten stehen in der Pflicht, zu jeder Zeit den völker- und europarechtlich garantierten Zugang zu einem Asylverfahren in der EU zu gewährleisten", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur in Berlin am Montag. "Jetzt sind die Menschen mithilfe des UNHCR humanitär auf beiden Seiten der Grenze zu versorgen." Polen wiederum müsse bei Sicherheitschecks, Registrierung und der zügigen Weiterverteilung der Menschen unterstützt werden.

"Erpressungsversuche dürfen nicht fruchten"

Seit Monaten versuchen Migranten zumeist aus dem arabischen Raum, über Belarus nach Polen und damit in die EU zu gelangen. Sie können die zunehmend schärfer bewachte EU-Außengrenze aber nur schwer überwinden. Nach Angaben belarussischer Menschenrechtler werden auf belarussischer Seite viele Menschen im Grenzgebiet festgehalten. Lukaschenko hatte Ende Mai angekündigt, Migranten nicht mehr an der Weiterreise in die EU zu hindern – als Reaktion auf verschärfte westliche Sanktionen gegen die ehemalige Sowjetrepublik.

Die fehlende europäische Handlungsfähigkeit in der Migrationspolitik mache die EU außenpolitisch erpressbar, beklagte Schäfer. "Wir dürfen nicht zulassen, dass diese Erpressungsversuche fruchten", sagte sie mit Blick auf Lukaschenko. "Es braucht endlich ein robustes Asylsystem, das Menschenrechte achtet und eine schnelle Registrierung, Verteilung und Durchführung von rechtsstaatlichen Verfahren ermöglicht." (APA, 25.10.2021)