"Es ist jetzt für alle ein gesichtswahrender Ausweg gefunden worden", sagte der Leiter der EU-Delegation in Ankara, Nikolaus Meyer-Landrut.

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Wien – Der EU-Botschafter in der Türkei, der Deutsche Nikolaus Meyer-Landrut, hat die Entspannung im Streit um eine drohende Ausweisung von westlichen Diplomaten begrüßt. "Es ist jetzt, ich glaube, für alle ein gesichtswahrender Ausweg gefunden worden", sagte der Leiter der EU-Delegation in Ankara am Dienstag. Man könne hoffen, auf dieser Grundlage nun weiter zusammenzuarbeiten. Es gebe viele gemeinsame Interessen und Herausforderungen.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte am Samstag mit der Ausweisung der Botschafter aus zehn westlichen Ländern – darunter Deutschland und USA – gedroht und damit für einen Eklat gesorgt. Hintergrund war eine von den Botschaftern gemeinsam veröffentlichte Forderung, den in der Türkei inhaftierten Kulturmäzen und Menschenrechtsaktivisten Osman Kavala freizulassen.

Keine "Einmischung in innere Angelegenheiten"

Ein tiefes Zerwürfnis konnte am Montag jedoch abgewendet werden: Die betroffenen Botschaften veröffentlichten eine zweite Erklärung, in der sie deutlich machten, sich weiter an Artikel 41 des Wiener Übereinkommens zu halten. Der Artikel weist Diplomaten unter anderem an, sich nicht in innere Angelegenheiten des Empfangsstaats einzumischen. Erdogan machte daraufhin deutlich, die Botschafter doch nicht ausweisen zu wollen.

"Wir hoffen, dass die aktuellen Aussagen von türkischer Seite ein Zeichen der Deeskalation sind", hatte es bereits am Montagabend auch im österreichischen Außenministerium geheißen. Zuvor hatte Außenminister Michael Linhart (ÖVP) die Situation in einem Telefonat mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu angesprochen und Österreichs Sorge über die potenziellen Auswirkungen der Causa auf die Beziehungen zwischen EU und Türkei zum Ausdruck gebracht. Österreich hatte nicht zu den zehn Unterzeichnern des Freilassungs-Appell im Fall Kavala gehört, hätte nach eigenen Angaben aber dabei mitgemacht, wäre es gefragt worden, sich zu beteiligen.

Freilassung bis Dezember gefordert

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte fordert bereits seit 2019 Kavalas Freilassung und argumentierte etwa mit einem Mangel an Beweisen. Die Türkei ignoriert das Urteil bisher, obwohl sie als Mitglied des Europarats eigentlich zur Umsetzung verpflichtet ist. Der Europarat, der seinen Sitz in Straßburg hat und keine Institution der Europäischen Union ist, droht dem Land mit der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens, wenn Kavala nicht bis Dezember freigelassen wird. (APA, dpa, 26.10.2021)