Seit drei Jahren kämpft Hans Holdhaus (76) gegen seine "Fristlose" an.

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Vieles ist aus der Cloud und so mancher in der Zwischenzeit aus allen Wolken gefallen. Doch wenn wir uns nur drei Jahre zurückversetzen, heißt der Vizekanzler der Republik Österreich noch H.-C. Strache. Dass auch der Bundeskanzler im Oktober 2018 ein ganz anderer als heute ist, tut nichts zur Sache. In diesem Fall geht es um den Sport, für den Strache als Sportminister zuständig ist. Es geht um das IMSB (Institut für medizinische und sportwissenschaftliche Beratung) in der Südstadt und um Hans Holdhaus sen., der 1982 das Institut gegründet hat und es gemeinsam mit seinem Sohn Hans Holdhaus jun. leitet. Das IMSB hat unter Holdhaus zu 20 von 23 Olympia-Medaillen im Sommer beigetragen.

Doch damit ist es jetzt, im Oktober 2018, vorbei. Den Holdhäusern, wie sie gemeinhin genannt werden, wird vom Sportministerium der Missbrauch von (öffentlichen) Fördergeldern vorgeworfen, sie werden zunächst beurlaubt und kurz darauf fristlos entlassen. Dabei hat Holdhaus jun. erst zwei Wochen zuvor als Geschäftsführer der IMSB Consult GmbH einen neuen Vertrag unterschrieben.

Vollzogen wird die Entlassung nicht von Strache persönlich, sondern vom IMSB-Vorstand, dem der renommierte Sportmediziner Paul Haber als Vereinspräsident vorsteht. Haber wird später erklären, dass ihn Straches Leute genötigt hätten, die "Fristlosen" auszusprechen. Andernfalls hätte das IMSB keine Förderungen mehr erhalten, so habe die Drohung gelautet, und damit hätten mehr als zwei Dutzend Menschen ihren Job verloren.

Vorübergehend übernimmt Straches Kabinett das Institut. Philipp Trattner, Straches stellvertretender Kabinettschef, wird als Präsident eingesetzt, Vizepräsident wird Strache-Sportreferent Christian Günther. Anfang März 2019 bekommt das IMSB einen neuen Namen, Leistungssport Austria, und eine neue Spitze. Die Sportjuristin Christina Toth wird Vorsitzende, der frühere Bundessportförderungsfonds-Geschäftsführer Wolfgang Gotschke ist für Finanzen zuständig. Der Dritte im Bunde, Sportwissenschafter Walter Hable, zieht sich nach kurzer Zeit ohne nähere Angabe von Gründen wieder zurück.

Verwandte und Gagen

Dafür kommt Sportminister Straches Schwager, ein Langstreckenschwimmer und Schwimminstruktor, als Betreuer im Institut unter. "Er hat hoffentlich kein Berufsverbot, nur weil ich Sportminister bin", hält der Vizekanzler dazu fest. Ein Video, eine Wahl und ein Jahr später ist der Schwager bei Leistungssport Austria wieder Geschichte.

Allein Gotschkes monatliche Gage liegt im fünfstelligen Bereich, das neue Konstrukt bringt so gesehen eher keine Ersparnis mit sich. Auch das wird vor Gericht festgestellt, denn Holdhaus sen. und Holdhaus jun. haben gegen ihre Entlassungen geklagt. Die Richterin des Verfahrens macht flott klar, dass die Fristlosen, die noch dazu ohne Abmahnung erfolgten, angedroht und gut begründet hätten sein sollen. So oder so bringt die Finanzprokuratur auch eine Sachverhaltsdarstellung gegen Holdhaus Vater und Sohn ein. "Ich fürchte, das wird ein Heidengeld kosten", sagt die Richterin und erinnert sich an ein ähnliches Verfahren, an dem (allein) die Anwälte gut verdient hätten. "Mein Haus hat genauso viel gekostet."

Das arbeitsrechtliche Verfahren wird also unterbrochen, das strafrechtliche geht vor. Neuerlich wird erhoben, werden Zeugen einvernommen. Das Gericht stellt fest, dass Holdhaus sich nichts zuschulden kommen ließ. Die folgenden Instanzen bestätigen das Urteil. Holdhaus sen. (76) ist "überzeugt", dass das arbeitsrechtliche Verfahren bald dementsprechend endet. Sein 51-jähriger Sohn führt mittlerweile mit einem Partner das Life Quality Center in Kottingbrunn mit Angeboten im Gesundheits- und Sportbereich. Der Senior ist in Pension, da wollte er eigentlich schon Anfang 2017 sein, ehe er just auf Wunsch des Sportministeriums beim IMSB noch einmal verlängerte.

Wer wird das bezahlen?

Am Ende wird sich die Frage stellen, wer all das bezahlen soll. Holdhaus’ Anwalt schätzt, es kommen knapp 700.000 Euro zusammen an Abfertigungen, Vertragsabgeltung von Holdhaus jun. und Verfahrenskosten. Das Sportministerium ist nicht mehr blau, sondern grün. Der von Strache geholte Philipp Trattner leitet auch unter Werner Kogler die Sektion Sport, auf die in der Causa noch einiges zukommen könnte. Laut Kurier könnten Holdhaus sen. und Holdhaus jun. "gegen führende Mitarbeiter des Ministeriums wegen Amtsmissbrauchs vorgehen". Wolken ziehen auf. (Fritz Neumann, 27.10.2021)