Julian Assange ist kein Märtyrer, aber er ist ein Opfer einer unverhältnismäßigen Verfolgung. Ein britisches Gericht soll jetzt entscheiden, ob er an die USA ausgeliefert wird. Seine Verteidigung und seine Sympathisanten wenden mit einiger Berechtigung ein, dass eine Haft von Assange in einem amerikanischen Hochsicherheitsgefängnis aufgrund seines fragilen physischen und psychischen Zustands einer Folter oder einem Todesurteil gleichkomme. Allerdings geht es Assange in einem britischen Gefängnis in Isolationshaft auch nicht viel besser.

Ein britisches Gericht soll jetzt entscheiden, ob Julian Assange an die USA ausgeliefert wird.
Foto: imago images/ZUMA Wire

Die beste Lösung wäre, die US-Regierung würde die Anklage fallenlassen, sodass Großbritannien ihn freilassen kann, wie auch Amnesty International fordert. Assange ist nach einem US-"Spionage"-Gesetz aus dem Ersten Weltkrieg angeklagt, weil er Dokumente und Filme über Kriegsverbrechen der USA im Irak- und Afghanistan-Krieg veröffentlicht hat. Hier liegt eine Gefahr für Aufdeckungsjournalismus.

Andererseits ist Assange kein wirklicher Journalist, sondern ein Aktivist mit einer fragwürdigen "Philosophie" und einem problematischen Ego. Er hat sich überdies instrumentalisieren lassen, indem er von den Russen gehacktes, an sich schwaches Material gegen Hillary Clinton eingesetzt und damit zum Wahlsieg von Donald Trump beigetragen hat. Dennoch würde sein Gesamtzustand dafür sprechen, ihn aus humanitären Gründen freizulassen. (Hans Rauscher, 30.10.2021)