Die New Yorker Stadtbevölkerung wählt am 2. November einen neuen Bürgermeister. Der demokratische Kandidat Eric Adams, derzeitiger Bezirkspräsident von Brooklyn, gilt als Favorit, seit er die demokratischen Vorwahlen im Juni für sich entschieden hatte. Adams ist ehemaliger Polizist, ernährt sich vegan und meditiert regelmäßig. Er wäre der zweite Afroamerikaner, der das Amt bekleidet. Adams tritt gegen den Republikaner Curtis Sliwa, Gründer der privaten Sicherheitsinitiative Guardian Angels und ehemaliger konservativer Radiomoderator, an. In der Stadt New York sind circa 3,5 Millionen Wähler als Demokraten registriert, 500.000 als Republikaner. Der Ausgang der Wahl scheint damit klar auf der Hand zu liegen.

Early Voting Site am Broadway. Seit dem 23. Oktober kann man bereits seine Stimme abgeben.
Stella Schuhmacher

Jede Menge Herausforderungen

Die Herausforderungen, die den nächsten Bürgermeister der Acht-Millionen-Menschen-Metropole erwarten, sind groß. Sie reichen von Fragen der öffentlichen Sicherheit, Impfmandaten, hoher Arbeitslosigkeit bis zu einer Reform des Schulsystems. Glücklicherweise sinken zumindest die Zahlen der Covid-Neuinfektionen zurzeit stetig. Weniger als 1.000 tägliche Neuerkrankungen verzeichnete die Stadt in den letzten Tagen, Tendenz rückläufig.

Ab 1. November gilt eine Impfpflicht für alle öffentlichen Angestellten, nachdem zunächst nur Lehrer und Gesundheitspersonal davon betroffen waren. New York ist damit eine der ersten amerikanischen Großstädte, die eine Impfung für alle städtischen Angestellte ohne Testalternative vorschreibt. Mindestens 46.000 Polizisten, Feuerwehrleute und andere Stadtmitarbeiter haben den Impfstoff bisher noch nicht erhalten. Kritiker befürchten, das Mandat könnte zu Personalmangel in einer Zeit führen, in der sich die Stadt noch von der Pandemie erholt und mit Sicherheitsproblemen zu kämpfen hat. Adams sagt, er würde dieses Impfmandat für öffentliche Angestellte und auch die Impfpflicht, die für die Innenbereiche von Restaurants und für Kulturveranstaltungen gilt, verstärkt durchsetzen. 

Für Innenbereiche der Gastronomie gilt in New York City eine Impfpflicht.
Stella Schuhmacher
Impfzentrum im American Museum of Natural History. Der riesige Wal trägt ein Pflaster.
Foto: Stella Schuhmacher

Schulintegration

Die öffentlichen Schulen, mit knapp einer Million Schüler das größte, aber auch am stärksten segregierte Schulsystem des Landes, befinden sich in einem Integrationsprozess. Aufnahmeprüfungen und Noten als Aufnahmekriterien für Schulen wurden für die meisten der städtischen Middle- und High-Schools vor kurzem abgeschafft. In seinen letzten Wochen im Amt hat der scheidende Bürgermeister Bill de Blasio außerdem angekündigt, das „Gifted and Talented Program“, ein besonderes Förderungsprogramm für begabte und talentierte Grundschulkinder, zu beenden, da es von Experten als Symbol für Segregation gesehen wird. Die rund 80 Begabtenprogramme der Stadt, die etwa 16.000 Kindern im Kindergarten bis zur fünften Klasse dienen, sollen damit abgeschafft werden. 75 Prozent der Schüler in diesen Programmen sind weiße und asiatisch-amerikanische Kinder, obwohl diese Gruppen nur 25 Prozent des gesamten Schulsystems ausmachen. Adams sagt, dass er als Bürgermeister die Gifted-and-Talented-Programme beibehalten und sogar erweitern wollen würde. Außerdem würde er ein Impfmandat für Schüler öffentlicher Schulen festlegen.

Soziales und öffentliche Sicherheit

Obdachlosigkeit ist eines der drängendsten Probleme, mit denen der nächste Bürgermeister konfrontiert sein wird. 48.000 Obdachlose, darunter fast 15.000 Kinder, schliefen beispielsweise im August jede Nacht in den Schlafstellen der Stadt. Darunter sind auch mehr als 18.000 alleinstehende Erwachsene - ein Rekord. Adams plant ungenutzte Hotelzimmer in den Bezirken außerhalb von Manhattan in dauerhafte Einzelzimmer für Obdachlose umzuwandeln. "Wir müssen aufhören, Menschen in Obdachlosenquartieren unterzubringen, sondern müssen dauerhafte Unterkünfte schaffen,“ sagte er bei einer Fernsehdiskussion. Auch würde er die Wohnbeihilfen für Familien erhöhen und mit der Polizei und psychologisch geschulten Fachkräften zusammenarbeiten, um Obdachlose aus dem weitläufigen U-Bahnsystem zu holen.

Das Gefängnissystem der Stadt befindet sich im Krisenzustand. Der riesige berühmt-berüchtigte Gefängniskomplex auf Rikers Island im East River versinkt in gewalttätigem Chaos. Viele Justizvollzugsbeamte weigern sich, zur Arbeit zu erscheinen. Vierzehn Gefangene sind in diesem Jahr bisher in städtischer Haft gestorben. Adams unterstützt die geplante Schließung der Gefängnisse auf Rikers Island. Der Komplex soll durch kleinere Gefängnisse in verschiedenen Stadtteilen ersetzt werden, wobei viele Details hierzu unklar sind. Grundsätzlich glaubt der ehemalige Polizist auch an die Ausweitung der Rolle der Polizei bei der Förderung der öffentlichen Sicherheit. Sein Plan beinhaltet den Einsatz einer reformierten Zivileinheit, um vor allem Banden ins Visier zu nehmen.

Adams und Sliwa bei einer TV-Diskussion.
Foto: AP/Eduardo Munoz

"New York City is Ready for You"

Die Wiederbelebung der von der Pandemie verwüsteten Wirtschaft wird eine der Hauptaufgaben des zukünftigen Bürgermeisters sein. Die Arbeitslosenquote der Stadt liegt bei 9,8 Prozent und ist damit fast doppelt so hoch wie die nationale Quote. Zwei Haupttreiber der Wirtschaft in der Stadt, Büroangestellte und Touristen, sind noch immer zum Großteil nicht zurückgekehrt. 

Für internationale Touristen gibt es jetzt zumindest eine gute Nachricht. Ab dem 8. November sollen die Grenzen der USA wieder für geimpfte Besucher geöffnet werden. Vor der Pandemie verzeichnete New York Rekordzahlen von Besuchern aus Europa, Asien und Südamerika. Sie füllten Hotels, Restaurants, Broadway-Theater und Museen, gaben Milliarden von Dollar aus und schufen Arbeitsplätzen für die Stadtbewohner. Es wird geschätzt, dass Touristen jährlich 47 Milliarden Dollar ausgaben und so mehr als 280.000 Arbeitsplätze finanzierten. Etwa die Hälfte dieser Ausgaben kam von internationalen Besuchern.

Musicals am Broadway laufen wieder nach 18-monatiger Pause an. Es gelten Impf- und Maskenpflicht.
Stella Schuhmacher

New York City bereitet eine Werbekampagne vor, um Touristen so schnell wie möglich anzulocken, "It's Time for New York City". Werbeplakate in London und anderen Städten wurden von "New York City Misses You Too" zu "New York City Is Ready for You" geändert. Eine Auffüllung der Stadtkassen würde dem neuen Bürgermeister bei der Meisterung seiner Aufgaben sicherlich helfen. (Stella Schuhmacher, 1.11.2021)

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