Acht Hubschrauber des Innenministeriums und des Bundesheers sorgen für künstlichen Regen gegen den heftigen Brand oben am Berg. In Behältern wie diesen, die an den Ufern des Flusses Schwarza aufgestellt wurden, holen sie Nachschub, nähern sich dann dem Feuer so weit wie möglich und lassen ihre nasse Fracht ab.

foto: patrick lechner

Reichenau an der Rax – Der Himmel ist blau, die Sonne warm, eine leichte Brise bewegt die Blätter der Bäume, die in voller bunter Pracht stehen. Der Herbst im niederösterreichischen Reichenau könnte nicht schöner sein. Doch lautes Hubschraubergedröhn stört die Idylle, heute schon am dritten Tag in Folge – und am Feuchter, dem steilen Berg, der das Tal auf der rechten Seite in Richtung Höllental verengt, steigen Rauchschwaden aus dem grün-gelb-roten Bewuchs.

Der Wald brennt, Mittwochnachmittag in Richtung Reichenau wieder ein kleines Stück mehr. Zwei Tage davor, am Montagvormittag, war das Feuer auf nur wenigen Hektar am Mittagstein ausgebrochen. Am frühen Nachmittag erhob sich schon eine von Reichenau aus sichtbare Rauchsäule über dem zum Schneebergmassiv gehörenden, der Rax gegenüberliegenden Berg.

Smog machte Atmen schwer

Über Nacht dann weitete sich der Brand von rund 15 auf über 100 Hektar aus. Als die Menschen in Reichenau am Nationalfeiertag die Augen aufschlugen, blickten sie in smogähnliches Grau, durch das sich die Sonne nur mühsam einen Weg bahnte. Das Atmen fiel schwer. Der später am Dienstag aufkommende Wind verbesserte die Situation, doch ein leiser Brandgeruch blieb.

Mittwochmittag scheint die Sonne wieder in voller Stärke. Spaziergänger und eigens angereiste Schaulustige filmen vom Ufer des Flusses Schwarza aus die Helikopter, die an langen Seilen orange oder blaue Wasserbehälter mit sich führen. Die Hubschrauber fliegen das dampfige Areal im Abstand weniger Minuten an und lassen ihre nasse Fracht, die sie an den Ufern des Flusses Schwarza aus Feuerwehrbehältern tanken, über den Baumkronen ab.

Video vom Brand und den Löscharbeiten
DER STANDARD/APA

Knochenarbeit im steilen Gelände

Der künstliche Regen soll den Boden befeuchten, der nach Wochen ohne substanzielle Niederschläge ausgetrocknet ist. Und er soll die Flammen eindämmen. Im Vergleich zu den Rauchwolken machen sich die Flugkörper in der wuchtigen Berglandschaft aber recht klein aus.

Der Einsatz der Hubschrauber – sechs vom Innenministerium mit 450-Liter-, zwei vom Bundesheer mit 3.500-Liter-Behältern – sei auch nur ein Teil des Kampfes gegen diesen für österreichische Verhältnisse mit 115 Hektar riesigen Waldbrand, "wenn auch ein sehr wichtiger", sagt Andreas Januskovecz, Forstdirektor der Stadt Wien.

Er ist vor Ort, weil der brennende Wald – zumindest jener, der bis Mittwochmittag in Flammen stand – zur Gänze der Stadt Wien gehört, als Wasserschutzgebiet für die Wiener Hochquellwasserleitung. Die Quellen seien Gott sei Dank nicht in Gefahr, versichert er.

Löschfahrzeuge, Schläuche, Schneisen

Einen weiteren Knochenjob haben Feuerwehrleute sowie Forstarbeiter und Forstarbeiterinnen übernommen. Wo immer es Forststraßen gibt, stehen sie mit Löschfahrzeugen und Schläuchen bereit – auch nachts, wenn die Hubschrauber nicht fliegen können und man vom Tal aus die Lichter ihrer Taschenlampen sieht.

Weiter oben wiederum, im alpinen Gelände, fällen sie Bäume und hauen Schneisen, um den Flammen eine Grenze zu setzen. Mehr als das könne man auf den felsdurchsetzten, zum Teil senkrechten Abhängen nicht tun, sagt Josef Huber, Feuerwehrkommandant des Bezirks Neunkirchen und Einsatzleiter. Das Feuer müsse sich dort ausbrennen.

Im unwegsamen Gelände auf dem Berg sind Löscharbeiten nur beschränkt möglich. Hier arbeitet sich ein Feuerwehrmann von einem Forstweg aus mit dem Schlauch in den glosenden Wald vor.

Foto: Patrick Lechner

Feuer erhöht Steinschlaggefahr

Auch müsse man auf den Steinschlag achten. Tatsächlich lockern die Flammen den Fels, und gefährliche Brocken stürzen herab. Am Dienstag erwischte ein solcher Stein einen Feuerwehrmann an der Hüfte. Verletzt musste er in ein Spital gebracht werden.

Keine Gefahr hingegen herrsche für die Bewohnerinnen und Bewohner der umliegenden Orte, auch Schutzhütten seien keine bedroht, sagt Huber. Das Feuer wüte oben am Berg, nicht unten im Tal.

Huber machte am Mittwoch vor allem "die Meteorologie" Sorgen. Ab Mitternacht war starker Wind aus Südost angesagt, eine absolute Seltenheit in dieser Gegend. In diesem Fall würde die Luft ins Höllental hinein wehen, wo die engen Schluchten am Rande der Schwarza wie ein Turbo wirken würden. Dann, so Huber, bestehe das Risiko, dass die Flammen auf den Wald auf der Rax-Seite übersprängen.

B27 bis auf weiteres gesperrt

Um das zu verhindern, wurden Tankwagen angefordert, die entlang der Straße B27, die durch das Höllental führt, Aufstellung nehmen sollen. Der Inhalt ihrer Tanks soll eine Wasserwand formieren, die das Feuer aufhält. Ab Mittwoch 15.30 Uhr wurde die B27 aus diesem Grund vorsorglich für jeden Verkehr gesperrt – Zufahrt von Anrainern ausgenommen. Sollte sich die Lage entspannen, werde man diese Maßnahmen rasch wieder aufheben, sagte am Mittwoch der Reichenauer Bürgermeister Hannes Döller dem STANDARD.

Doch wie konnte es überhaupt zu einem solchen großen Brand kommen, dessen Bekämpfung laut Einsatzleiter Huber noch fünf oder sechs Tage dauern wird? Zugespitzt habe sich die Lage vor allem am Montag und in der Nacht danach, sagt Huber. Erst das Schneisenlegen habe eine Eingrenzung ermöglicht.

Wo der Brand begann

Dass sich die Flammen ausbreiten würden, sei von Anfang an klar gewesen, ergänzt Forstdirektor Januskovecz: "Vor mehreren Jahren haben wir das Waldbrandrisiko in unseren Forsten evaluiert. Es wurde uns klar: In einem Gelände wie jenem bei Reichenau wüten die Flammen ungehindert".

Immerhin kam man am Mittwoch der Brandursache näher. Erste Auswertungen hätten ergeben, dass das Feuer am Jägersteig begonnen habe, sagte ein Sprecher der Landespolizeidirektion Niederösterreich dem STANDARD. Der ungesicherte Weg wird gern von Wandernden auf dem Mittagstein begangen. Vielleicht, so der Sprecher, habe jemand bei einer Rast eine Zigarette geraucht und den Stummel achtlos weggeworfen. (Irene Brickner, 27.10.2021)