Android und Tablets: Das ist eine komplizierte Geschichte. Mehr als zehn Jahre nach der Vorstellung von Android 3 "Honeycomb" versucht sich Google nun erneut an spezifischen Optimierungen für Geräte mit großem Bildschirm.

Ankündigung

Mit Android 12L hat Google im Rahmen des Android Developer Summits überraschend die nächste Generation seines Betriebssystems vorgestellt. Diese soll zwar auch für Smartphones kommen, der Fokus liegt aber unübersehbar auf Foldables und Tablets sowie die Verbesserung des Android-Supports unter Chrome OS. Die Vorstellung erfolgt nur wenige Tage nach der Freigabe der ersten Updates für Android 12.

Die auffälligste Neuerung ist dabei ein Taskbar, der künftig bei solchen Geräten unterhalb des App-Geschehens angezeigt werden und das Multitasking vereinfachen soll. Dazu passt die direkt in Android integrierte Unterstützung für eine Split-Screen-Nutzung, also um mehrere Aufgaben gleichzeitig vornehmen zu können. Ähnliches gibt es schon bei den Foldables von Samsung, durch die Integration in Android 12L steht dies dann aber allen Herstellern zur Verfügung – und App-Hersteller können sich darauf verlassen, dass dies überall gleich funktioniert.

Ein Taskbar und eine Splitscreen-Ansicht für Android 12L

Viele Anpassungen

Zudem passt Google die Oberfläche des Betriebssystems für entsprechende Geräte an. So sollen dann etwa Schnelleinstellungen und Benachrichtigungen bei großen Bildschirmen (ab 600dp) nebeneinander dargestellt werden. Auch an vielen anderen Stellen wie den Systemeinstellungen, Task Switcher oder App-Launcher kommen spezifische Anpassungen für Geräte mit großem Bildschirm. Parallel dazu will man es App-Entwicklern mit neuen Schnittstellen und Tools erleichtern, ihre Programme für entsprechende Geräte anzupassen. Selbst will man dabei offenbar mit gutem Beispiel vorangehen, zumindest zeigte Google eine neue Version der Android Messages-App mit einem Zweispalten-Design. Parallel dazu soll es aber auch Optimierungen für die Darstellung all jener Apps geben, die lediglich eine auf Smartphones ausgerichtete Oberfläche haben.

Lange kein Interesse

Während Android auf Smartphones seit langem die klar dominierende Plattform ist, hat sich Google in den vergangenen Jahren immer weniger um Tablets und Co. gekümmert. Versinnbildlicht wird dies dadurch, dass Googles letztes Android-Tablet, das Pixel C, vor mittlerweile fast sechs Jahren auf den Markt kam. Nicht zuletzt aufgrund des schwachen Software-Supports war dem Gerät aber – wie so vielen anderen Android-Tablets – wenig Erfolg beschert. Es folgte vor einigen Jahren zwar noch ein weiteres Tablet von Google, das Pixel Slate nutzte aber Chrome OS – und war noch weniger erfolgreich.

Auch bei der Systemoberfläche nimmt Google Änderungen für große Bildschirme vor.
Grafik: Google

Das aktuelle Umdenken argumentiert Google mit einem Blick auf die Verkaufszahlen: Nicht zuletzt durch die Pandemie getrieben seien im vergangenen Jahr fast 100 Millionen Tablets mit Android verkauft worden – ein Plus von 20 Prozent im Jahresvergleich. Chrome OS, das mit Android-Support aufwarten kann, sei mit einem Zuwachs bei den Verkäufen um 92 Prozent ohnehin derzeit die am stärksten wachsende Desktop-Plattform. Den Ausschlag dürfte aber eine anderer Gerätekategorie gegeben haben: Googles Interesse an Foldables ist wohl dokumentiert. So sind in den vergangenen Wochen mehrere Hinweise darauf durchgesickert, dass das Unternehmen an eigenen faltbaren Smartphones arbeitet. Dazu passt auch, dass Google die neue Version explizit als Ausgangspunkt für die "nächste Welle an Android 12 Tablets und Foldables" bezeichnet.

Ablauf

Zu etwaiger, neuer Hardware äußert man sich natürlich noch nicht. Insofern gibt es die Entwicklerversion zunächst einmal nur als Developer Preview für den Android Emulator. "Bald" soll dann die erste Testversion auch für das Tablet Lenovo 12 Pro verfügbar sein. Auch mit Samsung scheint man eng zusammenzuarbeiten, jedenfalls wurden die neuen Features im Rahmen der Präsentation vor allem auf dem Galaxy Z Fold 3 vorgezeigt.

Grafik: Google

Der weitere Zeitplan sieht dann die Veröffentlichung einer ersten Beta im Dezember vor, dann dürften auch die ersten Testversionen für Pixel-Smartphones folgen – und zwar ab dem Pixel 4. Was bei denen von den neuen Features übrig bleibt, muss sich freilich erst zeigen. Nach zwei weiteren Betas soll die fertige Version von Android 12L dann noch im ersten Quartal 2022 erhältlich sein – also wohl im März. Eine allzu große Überraschung wäre es wohl nicht, wenn Google dies dann gleich mit der Vorstellung eines eigenen faltbaren Smartphones kombiniert. (Andreas Proschofsky, 27.10.2021)