Arbeitnehmer, die den 3G-Status nicht erfüllen oder sich weigern, Auskunft zu geben, verwirklichen einen Kündigungsgrund.

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Nun hat der Gesetzgeber also die Voraussetzungen geschaffen und der Gesundheitsminister als Verordnungsgeber diese umgesetzt: Mit 1. November gilt am Arbeitsplatz die 3G-Regel. Betriebsstätten dürfen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern – über Dritte sagt die Regelung nichts aus – nur geimpft, getestet oder genesen betreten werden (§ 9 Abs 1 3. Covid-19-Maßnahmen-VO). Ausgenommen sind nur Arbeitsplätze mit nicht mehr als zwei Kontakten zu je 15 Minuten im Freien pro Tag.

Klar ist, dass die Beteiligten eine öffentlich-rechtliche Pflicht trifft, die unter Verwaltungsstrafsanktion steht. Das dem Arbeitgeber meines Erachtens schon davor zustehende Recht, einen solchen Status zu verlangen, mutiert damit zur Pflicht.

Arbeitgeber kann PCR-Tests verlangen

Die Verordnung lässt auch die sogenannten "Wohnzimmertests" zu, die mittlerweile wohl alle namhaften Experten (zuletzt Herr Gartlehner im TV am 25. Oktober) als katastrophal ungenau bezeichnen. Es liegt daher nahe, dass ein Arbeitgeber diesen Standard anheben und die Vorlage von PCR-Tests bei Ungeimpften verlangen möchte. Das darf er in Wahrnehmung seiner Fürsorgepflicht wohl auch, und zwar nicht nur in speziell "begründeten Fällen", wie sie die Verordnung nennt.

Diese Vorschrift ist überhaupt etwas rätselhaft und rechtlich überflüssig. Denn niemand hätte bisher bezweifelt, dass ein Arbeitgeber anlassbezogen im Interesse des Gesundheitsschutzes seiner Arbeitnehmer Maßnahmen ergreifen darf, ja unter Umständen sogar muss, die über den durch Gesetz und Verordnung festgelegten Standard hinausgehen. Alles andere – nämlich die Festlegung eines gesetzlichen Höchstausmaßes an Arbeitnehmerschutz – wäre ein völliger Bruch mit dem derzeitigen System. Außerdem läge es wohl gar nicht in der Kompetenz des Gesundheitsministers, Arbeitgebern zu verbieten, am Arbeitsplatz strengere Schutzmaßnahmen zu erlassen, als das Gesetz oder die Verordnung vorsehen.

Besteht der Arbeitgeber auf qualitativ höherwertigen Tests, dann hat er bei der derzeitigen Rechtslage freilich die sich daraus ergebenden Kosten zu tragen. Das zu ändern wäre wohl ein ungemein wirksamer "Impfbooster".

Offene Fragen beim Umgang mit Kunden

Keine allgemein und branchenübergreifend geltende Regelung enthalten Gesetz und Verordnung über den Umgang mit Kunden in Betriebsstätten. Der Arbeitgeber hat daher – unter Verwaltungsstrafsanktion – zwar den 3G-Status aller Mitarbeiter zu prüfen und Personen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, den Zutritt zu verweigern; er muss aber nichts vorkehren, um zu verhindern, dass seine doppelt geimpften Mitarbeiter eine Besprechung mit einem weder geimpften noch getesteten (und auch keine Maske tragenden!) Kunden in einem kleinen Raum abhalten. Das genügt den Voraussetzungen für die Erfüllung der Fürsorgepflicht definitiv nicht. Der Arbeitgeber muss vielmehr seine Kunden spätestens vor Ort befragen und ebenfalls einen 3G-Nachweis verlangen (eine wörtliche bzw. schriftliche Versicherung mag bei bekannten Kunden genügen). Kunden, die die Voraussetzungen nicht erfüllen oder keine Auskunft geben, hat der Arbeitgeber dazu zu verpflichten, bei Besprechungen mit Mitarbeitern eine FFP2-Maske zu tragen. Zumindest in solchen Fällen darf der Arbeitgeber das Tragen einer Maske wohl auch geimpften Arbeitnehmern vorschreiben, weil diese durch den Kunden ebenfalls einem erhöhten Ansteckungsrisiko ausgesetzt sind.

Kündigung oder Entlassung möglich

Arbeitnehmer, die den 3G-Status nicht erfüllen oder sich weigern, Auskunft zu geben, verwirklichen spätestens seit der Neuregelung zweifellos einen personenbezogenen Kündigungsgrund nach § 105 Abs 3 Z 2 lit a ArbVG. Entgegen der von Franz Marhold, Professor für Arbeitsrecht an der WU Wien, jüngst vertretenen Auffassung ist auch eine Entlassung nicht ausgeschlossen. Denn der Arbeitnehmer macht sich durch so ein Verhalten selbst dienstunfähig – ähnlich wie der Berufskraftfahrer, dem der Führerschein entzogen wird –, und dafür wäre nicht einmal Verschulden Voraussetzung, das hier wohl immer vorliegen wird. Wo steht geschrieben, dass der Arbeitgeber darauf nur mit der Vorenthaltung des Entgelts reagieren darf?

Und auch die weitere Ansicht von Marhold trifft meines Erachtens nicht zu, wonach der Arbeitgeber 3G-Verweigerer dort, wo dies möglich ist, im Homeoffice zu beschäftigen hat. Diese Sichtweise lässt § 2h AVRAG außer Acht, der für die Arbeit im Homeoffice stets eine Vereinbarung verlangt. Ein unbedingtes Recht des Arbeitnehmers, zur Abwendung einer Kündigung im Homeoffice eingesetzt zu werden, gibt es nicht und gäbe es auch ohne § 2h AVRAG nicht. Richtig ist nur, dass im Falle der Kündigung von 3G-Verweigerern, die bereit wären, im Homeoffice zu arbeiten, im Kündigungsanfechtungsprozess die Interessen beider Seiten gegeneinander abgewogen werden müssen.

Interessenabwägung

Es ist deshalb einerseits zu prüfen, welche Gründe der Arbeitnehmer hat, Impfung und Test zu verweigern, und andererseits, wie sachlich die Gründe des Arbeitgebers sind, die Arbeit im Homeoffice abzulehnen. Fälle, in denen diese Abwägung zugunsten des Arbeitnehmers ausgehen wird, sind schwer denkbar. Denn welche anerkannten Gründe soll es geben, sich Impfung und Test zu verschließen? Andererseits wird einem Arbeitgeber nur selten zumutbar sein, einen Arbeitnehmer zu 100 Prozent und ohne Rückholmöglichkeit im Homeoffice arbeiten zu lassen, denn nur mit einer solchen Regelung wäre Gesetz und Verordnung Genüge getan.

Der neue General-Kollektivvertrag, der bei Handhabung der 3G-Regel am Arbeitsplatz das Tragen von Masken ausschließt, greift damit in unzulässiger Weise in die auf zwingendem Gesetzesrecht beruhende Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ein. Der Kollektivvertrag kann und darf die Kumulierung von 3G und FFP2-Maske nicht generell untersagen. Ein Fall, in dem der Arbeitgeber jedenfalls berechtigt ist, beides von seinen Mitarbeitern zu verlangen, wurde oben schon genannt: die Besprechung mit ungeimpften und ungetesteten Kunden. (Georg Schima, 29.10.2021)