Die Statue der Justitia im Justizpalast in Wien. Das Symbolbild stammt aus dem Jahr 2007.

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Wien – Die Rechtsschutzbeauftragte der Justiz und damit das oberste Kontrollorgan über die Staatsanwaltschaften übt Kritik an den Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen das Medienhaus Österreich im Zuge der Inseratenaffäre. In einer Beschwerde vom 14. Oktober bezeichnet die Rechtsschutzbeauftragte Gabriele Aicher die Bewilligung der Hausdurchsuchung in dem Medienunternehmen als rechtswidrig. Die WKStA weist die Vorwürfe zurück.

Die Mediengruppe Österreich ist ein zentraler Akteur der Causa Inseratenkorruption. Knapp zusammengefasst geht es dabei um den Verdacht der gekauften Berichterstattung, zum Teil auf Basis frisierter Umfragen, die der ÖVP gedient haben sollen – und all das soll an "Österreich" über Inseratenschaltungen des Finanzministeriums bezahlt worden sein, also mit Geld der Steuerzahler. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.

Mehrere Kritikpunkte

Aicher sieht keinen dringenden Tatverdacht gegen die Medienmanager Helmuth und Wolfgang Fellner. Zudem kritisiert die Expertin, dass alle Verfahren unter einem Dach gegen Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache geführt werden. Die Folge sei, dass immer derselbe Richter alle Entscheidungen treffe. Aicher hinterfragt zudem, ob die Zufallsfunde vom Handy des Ex-Öbag-Chefs Thomas Schmid "ohne Einhaltung der üblichen Regularien für Überwachungsmaßnahmen" überhaupt eine "Anzeige" und somit im Akt verwertbar seien.

In der "Kronen Zeitung" vom Freitag legt Aicher nach: "Wer den Rechtsstaat vertritt, hat sich selbst an die Vorgaben des Rechtsstaates zu halten. Ich sehe in den letzten Entwicklungen mit Blick auf das Redaktionsgeheimnis eine Gefahr für die Pressefreiheit." Sie sei in Sorge, "weil ich wahrnehme, wie fortlaufend versucht wird, Grenzen zu verschieben, und das beunruhigt mich zutiefst", so Aicher. "Der Zweck heiligt nicht die Mittel."

WKStA: Widerspruch zur Aktenlage

Die WKStA wies die Kritik in einer Aussendung am Freitag zurück, gab aber zu, dass sie es "irrtümlich" verabsäumt habe, für eine geplante Handystandortbestimmung die bei Journalisten erforderliche Ermächtigung der Rechtsschutzbeauftragten zu beantragen. "Nach der gerichtlichen Bewilligung erkannte die WKStA selbst noch vor Umsetzung der Maßnahme am 5. Oktober 2021 dieses Versäumnis, hielt diesen Umstand transparent im Akt fest und wies das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) umgehend an, die Maßnahme nicht durchzuführen. Tatsächlich wurden die Standortdaten auch nicht erhoben", so die Staatsanwaltschaft.

Die darüber hinausgehenden Kritikpunkte weise die WKStA "entschieden zurück". "Diese stehen aus Sicht der WKStA teilweise im Widerspruch zur Aktenlage, teilweise auch zur geltenden Rechtslage und suggerieren ohne ausreichende Tatsachengrundlage missbräuchliches Amtshandeln. In Anbetracht dieser Kritikpunkte legte die WKStA die Beschwerde mit einer ausführlichen Stellungnahme dem Gericht vor. Das Oberlandesgericht Wien wird im Rechtsmittelverfahren über die Zulässigkeit dieser Beschwerdepunkte und die rechtliche und inhaltliche Berechtigung der Einwände entscheiden."

Wöginger fordert Aufklärung

Der stellvertretende ÖVP-Klubchef August Wöginger nahm den Disput zum Anlass, um Aufklärung von Justizministerin Alma Zadić (Grüne) zu fordern. "Im Sinne unseres österreichischen Rechtsstaats muss die Justiz über jeden Zweifel erhaben sein", meinte er in einer Aussendung. Der ÖVP-Parlamentsklub werde daher auch eine parlamentarische Anfrage an Zadić richten. "Die Justiz darf nicht zum Mittel parteipolitischen Kalküls werden", so Wöginger. Umso wichtiger sei es, den aufgekommenen Vorwürfen schnell auf den Grund zu gehen. (APA, red, 29.10.2021)