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Joe Biden im Juli bei einer Pressekonferenz zum Sozial- und Klimaplan, der ein Herzstück seiner Präsidentschaft sein soll. Schon davor lief die Diskussion über das Paket bereits lange. Und sie läuft noch heute.

Foto: AP / Evan Vucci

Zwei Gesetze, immer wieder die Meldung über "Einigungen", die bald darauf zerfallen, völlig konträre Positionen innerhalb nur einer Partei. Kurzum: Die Debatte über das US-Sozial- und Klima-Budget-Paket und den Infrastrukturplan von Präsident Joe Biden ist nicht ganz einfach verständlich.

Frage: Um welches Gesetz beziehungsweise welche Gesetze geht es überhaupt?

Antwort: In der Debatte geht es derzeit um zwei Gesetzespakete. Einen Plan zur Modernisierung der US-Infrastruktur, mit dem auch nach Corona die Wirtschaft wieder auf Vordermann gebracht werden soll. Und ein Budgetgesetz, mit dem Biden und viele – aber nicht alle – der Demokraten einige sozialstaatliche Standards einführen wollen, die es bisher in den USA nicht gibt. Auch ist darin Gesetzgebung zur Bekämpfung des Klimawandels enthalten.

Frage: Wieso gibt es eigentlich zwei Gesetzespakete und nicht nur eines?

Antwort: Das liegt vor allem an den komplizierten Regeln im US-Senat. Die meisten "normalen" Gesetze verlangen dort eine Mehrheit von 60 der 100 Stimmen – Budgetgesetze können aber mit einfacher Mehrheit beschlossen werden. Die Demokraten stellen 50 Senatorinnen und Senatoren – plus Vizepräsidentin Kamala Harris, die bei Gleichstand die entscheidende Stimme abgibt.

Frage: Warum dann nicht einfach alles als Budgetgesetz beschließen?

Antwort: Weil auch das nicht geht. Budgetgesetze müssen eine bestimmte Materie betreffen, also – wenig überraschend – mit dem Budget zu tun haben. Ob das der Fall ist, prüft die "Senate Parlamentarian" – eine unabhängige Beamtin. Diese fand: Infrastruktur passt nicht.

Frage: Und dann?

Antwort: Dann haben die Demokraten beschlossen, das Gesetz aufzuspalten. Das Infrastrukturgesetz wurde zusammengestutzt – auf ein Ein-Billionen-Maß, das auch zehn Republikaner unterstützen konnten. Vieles vom Rest landete wieder im Budget. Dann begann der Streit.

Frage: Welcher Streit?

Antwort: Der Streit zwischen den unterschiedlichen Flügeln der Demokraten. Das Weiße Haus hat ein Budgetgesetz im Umfang von rund 3,5 Billionen US-Dollar (eine Zahl mit 13 Stellen) vorgeschlagen. Der linke Flügel rümpfte dazu die Nase, weil einiges an im Wahlkampf versprochenen Sozialprogrammen nicht vorkam und auch zu wenig Geld für den Klimaschutz vorgesehen war – grundsätzlich zeigte man sich zu Zustimmung bereit. Konservative Demokratinnen und Demokraten aber sperrten sich – der Betrag griff in ihrer Sicht zu stark in die Staatskasse.

Frage: Okay – gestritten wird nun also über das Budgetgesetz. Wieso aber ist das Infrastrukturgesetz dann auch immer noch nicht beschlossen?

Antwort: Weil der linke Flügel im Repräsentantenhaus sich weigert, dem Infrastrukturpaket zuzustimmen, bis das Budget – in das ja viele Sozialmaßnahmen und Klimagesetze verschoben wurden – auch unter Dach und Fach ist. Sonst gibt es kein Druckmittel mehr dazu. Der Senat hat das Infrastrukturpaket übrigens schon lange beschlossen.

Frage: Und wo stehen wir jetzt?

Antwort: Womöglich am Rand einer Einigung, aber sicher ist das nicht. Das Weiße Haus hat am Donnerstag einen neuen Plan präsentiert, wonach das Budgetgesetz nun mit 1,75 bis 1,85 Billionen (statt mit 3,5 Billionen) dotiert ist. Die Differenz ergibt sich aus 100 Milliarden im Bereich Migrationsmanagement, für die die Zustimmung der Senate Parlamentarian unsicher ist. Enthalten sind darin Umwelt- und Bildungsprogramme und leichte Steuererhöhungen für sehr reiche Menschen. Nicht mehr zum Beispiel vom Staat finanzierte Karenzzeiten für Eltern, die ein Novum in den USA gewesen wären. Die beiden konservativsten demokratischen Senatorinnen, Kyrsten Sinema aus Arizona und Joe Manchin aus West Virginia, haben ihre endgültige Zustimmung aber immer noch nicht deutlich formuliert. Die linken Demokraten im Repräsentantenhaus dürften hingegen – mit sehr geringer Begeisterung – zustimmen. Aber: Sie wollen weiter erst dann das Infrastrukturpaket beschließen, wenn im Senat eine Zustimmung zum Budgetgesetz sicher ist. Daher haben sie ein Votum am Donnerstag erneut verschoben.

Frage: Ist das nicht egal, wenn sich doch eine Zustimmung abzeichnet?

Antwort: Na ja, das kommt drauf an, wie man es sieht. Joe Biden wäre gern mit beschlossenen Klimagesetzen beim COP-26-Gipfel in Glasgow ab Sonntag erschienen. Das geht nun nicht. Und der demokratische Gouverneurskandidat von Virginia, Terry McAuliffe, hatte sich ein Gesetz zur Mobilisierung vor der Wahl am Dienstag erhofft, wo er in Umfragen immer mehr abrutscht. (Manuel Escher, 29.10.2021)