Ein Buckelwal taucht in antarktische Gewässer ab. Seine Hauptnahrung, Krill, ist immer schwieriger zu finden.

Foto: Imago / Robert Harding

Die von Wissenschaftern und Umweltschützern dringend geforderte Einrichtung des größten Meeresschutzgebiets der Erde in der Antarktis wird um mindestens ein weiteres Jahr verschoben. Bei der 40. Konferenz der Kommission zur Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis (CCAMLR) im australischen Hobart gelang aufgrund des Widerstands Russlands und Chinas wieder kein Durchbruch – wie bereits seit fünf Jahren. Die CCAMLR zählt 25 Vollmitglieder, darunter die Mitgliedsstaaten der EU, die EU-Kommission und Industrienationen wie die USA, China, Russland und Indien. Alle Entscheidungen müssen einstimmig getroffen werden.

Konkret geht es darum, ein vier Millionen Quadratkilometer großes Gebiet in der Ostantarktis, der Antarktischen Halbinsel und im artenreichen Weddellmeer unter Schutz zu stellen. Es wäre die größte Meeresschutzmaßnahme der Geschichte. Viele Staaten setzen sich seit Jahren für das Schutzgebiet ein. China und Russland haben den Vorschlag aber bisher erfolgreich blockiert. Dabei hinterlässt die Klimakrise bereits heute deutliche Spuren in den fragilen polaren Ökosystemen.

Antarktis unter Druck

"Die Antarktis leidet bereits sehr stark unter dem Klimawandel. Als Verantwortliche müssten wir alles tun, um die Auswirkungen auf die Lebewesen dort abzumildern", kritisierte der Meeresökologe Rainer Froese vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel den erneuten Aufschub. "Fischerei auf Krill entnimmt die wichtigste Nahrungsquelle für viele Lebewesen wie Wale oder Pinguine. Der durch Klimawandel verursachte Stress wird nicht abgemildert, sondern verstärkt."

Ein Schutzgebiet könnte unter anderem zum Erhalt einer funktionierenden Biodiversität beitragen. Diese ist auch die Voraussetzung dafür, dass das Südpolarmeer als Kohlenstoffsenke den Planeten weiterhin kühlen und einen erheblichen Anteil Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre aufnehmen kann.

"Wir sind sehr enttäuscht, dass wir erneut Zeuge dieser verpassten Gelegenheit geworden sind", sagte Claire Christian, Geschäftsführerin der Antarctic and Southern Ocean Coalition (ASOC). Der Planet und die kostbaren marinen Lebensräume der Antarktis könnten sich kein weiteres Jahr der Untätigkeit leisten.

Nur sieben Prozent der Meere geschützt

Allein das antarktische Weddellmeer ist sechsmal so groß wie Deutschland und Habitat und Rückzugsgebiet vieler Arten, die sich auf einen eisigen Lebensraum spezialisiert haben – so etwa Seehechte, Krill und Kaiserpinguine. Seit dem Jahr 2016 wird seine Ausweisung als Schutzgebiet regelmäßig beantragt. Die wissenschaftlichen Grundlagen dafür hat das Alfred-Wegener-Institut (AWI), das die Polarforschung in Deutschland koordiniert, zusammengetragen.

Die CCAMLR-Mitglieder einigten sich immerhin darauf, die Schutzmaßnahme, die die vorläufigen Fangmengen von Krill reguliert, zu verlängern. Für Experten ist diese Maßnahme allein aber zu wenig. "Die Krillbestände sind bereits rückläufig. Jede Fischerei darauf sollte eingestellt werden", sagte Froese. Aktuell stehen nur etwa sieben Prozent der Weltmeere unter Schutz – und viele der bestehenden Schutzgebiete existieren nur auf dem Papier. (dare, APA, 29.10.2021)