Vor Beginn des G20-Gipfels in Rom ist es zu ersten Protestaktionen gekommen. Eine Gruppe von Klimaaktivisten besetzte am Samstagvormittag die Verkehrsachse Via Cristoforo Colombo, die zum Kongresszentrum "La Nuvola" führt, in dem die Staats- und Regierungschefs tagen. Die Demonstranten der Bewegung "Climate camp" saßen auf der Straße und blockierten somit den Verkehr. Mit ihrem Protest wollten die Aktivisten die G20 zu entschlosseneren Initiativen zum Klimaschutz bewegen.

Nach einiger Zeit zwangen die Sicherheitskräfte die Demonstranten, die Straße zu räumen. Die Aktivisten, die passiven Widerstand leisteten und sich hinlegten, mussten von der Straße weggetragen werden. Ein Teil der Straße konnte danach freigegeben werden. "Wir werden die ganze Stadt blockieren", riefen die Klimaaktivisten.

Erste Proteste schon am Freitag

Die ersten Protestkundgebungen und Flashmobs gegen den G20-Gipfel in Rom fanden bereits am Freitag statt – und sie verliefen weitgehend friedlich. Zu einem Demonstrationszug in Richtung Circus Maximus hatten sich unter anderem mehrere Hundert Schüler und Studenten versammelt, denen sich auch Exponenten der Klimaschutzbewegung Fridays for Future angeschlossen hatten.

5.300 Polizeikräfte sorgen rund um den G20-Gipfel in Rom für Sicherheit.
Foto: imago images/SNA

Die Teilnehmer forderten die in der italienischen Hauptstadt versammelten Staats- und Regierungschefs der 20 wichtigsten Industrienationen und Schwellenländer auf, sofort wirksame Lösungen zum Thema Klimawandel zu beschließen; außerdem verlangten sie freien Zugang zu Covid-Impfstoffen für die Bevölkerung der ärmeren Länder.

"Moment größter Anspannung"

Die großen Demonstrationen sind freilich erst für Samstag angekündigt – und die Sorge der Behörden ist beträchtlich. "Dies ist ein Moment größter Anspannung", sagte Innenministerin Luciana Lamorgese vor dem Gipfeltreffen. Tatsächlich ist in Italien der soziale Unmut gestiegen, seit die Regierung von Mario Draghi Mitte Oktober die 3G-Pflicht am Arbeitsplatz und damit de facto eine kaum verschleierte Impfpflicht eingeführt hat.

In Rom war es wegen der Green-Pass-Pflicht bereits zu schweren Ausschreitungen bei einer Kundgebung von Anhängern der neofaschistischen Kleinpartei Forza Nuova gekommen; in Triest musste Lamorgese eine Kundgebung von mehreren Tausend Hafenarbeitern und Impfgegnern gewaltsam auflösen lassen.

Im Hinblick auf den am Samstag beginnenden G20-Gipfel befürchten die Experten im Innenministerium nun einen möglichen Schulterschluss von Globalisierungsgegnern, Impfverweigerern sowie von linken und rechten Extremisten. Um Ausschreitungen – aber auch Terrorakte – zu verhindern, wird Rom während des Treffens der Mächtigen deshalb gleichsam in eine Festung verwandelt: Insgesamt werden 5.300 Polizisten, Carabinieri und Soldaten im Einsatz stehen – so viele wie noch nie zuvor.

Großräumige "rote Zone"

Rund um den Tagungsort im Stadtviertel EUR wird ein zehn Quadratkilometer großes Gebiet zur "roten Zone" erklärt. Die Regierung will unter allen Umständen verhindern, dass wieder ähnliche Bilder um die Welt gehen wie vor 20 Jahren beim damaligen G7-Gipfel in Genua, wo Randalierer ganze Straßenzüge verwüstet hatten und ein junger Demonstrant von einem Carabiniere erschossen wurde.

Bereits am Freitag haben in Rom mehrere bilaterale Treffen unter den Gipfelteilnehmern stattgefunden. Italiens Premier Mario Draghi hat sich der Reihe nach mit US-Präsident Joe Biden, Indiens Regierungschef Narendra Modi und Uno-Generalsekretär António Guterres unterhalten; am Samstag trifft sich Draghi auch noch unter vier Augen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, den er vor einigen Monaten noch als Diktator bezeichnet hatte.

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Katholisches Spitzentreffen im Vatikan.
Foto: Vatican Media via AP

Privataudienz für den Präsidenten

Der Katholik Joe Biden wiederum nutzte seine Anwesenheit in Rom am Freitag auch noch für eine Privataudienz bei Papst Franziskus – seine vierte Audienz insgesamt und die erste seit seiner Wahl zum Präsidenten der Vereinigten Staaten.

Inhaltlich werden bei dem Treffen in Rom der Klimaschutz, die weltweite Bekämpfung der Pandemie sowie wirtschaftliche und finanzpolitische Themen im Vordergrund stehen. Besonders bezüglich des Kampfes gegen die Klimaerwärmung sind die Erwartungen an den Gipfel aber gering, da sich China und Indien kaum auf das Ziel der Nullemissionen bei CO2 bis zum Jahr 2050 werden verpflichten lassen, wie sich dies die italienische G20-Präsidentschaft erhofft hatte. Der chinesische Staatspräsident Xi Jinping reist gar nicht erst nach Rom.

Einen Erfolg konnte Draghi aber bereits verbuchen: Am G20-Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs Anfang Juli in Venedig hatten sich die Teilnehmer darauf geeinigt, dass die Einführung einer globalen Mindeststeuer von 15 Prozent für international tätige Großfirmen und Digitalunternehmen weiter vorangetrieben werden soll. Aus einem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Entwurf der Abschlusserklärung geht hervor, dass die neuen Regeln 2023 auf globaler Ebene in Kraft treten sollen. (Dominik Straub aus Rom, red 30.10.2021)