Die Ideen hinter der neuen Firmenausrichtung klingen äußerst ambitioniert.

Foto: Eric Risberg

Am Donnerstag verkündete Mark Zuckerberg, seine Firma werde künftig nicht mehr Facebook heißen, sondern Meta. Das habe nichts mit den zuletzt häufigen Vorwürfen gegen den Konzern zu tun, sondern mit einer Vision, die er schon lange mit sich trage: eine Welt zu schaffen, in der man als Avatar eine virtuelle Welt bewohnen oder als Hologramm im Wohnzimmer eines Freundes, der am anderen Ende der Welt wohnt, sitzen kann.

Das klingt alles sehr fantastisch, aber Zuckerberg scheint ambitioniert genug, diese Ideen real werden zu lassen. Das Potenzial des anvisierten Online-Marktes ist in jedem Fall so groß, dass sich dieser Aufwand lohnen sollte.

Zweites Leben

2003 schuf der Entwickler Linden Lab ein ganz ähnliches Konzept mit dem Spiel Second Life, das zu seiner Hochzeit im Jahr 2013 bis zu 36 Millionen Nutzer zählen konnte. Schon dort konnte man einen Avatar anlegen, Dinge kaufen und die reale Welt ein wenig vergessen. Damals saß man jedoch noch vor einem PC.

Diese Wand will Zuckerberg mit seinem Metaverse durchbrechen. Der Mensch solle mit der Technologie verschmelzen. Die dafür nötigen Mittel will der Konzern zur Verfügung stellen. Virtual-Reality- und Augmented-Reality-Headsets, um in virtuelle Welten eintauchen zu können, die direkte Verbindung zu realen Apps wie Whatsapp und natürlich die Möglichkeit, in zahlreichen Shops Geld auszugeben. Erstellt wird diese Welt von internen Entwicklern, aber auch von Drittanbietern, die sich am Aufbau des Metaverse beteiligen wollen.

So soll in den nächsten Jahren ein Universum entstehen, das sämtliche Bereiche des Lebens abdeckt: Unterhaltung, soziale Interaktion und das Arbeitsleben. Es lohnt sich also ein Blick darauf, wie der Konzern das machen will und welche Hürden bei der Umsetzung noch auf die neu gebrandete Firma warten.

Mark Zuckerberg will nicht über die Gegenwart sprechen – aus bekannten Gründen. Deshalb widmete er am Donnerstag knappe zwei Stunden seiner Zukunftsvision Metaverse.

DER STANDARD

Kartenspielen im Weltall

Ähnlich wie im Buchklassiker Snow Crash, in dem Menschen aus einer zerstörten realen Welt in eine virtuelle flüchten, will Zuckerberg mit dem Metaverse eine Scheinwelt schaffen. In dieser kann man einen Avatar seiner selbst ganz nach den eigenen Wünschen schaffen – vielleicht ein wenig dünner als im echten Leben, ein wenig muskulöser oder größer. Alles kein Problem. Dazu kann man sich eine Wohnung einrichten oder gleich fantastische Welten schaffen, etwa den Innenraum eines Raumschiffs, in die man Freunde und Familie einladen kann.

Vor allem Gaming soll einen großen Raum einnehmen – ein Thema, das der Konzern bisher zwar intern vorangetrieben hat, das die großen Erfolge allerdings bisher vermissen ließ. Zuckerberg weiß in jedem Fall, warum er die "größte Unterhaltungsbranche der Welt" erwähnt, denn er weiß, dass vor allem die jungen Kunden dort zu Hause sind und der Bereich in den kommenden Jahren mit Sicherheit wachsen und nicht schrumpfen wird.

Im Metaverse spielt man Karten mit Freunden, während man gleichzeitig andere Freunde via Whatsapp anruft. Das Metaverse scheint stressig zu werden.
Foto: Screenshot, Meta

Der größte virtuelle Supermarkt

Als großen Vorteil des Metaverse sieht Zuckerberg, dass Güter, die man hier kauft, für alle Bereiche gelten. Derzeit sei es doch so, dass man in einem Spiel oder in einer App etwas kauft, diese Ware dann aber nicht woanders verwenden kann. "Das ist so, als würde ich ein Shirt meines Lieblingsbasketballers kaufen und dieses dann nur im Stadion tragen dürfen", meint Zuckerberg.

Egal ob Kleidung, Sportgeräte oder VIP-Pässe zu bestimmten Bereichen – man darf davon ausgehen, dass jede Ecke des Metaverse die Möglichkeit bieten wird, Geld auszugeben. Kryptowährungen und NFTs sollen laut Zuckerberg ebenfalls "eine große Rolle" spielen. Bestimmte Kryptowährungen könnten also Zahlungsmittel werden und digitale Güter in Form von NFTs tatsächlich einzigartig existieren. Würden die Plattform wirklich Millionen oder, wie von Zuckerberg prognostiziert, Milliarden Menschen nutzen, könnte das einen digitalen Boom auslösen, wie ihn der Mainstream so heute noch nicht kennt.

Digitale Güter könnten durch den zusätzlichen Handelsplatz im Metaverse an Bedeutung gewinnen.
Foto: Screenshot, Meta

Der gläserne Mensch

Ein großes Thema im Zusammenhang mit Facebook war immer wieder die Privatsphäre der Nutzer. Ein Eintauchen in eine Welt, die von A bis Z von Facebook erstellt und verwaltet wird, in der man einkaufen kann und in der sowohl die private als auch die berufliche Welt mit einfließen sollen, schreit gerade danach, sämtliche derzeit gültigen Datenschutzverordnungen bis an ihre Grenzen zu prüfen – oder zumindest sehr viele neue Fragen aufzuwerfen.

Hier beteuerte Zuckerberg bisher, dass man diese Fragen von Tag eins an mitdenken wolle und auch die Entwickler, die Teil des Entstehungsprozesses sind, auf den verantwortungsvollen Umgang mit ihren Kreationen hinweise. Dass ein solches Universum, welches gefüllt sein wird mit Adress- und Kontodaten, einen großen Reiz für Hacker-Gruppen haben wird, darf angenommen werden. Hier muss das Unternehmen vor dem großen Start der Plattform wohl noch viel Vorarbeit leisten, um das Vertrauen der potenziellen Bewohner zu gewinnen.

Privates und Berufliches mit nur einem Account verknüpfen – das klingt sicherheitstechnisch bedenklich, und wahrscheinlich werden das auch viele Nutzer gar nicht wollen.
Foto: Screenshot, Meta

Verschmelzung der Welten

2014 kaufte Facebook die Virtual-Reality-Firma Oculus für 2,4 Millionen Dollar. Seitdem hat man versucht, mit VR-Brillen wie der Oculus Quest den Massenmarkt zu erreichen, allein die Anwendungen fehlten bisher. Das Metaverse in eine VR-Welt zu bauen würde diese benötigte Anwendung wohl liefern. Doch das Metaverse soll nicht allein virtuell sein, sondern sich mit der realen Welt überlappen. Unter dem Titel Nazaré soll deshalb eine Augmented-Reality-Brille erscheinen, die von einer normalen Brille nicht zu unterscheiden sein wird. Dennoch wird sie virtuelle Dinge in unserer realen Welt darstellen können.

Beispiele wären etwa eine Sightseeingtour, bei der man Informationen zu Gebäuden einfach eingeblendet bekommt, oder wenn Spiele wie Pokémon Go kein Smartphone mehr erfordern. Auch in der Arbeitswelt sollen solche virtuellen Bildschirme Einzug halten, um etwa komplexe Visualisierungen auf den Tisch oder an die Wand werfen zu können. Jeder Mitarbeiter mit einer AR-Brille könnte diese Dinge wahrnehmen.

Eine Schnitzeljagd mit virtuellen Objekten – dank Augmented Reality kein Problem.
Foto: Screenshot, Meta

(Alexander Amon, 29.10.2021)