Autofahrern fallen die hohen Spritpreise spätestens beim Zahlen an der Kassa auf. Bei der OMV und anderen Ölfirmen sprudeln die Gewinne.

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Das Geschäft von Österreichs größtem Industrieunternehmen OMV läuft, als ob es nie eine Pandemie gegeben hätte. In den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres hat der Öl-, Gas- und Chemiekonzern mit knapp vier Milliarden Euro (operatives Ergebnis vor Sondereffekten) so viel verdient wie noch nie.

Das hat einerseits mit der guten Performance des rund um Borealis gebauten neuen Geschäftszweiges Chemicals & Materials zu tun; andererseits liegt es aber auch daran, dass die Division Exploration und Produktion (E&P) vom Höhenflug der Energiepreise im heurigen Jahr besonders profitieren konnte und so in der Lage war, ein starkes Ergebnis abzuführen. An der Großwetterlage sollte sich so rasch auch nichts ändern.

Hohe Preise auch im Winter

OMV-Chef Alfred Stern rechnet mit anhaltend hohen Preisen bei Öl und Gas, zumindest über den Winter, wie er am Freitag bei der Präsentation der Quartalszahlen sagte. Es war seine erste Bilanzpressekonferenz. Stern hat, wie berichtet, Anfang September Rainer Seele an der Spitze des Unternehmens abgelöst.

Mit 1,67 Milliarden Euro hat E&P (Suche und Förderung von Öl und Gas) bis September nur geringfügig weniger zum Rekordergebnis von fast vier Milliarden beigetragen als der Bereich Chemicals & Materials mit 1,71 Milliarden. Der Beitrag von Refining und Marketing (Raffinerie und Tankstellengeschäft) ging im Berichtszeitraum um 22 Prozent auf rund 650 Millionen Euro zurück.

Alfred Stern, früherer Chef von Borealis, hat mit 1. September 2021 die Führung in der OMV übernommen.
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Rekordverdächtig hoch war auch der operative Cashflow, der sich von Jänner bis September auf 5,4 Milliarden Euro fast verdoppelt hat. Gleichzeitig konnte der mit Aufstockung der Anteile bei der Kunststofftochter Borealis von 36 auf 75 Prozent vorübergehend stark angestiegene Verschuldungsgrad auf unter 30 Prozent gedrückt werden – ein Ziel, das ursprünglich erst für Ende des Jahres angepeilt worden sei, wie Stern sagte.

Rekord auch im 3. Quartal

Nicht nur besser, sondern auf Rekordniveau war auch das Ergebnis im dritten Quartal. Nachdem die OMV im Vorjahr Corona-bedingt von Juli bis September mit einem massiven Umsatz- und Gewinnrückgang konfrontiert war, konnte man heuer ein Clean CCS Operating Result (um Lagereffekte bereinigtes operatives Ergebnis) von 1,8 Milliarden Euro ausweisen – so viel wie noch nie in einem dritten Quartal.

Für das Gesamtjahr 2021 rechnet Stern mit einem durchschnittlichen Rohölpreis bei der für Europa preisbestimmenden Sorte Brent von 70 Dollar je Fass (159 Liter). Bisher war man von 65 Dollar ausgegangen. Zum Vergleich: 2020 lag der Preis im Jahresschnitt bei 42 Dollar je Fass.

Auch bei Gas erwartet die OMV mehr: Statt 12 Euro pro Megawattstunde (MWh) rechnet man angesichts der allgemeinen Marktsituation nun mit einem durchschnittlich realisierbaren Gaspreis von gut 15 Euro je MWh im laufenden Jahr – nach 8,90 Euro/MWh 2020.

Neue Strategie im 1. Quartal 2022

Was die neue, für das erste Quartal 2022 versprochene Strategie betrifft, wollte sich Stern nicht weiter in die Karten schauen lassen. "Mehr Chemie und Kreislaufwirtschaft wird aber ein wichtiger Part davon sein", sagte der OMV-Chef.

Von den 2,7 Milliarden Euro der für heuer vorgesehenen laufenden Investitionen sollen jedenfalls 1,2 Milliarden in den Bereich E&P fließen, rund 700 Millionen in Refining & Marketing und etwa 900 Milionen in Chemicals & Materials.

Donnerstagabend hat OMV den Verkauf ihrer Beteiligung am norwegischen Wisting-Ölfeld um umgerechnet 275 Millionen Euro bekanntgegeben. Bis Ende des Jahres rechnet man in Summe mit etwa 800 Millionen Euro aus bereits angeleierten Verkäufen. (Günther Strobl, 29.10.2021)