Die geplante ökosoziale Steuerreform bringt nicht nur Steuersenkungen, sondern auch erstmals einen CO2-Preis in Österreich.

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Für mehr privaten Konsum im nächsten Jahr hätte es keiner ökosozialen Steuerreform bedurft. Das geht jedenfalls aus der neuen Prognose hervor, die das Wifo am Dienstag veröffentlicht. Zwar hatten dessen Experten bereits Anfang Oktober eine mittelfristige Konjunkturprognose vorgelegt, allerdings noch ohne Aussagen darüber, wie sich die ökosoziale Steuerreform der türkis-grünen Koalition auswirken wird.

Der Konsum wird nächstes Jahr demnach um 6,4 Prozent wachsen. Der Effekt der Steuerreform entspricht dabei allerdings bloß der Nachkommastelle. Berücksichtigt ist das ganze Paket, also Einkommenssteuersenkungen, Kindermehrbetrag, Klimabonus etc.

Nachgeholte Ausgaben

Die Wirtschaft wächst 2022 laut neuester Vorausschau um fünf Prozent, um 0,2 Prozentpunkte stärker, als Anfang Oktober prognostiziert. Ein Grund für den moderaten Impuls durch die Reform: Die Entlastung der Haushalte wird erst Mitte nächsten Jahres schlagend. Ein weiterer Grund sind Nachholeffekte.

Teile der Wirtschaft waren bis Mai dieses Jahres im Lockdown. Als Folge haben Österreichs (besonders: wohlhabende) Haushalte einen Sparpolster von rund 25 Milliarden Euro aufgebaut. Vor allem mit diesem Geld werden die Menschen nun ein Gutteil der entfallenen Ausgaben nachholen, erwartet das Wifo.

Nur ein Viertel für den Konsum

Die Entlastung durch die Steuerreform – insgesamt 27,5 Milliarden Euro über die nächsten fünf Jahre – dürften die Haushalte vor allem für eines verwenden: den Aufbau von Vermögen. Nur rund ein Viertel der Entlastung durch die Reform fließt in den Konsum, der große Rest wandert wieder ins Ersparte. Das Wifo schätzt, dass die Sparquote bis 2026 durchschnittlich 6,2 Prozent pro Jahr betragen wird. Ohne Reform läge sie demnach bei 4,9 Prozent.

Nutznießer der Reform sind vor allem Besserverdiener. Das verfügbare Einkommen der heimischen Haushalte wächst dadurch kommendes Jahr um 1,2 Prozent, mit Vollausbau der Reform steigen die Steuerzahler 2026 mit 2,5 Prozent mehr aus. Allerdings geht der überwiegende Teil der Entlastung an die obersten Einkommensschichten – mit 49 Prozent der Entlastung ist das einkommensstärkste Drittel der größte Nutznießer. 36 Prozent des zusätzlich verfügbaren Einkommens teilt sich das mittlere Einkommensdrittel, und nur 15 Prozent entfallen auf niedrigere Einkommen.

Kein Konjunkturprogramm

Konjunkturprogramm ist die ökosoziale Steuerreform keines, da sie prozyklisch wirkt. Zumindest in der kurzen Frist. Aber als solches ist sie auch nicht intendiert, wie Wifo-Ökonom Josef Baumgartner betont. Es gehe um eine strukturelle Reform der Abgabenlandschaft. Mittel- bis langfristig schlage sich diese aber trotzdem merkbar auch im Wachstum nieder. Und zwar auf unterschiedliche Art und Weise.

"Steigt das Vermögen, steigt mittelfristig auch der Konsum", erklärt Baumgartner, inwiefern Entlastungen der Haushalte mittel- bis langfristig aufs Wachstum wirken. Eintritt ins Pensionsalter ist etwa ein Zeitpunkt, zu dem viele Menschen beginnen, ihr Vermögen langsam aufzulösen und in den Konsum zu stecken. In den kommenden Jahren dürfte durch den Übertritt geburtenstarker Jahrgänge in den Ruhestand dieser Vermögenseffekt stärker auf den Konsum wirken als früher. Vermögendere Haushalte geben im Schnitt zudem mehr Geld etwa für Restaurants und Reisen aus.

Motor für Investitionen

Ein zweiter Impuls ist die schrittweise Senkung der Körperschaftssteuer (KöSt) ab 2023 von 25 auf 23 Prozent. Von ihr erwarten sich die Wifo-Ökonomen eine positive Dynamik für Investitionen. Entscheidend sei dabei das Timing der Maßnahme. Denn viele Betriebe haben bereits geplante Projekte vorgezogen, um die Investitionsprämie zu lukrieren. Im kommenden Jahr legen die Investitionen mit 4,4 Prozent deshalb kräftig zu. Allerdings führt der Vorzieheffekt auch dazu, dass ohne Steuerreform in den Folgejahren mit einer Flaute bei den Investitionen zu rechnen wäre.

Laut Wifo dürften die KöSt-Senkung und der (Öko-)Investitionsfreibetrag den Rückgang der Investitionen abfedern. Im Schnitt wurde das prognostizierte Wirtschaftswachstum gegenüber der vorigen Prognose jedenfalls leicht angehoben. Mit durchschnittlich 2,6 Prozent im Jahr wird Österreichs Wirtschaft bis Ende des Prognosezeitraums 2026 auch etwas stärker wachsen als der Euroraum. (Aloysius Widmann, 2.11.2021)