Zoran Zaev will mit seinem Rücktritt zeigen, was Verantwortung bedeutet.

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Skopje – Zoran Zaev ist sicher der untypischste aller Balkan-Politiker: Sogar im Abgang hielt er Wort. Der Sozialdemokrat trat nach den schweren Verlusten bei den Kommunalwahlen zurück, genau so, wie er es zuvor versprochen hatte.

Die Sozialdemokraten verloren die große Mehrheit der 80 Kommunen an die Opposition und unabhängige Kandidaten, auch die Hauptstadt Skopje. Dort gewann Danela Arsovska, die von der oppositionellen VMRO-DPMNE unterstützt wurde. Zaevs Sozialdemokraten (SDSM) wurden auch in mehreren anderen wichtigen Städten wie Bitola, Ohrid und Kumanovo besiegt.

Zaev gratulierte am Sonntag seinen Gegnern, bestand aber darauf, dass das Land nicht in vorgezogene Parlamentswahlen müsse und die Parlamentsmehrheit auch ohne ihn weiter bestehen würde. Die regierende Koalition mit zwei Albaner-Parteien verfügt aber nur über eine Mehrheit von 62 der 120 Sitze. Es wird erwartet, dass die VMRO-DPMNE nun jede Gelegenheit nutzen wird, um auch auf nationaler Ebene an die Macht zu kommen.

Staatschef Stevo Pendarovski muss nun einem anderen Kandidaten das Mandat zur Regierungsbildung übergeben. Als Nachfolger von Zaev waren Innenminister Oliver Spasovski und Gesundheitsminister Venko Filipče im Gespräch.

Verhandlungen blockiert

Für Zaev ist der Rücktritt wohl auch eine Entlastung. Seine Bemühungen, Nordmazedonien Richtung EU zu führen, wurden nicht belohnt. Obwohl viele Bereiche des EU-Rechts bereits umgesetzt sind (im Gegensatz zu den anderen Westbalkanstaaten), kann Nordmazedonien noch immer nicht über einen Beitritt verhandeln, weil Bulgarien aus nationalistischen Gründen ein Veto eingelegt hat.

Zuvor verhinderte Griechenland jahrelang die euroatlantische Integration, dann war es Frankreich. Unter Zaev schloss Normazedonien 2018 einen historischen Namensvertrag mit Griechenland ab, das Land wurde umbenannt. Im Jahr 2020 wurde Nordmazedonien auch Mitglied der Nato. Zaev regte zudem Reformen im Justizbereich an, auch Frauenrechte und die Medienfreiheit wurden gestärkt. Die Opposition beschuldigte ihn jedoch ständig des Verrats nationaler Interessen, der Korruption und zuletzt des schlechten Umgangs mit der Covid-Gesundheitskrise.

Florian Bieber, Leiter des Zentrums für Südosteuropastudien in Graz, meint, dass die Niederlage der SDSM "weniger ein Erfolg der Opposition als Ausdruck der Enttäuschung mit der Regierungspartei" gewesen sei. "Viele Wähler haben nicht für die SDSM gestimmt, weil diese auf die EU-Karte gesetzt hat. Nachdem nun jedoch Bulgarien Beitrittsgespräche blockiert, wirken die Namensänderung und andere Kompromisse naiv und ergebnislos", sagt Bieber zum STANDARD.

Nachlassender Eifer

Auch der Reformeifer habe nachgelassen. Bei den Wahlen hätten die Regierungsparteien zudem vieles falsch gemacht, so Bieber. "Neben teilweise schlechten Kandidaten war etwa der negative Wahlkampf gegen die Oppositionskandidatin in Skopje nicht hilfreich." Zaev selbst meinte am Sonntag, dass er mit seinem Rücktritt auch zeigen wolle, was Verantwortung bedeute. (Adelheid Wölfl, 1.11.2021)