Kaiserwetter passte schon einmal. Für den Kaiser von China. Denn MG, eigentlich eine Preziose aus dem Vereinigten Königreich, ist längst in fernöstlichen Händen, als Tochter von SAIC, und einer der ersten China-Autobauer, die auch in Europa punkten können. Der erwähnte "Sohn des Himmels" wäre, wenn, auf Wolken angereist, entsprechend bemüht hat sich der Hersteller, das neue SUV-Flaggschiff mit Sänftenkomfort zu versehen.

Den Marvel gibt es bei Heckantrieb mit 132 kW und 402 km Reichweite. Der mit drei Motoren ausgestattete Allradler leistet 212 kW und kommt nicht ganz so weit: 370 km. Grund: nur ein Akku, mit 70 kWh Kapazität.
Foto: Stockinger

Die Rede ist vom Marvel R, klingt eher nach Comics, nach Spider Man denn nach China, und der wurde soeben vom Importeur, der Denzel Gruppe, vorgestellt. Die preisliche Stoßrichtung verdeutlicht: Das ist nicht nur als Auto für den Himmelssohn gedacht, sondern für richtig viele Erdenkinder. Zwischen 43.990 und 52.490 Euro kostet der Wagen, da sind die Förderungen noch nicht herausgerechnet.

500 Interessenbekundungen lägen bereits vor, berichtete Michael Ellies, Sprecher von MG Motor Aus tria, davon reichlich Blindbestellungen. Und man könne liefern, bisher hat die Halbleiterkrise MG wohl verschont. Wer dieser Tage ihren oder seinen Marvel R ordert, kann im Jänner oder Februar losstromern.

Wir haben das jetzt schon einmal gemacht, zum ersten Kennenlernen ein Ritt von Wien nach Eisenstadt, über die wunderbare Strecke von Wr. Neustadt rüber zur Burg Forchtenstein, bei erwähnter Witterung. Wird eine schöne Schaukelei werden, hatten wir befürchtet. Aber gar nicht, den Marvel muss man nicht in Zeitlupe um die Kurven tragen. Das fährt sich komfortabel und passabel, bockt nur selten, dank tiefen Schwerpunkts kommt der 4,67-m-SUV nicht so rasch in Verlegenheit, zumal so was ja ohnehin eher betulich bewegt werden wird im Alltag.

Das riesige zentrale Touch-Bedienfeld dominiert den Innenraum, in dem ansonsten luftige Atmosphäre und viel Platz für die Insassen herrschen.
Foto: Stockinger

Was uns bei diesem ersten Ausritt in der stärkeren der beiden, der Allrad-Version, noch aufgefallen ist: Klimaanlage. Da gibt es keine Lüftungsdüsen, mit denen man den Luftstrom dorthin leiten könnte, wo man möchte. Das Klima-Menü bietet nur zwei Optionen: angeströmt werden oder nicht – auf die Hände am Steuer bläst es aber stets.

Wohin das Auge fällt

Foto: Stockinger

Materialseitig findet sich innen viel (Hart-)Plastik, aber eben nicht nur, in den oberen Bereichen, wo das Auge hinfällt, haben die Innenausstatter sich sichtlich Mühe gegeben, und bei den Sitzen reicht das Angebot von Kunstleder zu solchem vom Tier bis hin zu Alcantara. Sitzkomfort übrigens: tadellos.

Und mittendrin ein Schanzentisch von Tatschbildschirm, ähnlich groß wie zuletzt auch beim Ford Mustang Mach-E. Das bestätigt, dass Tesla mit diesen klobigen Dingern einen richtigen Riecher hatte – immer mehr ahmen das nach, bei aller Hässlichkeit. Auf das Ablenkungspotenzial bei sämtlichen Touch-Konzepten, an denen offenbar kein Weg vorbeiführt (mechanische Komponenten sind teuer), haben wir schon öfter hingewiesen.

Grafik: Der Standard

Mit drei Rekuperationsstufen ist der Marvel hinterlegt, anzusteuern im Mitteldisplay. Eh in Ordnung, aber per Wippen am Lenkrad wäre praktischer, intuitiver. Mit seinen 212 kW und drei E-Motoren – zwei hinten, einer vorn – taucht der Allrad-Marvel bei Bedarf gewaltig an, mit 1920 kg bleibt er gerade noch unter der Zweitonnenschwelle, der Hecktriebler ist 110 kg schlanker.

Anders als beim kleineren SUV, dem ZS, gibt es beim gefällig designten Marvel R eine Wärmepumpe, nämlich gleich serienmäßig. Der Kofferraum ist mit 357 bis 1396 Litern überraschend kompakt bemessen, man wird sich schwertun, da einen Kinderwagen reinzukriegen. Dafür gibt es vorn bei den Hecktrieblern eine Ladegrube mit enormen 150 Litern Fassungsvermögen.

Apropos laden: Mit dem 11-kW-Bordladegerät ist der einzig verfügbare 70-kWh-Akku in sechseinhalb Stunden voll, bei Schnelllade-Maximalleistung (92 kW) dauert es 30 Minuten bis rauf zu 80 Prozent. (Andreas Stockinger, 5.11.2021)