Die größte Herausforderung waren die Kostüme für die Männer, Susanne Bisovsky redet nicht lange drumherum. Sollen sie auf der Bühne Strumpfhosen tragen oder doch lieber klassische Jahrhundertwende-Anzughosen?

Vor dem "Robin-Hood-Effekt" habe sie erst Bedenken gehabt, dann aber änderte die Designerin ihre Meinung: "Es macht schon Sinn, dass die Tänzer zeigen, was sie können, und dass man ihre pure physische Präsenz auch mitbekommt."

Kostüme für 24 Tänzer und 26 Tänzerinnen hat die Modedesignerin Susanne Bisovsky für Martin Schläpfers Ballett "Marsch, Walzer, Polka" entworfen und entwickelt. Ihre größte Herausforderung: die Kostüme für die männlichen Tänzer.
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Vor rund zweieinhalb Jahren war Martin Schläpfer, Leiter des Wiener Staatsballetts, auf die Modedesignerin Susanne Bisovsky zugekommen: Ob sie nicht die Kostüme für seine Strauß-Choreografie Marsch, Walzer, Polka entwerfen wolle? Bisovsky sagte zu.

Die österreichische Modedesignerin begab sich für die Zusammenarbeit mit der Wiener Staatsoper auf unbekanntes Terrain. Zwar hat sie schon für den Freischütz in der Scala entworfen, doch Ballett, das war neu. 50 Kostüme für 24 Frauen und 26 Männer wurden erarbeitet, die Kooperation profitierte von den unterschiedlichen Backgrounds Schläpfers und Bisovkys: "Ich komme vom Textilen, Martin Schläpfer bringt die Härte hinein, die er für notwendig und wichtig hält und bricht dadurch in gewissem Maße meine Welt."

In einer älteren Fassung seines 2006 entwickelten Balletts Marsch, Walzer, Polka war das Kostüm abstrakt gehalten. In Wien bewegt man sich nun sehr bewusst in eine andere Richtung.

Zentimetersache

Ein Jahr hat Bisovsky an den Kostümen gearbeitet, so manche Idee wurde verworfen. Erst habe sie alle in schwarze Catsuits mit weißer Spitze stecken wollen, sei dann aber wieder "ins Thema Wien und Strauss-spezifische Stimmungen wie Heurige, Radetzky, Pizzikatopolka hineingekippt". Sonst wäre es zu eintönig geworden, erklärt die Designerin.

Überhaupt hat sie hier und da umdenken müssen. Handgelenke, Fesseln und Muskeln sollten sichtbar sein. Kopfbedeckungen und eine zu üppige Formensprache? Im Tanz eher schwierig. "Für mich gar nicht so einfach: Wo ich beginne "anzuziehen", denkt Martin Schläpfer die Tänzer und Tänzerinnen schon wieder (partiell) nackt."

Das habe ein spannendes Hin und Her ergeben. "Ich habe um jeden Zentimeter bedeckter Haut gerungen, er um die für ihn nötige Blöße." Auf wie viel nackte Haut sie sich geeinigt haben, lässt sich dann demnächst auf der Bühne der Staatsoper ansehen. (Anne Feldkamp, RONDO, 7.11.2021)