Georg Danzer im Jahr 2005 beim Abwägen im Café Jelinek – im Oktober wäre er 75 geworden.

Foto: Andy Urban

In der Ewigkeit kann man sich verlieren, in der Zeitlosigkeit finden. Wie haltbar diese These vor Albert Einstein oder Stephen Hawking wäre – frage nicht. Ein eben veröffentlichtes Album des 2007 verstorbenen Musikers Georg Danzer aber stützt diese Behauptung. Das Werk trägt den Titel Zeitlos und wurde eben zu Ehren des 75. Geburtstags des großen Liedermachers veröffentlicht.

Zeitlos ist schon deshalb ein gut gewählter Titel, da das Album den Geburtstag Danzers am 7. Oktober ein bisserl verfehlt hat – was den liebevoll Schurli gerufenen Geburtstagskind wahrscheinlich nur ein Lächeln gekostet hätte. Zeitlos ist eine Zusammenstellung von Songs, die sich nicht auf den üblichen Best-of-Veröffentlichungen finden. Es sind Perlen aus der zweiten Reihe, ausgelesen von Franz Christian Schwarz. "Es sollten Lieder sein, die dem Titel in Wert und Anspruch gerecht werden", sagt der "Blacky" gerufene Danzer-Intimus; von ihm stammte die Idee zu dieser elf Lieder umfassenden Sammlung.

600 in Rot, 200 in Gold

Ein weiterer Gedanke war, dass die Würdigung auf Vinyl erscheinen sollte. "Im heimischen Presswerk Austrovinyl", erzählt Schwarz, sagte man ihm, "dass es zurzeit aber wenig schwarzes Vinyl gäbe". Das freut die Sammler, die nun zwischen zwei limitierten und nummerierten Versionen wählen können: Es gibt 600 Stück in rotem und 200 in goldenem Vinyl.

Georg Danzer - Topic

Danzers Klasse wurzelte oft in einer zurückgelehnten Haltung. Er war ein entspannter Chronist, ein präziser Beobachter, der die Wuchtel ebenso drucken konnte, wie er zur feinfühligen Einschätzung fähig war. Das schuf eine Polarität, an deren einen Seite er herrlich saubartelte, während er auf der anderen Werte pflegte, ohne in moralinsaures Gewese zu verfallen.

Vorsitzender von SOS Mitmensch

Das verkniff er sich schon deshalb, weil er mit seinem Faible für Underdogs und Außenseiter deren selten mehrheitsfähige Haltung zur Gesellschaft leidenschaftlich mittrug. Ein Wesenszug, der über die Jahre eine Integrität schuf, die ihn nicht zufällig zum Vorsitzenden der Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch werden ließ.

dinostrunk

Prinzipientreu, stur und lässig, das ist eine Mischung, die sich in Danzers Kunst oft findet, Zeitlos weist diese Eigenheiten deutlich aus. Ein Lied wie die Altnazi-Beobachtungsballade Der oide Wessely ist über 40 Jahre nach seinem Entstehen immer noch traurig akut, dasselbe gilt für die geniale Miniatur Die Freiheit.

Phantomschmerzen

Die Songs stammen aus einer Zeitspanne von den späten 1970ern bis zu Danzers Tod. Es beginnt mit Träumer und endet mit A letztes Liad – beide stammen von seinem finalen Album, und beide vergrößern die Phantomschmerzen, weil sie belegen, in welch bestechender Form Danzer war, bevor ihn der verdammte Krebs erwischt hat.

Trost spendet, dass Georg Danzers Kunst keinen Rost angesetzt hat, nicht bloß Nostalgie oder Sentimentalität verströmt. Sie hält, was der Albumtitel knapp und treffend verspricht. (Karl Fluch, 2.11.2021)