Wandern bei Tarvis: Königstour über einem morbiden Geisterort
Dieses Mal ein Outdoor-Tipp fürs benachbarte Ausland. Diese Herbstwanderung führt auf den Monte Re bei Tarvis in Italien
Uwe Grinzinger
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Augenweide ist Cave del Predil keine. In dem italienischen Ort südlich von Tarvis dominieren Nüchternheit und Funktionalität, wie in vielen anderen Bergbaudörfern auch. Zudem ist er ein Beinahe-Geisterort. 1991 endete der Blei- und Zinkabbau, seitdem weht ein morbider Charme durch Cave del Predil: morsche Gemäuer, bröckelnder Putz, rostiges Metall. Und kaum noch Leute auf der Straße – trotz Versuchen, die Bergwerkstradition durch Stollenführungen, Museen und einen Geopark wiederaufleben zu lassen.
Zur bedrückenden Atmosphäre trug auch der 8. Jänner 1910 bei, an den heute ein Denkmal erinnert. Damals brachen Stollen im Monte Re ein. Der entstehende Sog saugte das Werksspital regelrecht in den Untergrund, sieben Personen kamen ums Leben.
Königliches Panorama
Eine Wanderung auf den "Unglücksberg" Monte Re steht in seltsamem Kontrast zur Tristesse an seinem Fuß: Leuchtendes Herbstlaub und helle Sonnenhänge erzeugen dort eine heitere Stimmung. Die Südausrichtung garantiert oft lange Schneefreiheit, dann ist die Tour bis weit in den Spätherbst hinein machbar. Allerdings zieht sich der schmale Steig über 1.000 Höhenmeter gehörig steil nach oben, prüft Waden und Oberschenkel. Zudem ist das wurzelreiche Terrain stolperanfällig – Trittsicherheit und Konzentration sind also gefragt.
Im Ersten Weltkrieg standen sich am Fuße des Monte Re Italiener und Österreicher erbittert gegenüber. Schließlich fiel das kärntnerische Raibl (so Cave del Predil zu Deutsch) an Italien. Heute ist der Ort Teil des vereinten Europa, so wie das gesamte Dreiländereck Österreich/Italien/Slowenien rundum, gekrönte Häupter sind längst Geschichte. Nur der Name des Monte Re ("Königsberg") erinnert noch an blaues Blut: Langobardenkönig Alboin soll den Berg schon im Jahr 569 bestiegen haben.
Nach wie vor königlich ist das Panorama – rundum protzen die Felskapazunder der Julischen Alpen: Mangart, Jalovec, Wischberg, Montasch. Insofern passt das Gipfelsymbol auf dem Königsberg auch heute noch: eine knallgelbe Krone. (Uwe Grinzinger, 4.11.2021)
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