Der Konservative Petr Fiala will nächster Regierungschef in Tschechien werden.

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Umfangreiche Budgetkonsolidierung, aber vorerst Zurückhaltung bei der Einführung des Euro: Das sind zwei der wichtigsten Eckpunkte im Regierungsprogramm jener Parteien, die vor etwas mehr als drei Wochen die Parlamentswahl in Tschechien für sich entscheiden konnten.

Das konservative Drei-Parteien-Bündnis Spolu ("Gemeinsam") sowie das Bündnis aus Piraten und der liberalen Bürgermeisterpartei Stan hatten sich in der Nacht auf Mittwoch auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Unterschreiben wollen sie ihn am Montag. Premierminister soll demnach Petr Fiala werden. Er ist Chef der konservativen Bürgerdemokraten (ODS), die mit den Christdemokraten (KDU-ČSL) und der rechtsliberalen Top 09 gemeinsam als Bündnis Spolu in die Wahl gezogen waren. Außerdem soll Spolu zehn Ministerien übernehmen, weitere sieben Ressorts sollen auf Piraten und Stan entfallen.

Wie die insgesamt fünf Parteien die Regierungsposten innerhalb ihrer beiden Bündnisse genau aufteilen, blieb vorerst noch offen. Gesichert ist lediglich, dass sie im neuen Abgeordnetenhaus, das am Montag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammentritt, eine bequeme Mehrheit von zusammen 108 der insgesamt 200 Mandate haben werden.

Erfüllung der Maastricht-Kriterien

Laut dem Regierungsprogramm, das dem öffentlich-rechtlichen tschechischen Fernsehen (ČT) vorliegt, soll das Defizit bei den öffentlichen Finanzen von derzeit etwa sieben auf drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gesenkt werden. Hinsichtlich der Übernahme des Euro, zu der sich Tschechien beim EU-Beitritt im Jahr 2004 – wenn auch ohne fixen Zeitrahmen – verpflichtet hat, ist in der Programmerklärung lediglich von einer "möglichst raschen Erfüllung der Maastricht-Kriterien" die Rede, die eine Voraussetzung für den Euro wäre.

Mit Blick auf die ohnehin geplante Senkung des Haushaltsdefizits ist das aber keine Überraschung. Zudem haben mehrere Politiker aus den Reihen der Wahlsieger bereits angedeutet, dass die Euro-Einführung in der bevorstehenden Legislaturperiode "nicht realistisch" sei.

Spolu sowie das Bündnis aus Piraten und Stan waren angetreten, um den amtierenden Premierminister Andrej Babiš und seine liberal-populistische Partei Ano aus der Regierung zu drängen. Ano wurde zwar bei der Wahl Anfang Oktober stärkste Einzelpartei, wurde aber vom Bündnis Spolu auf Platz zwei verwiesen. Zudem zeichnet sich für Ano keine Parlamentsmehrheit ab. Die bisher mitregierenden Sozialdemokraten (ČSSD) und die Kommunisten (KSČM), die die Minderheitsregierung beider Parteien toleriert hatten, sind bei der Wahl jeweils an der Fünfprozenthürde gescheitert und im neuen Abgeordnetenhaus nicht mehr vertreten.

Schlüsselrolle Zemans

Eine Schlüsselrolle spielt nun Staatspräsident Miloš Zeman. Der 77-Jährige war nur einen Tag nach der Wahl in die Intensivstation des Prager Militärkrankenhauses eingeliefert worden. Auf Anfrage des Senats, der Oberen Parlamentskammer, sagten die Ärzte später, dass Zeman sein Amt vorerst nicht ausüben könne. Zeman gilt als Verbündeter von Babiš und hatte vor der Wahl angekündigt, den Chef der stärksten Einzelpartei wieder zum Premier machen zu wollen. Babiš hat danach aber selbst erklärt, einen Regierungsauftrag ablehnen zu wollen.

Nach der am Montag beginnenden konstituierenden Sitzung des Abgeordnetenhauses muss seine Regierung allerdings beim Präsidenten die Demission einreichen, um danach mit der Fortführung der Geschäfte betraut zu werden, bis das neue Kabinett vereidigt werden kann. Der Gesundheitszustand Zemans sorgt daher weiterhin für Spekulationen im Land. Mehrere Politiker haben auch einen Verfassungsartikel ins Spiel gebracht, der es erlauben würde, die Vollmachten des Staatsoberhaupts auf den Chef oder die Chefin des Abgeordnetenhauses zu übertragen. (Gerald Schubert aus Prag, 3.11.2021)