Julia Willenshofer und das Frauennationalteam können noch schaffen, was den Männern verwehrt geblieben ist: die Quali für Peking 2022.

Foto: Gepa / Philipp Brem

Willenshofer hat 29 Spiele (drei Treffer) im Nationalteam und 74 Spiele (19 Tore) für die Sabres absolviert.

Foto: Patrick Juricek

Wien bietet mehr, im Vergleich zu ländlichen Regionen allemal. Zuweilen selbst was den Sport angeht. Mit dieser Meinung steht die Eishockeyteamspielerin Julia Willenshofer nicht alleine da, auch wenn Fraueneishockey nicht nur hierzulande nach wie vor ein Schattendasein fristet. Also zog die Kapfenbergerin vor sieben Jahren in die Bundeshauptstadt. Hier bildet sie sich per Fernstudium (Business Administration und Sport) an der FH Burgenland weiter. "Nebenbei" arbeitet sie Vollzeit im Bereich Marketing und Sales.

Ihre Leidenschaft gilt jedoch dem Eishockeysport, dem sie früher bei den Neuberger Highlanders in der Steiermark frönte und den sie seit der Saison 2017/18 bei den EHV Sabres Wien vorantreibt. Klingt in Summe stressig. "Es ist möglich, das alles unter einen Hut zu bekommen", sagt sie. Eishockey spielt Willenshofer nach der Arbeit. Nach dem Sport, wenn andere die Couch bevorzugen, studiert sie noch. "Der Tag ist sehr getaktet, es braucht ein gutes Zeitmanagement."

Warum sie als Frau just zum Eishockey kam? "Mein Papa war Profieishockeyspieler. Meine Schwester und ich haben ihn immer angefeuert in der Halle", erzählt die 27-jährige Flügelstürmerin, die sich auch auf der Centerposition zuhause fühlt. "Wir sind nicht dazu gezwungen worden, sondern haben alles ausprobieren dürfen und sind im Endeffekt dabeigeblieben. Es ist ein genialer, cooler, schneller Sport, da passiert viel und es macht Spaß."

Legende als Vater

Ihr Vater ist Werner Kerth. Die steirische Eishockeylegende hat für Kapfenberg, beim KAC, für Innsbruck, Graz und auch beim WEV in Wien als Center in 20 Saisonen insgesamt 723 Ligamatches (293 Tore, 497 Assists) und 132 Mal im Nationalteam (51 Tore, 56 Assists) gespielt. Von 2015 bis 2017 war er Coach der Neuberg Highlanders. "Er ist ein Vorbild für mich und versucht mir gute Tipps zu geben." Kerth begibt sich mittlerweile selten aufs Eis. "Die Eishockeyschuhe zieht er nur mehr für familiäre Matches am Teich an", sagt seine Tochter.

Willenshofer trainiert freilich primär in der Halle, dreimal die Woche 1,5 Stunden in der Erste Bank Arena in Kagran. Mit den Off-Ice-Trainings und ein bis zwei Spielen am Wochenende ergibt das pro Woche an die zwölf Stunden. "Es ist schon viel Zeit, die wir nebenbei investieren." Gegen mehr Einheiten hätte Willenshofer aber auch nichts einzuwenden, aber "wir haben gute Eiszeiten, da kann man sich nicht beschweren." Das Niveau bei den Sabres sei hoch. Das belegen auch die Erfolge: In der vergangenen Saison der European Women Hockey League (EWHL) schaute hinter KMH Budapest Platz zwei heraus und in Österreich der 18. Meistertitel, der elfte in Folge. "Wir sind sehr zufrieden mit unserer Corona-Saison."

Auch zufrieden könne man mit der Entwicklung des Fraueneishockeys in Österreich sein. "Es hat sich extrem entwickelt, wird immer professioneller. Natürlich ist noch jede Menge Luft nach oben, aber es geht in die richtige Richtung." Zuschauer strömen freilich nicht in Massen zu den Matches. "Wir freuen uns über jeden einzelnen. Es macht Spaß vor Publikum zu spielen."

Die Meisterschaftsspiele werden via Livestreams übertragen, Länderspiele wie das Testspiel am 7. November gegen Norwegen (20.20 Uhr in der Erste Bank Arena in Kagran) und die Olympia-Qualifikation auf ORF Sport+. "Es tut uns gut, wenn es angenommen wird." Um dem Fraueneishockey noch mehr auf die Sprünge zu helfen, brauche es "definitiv mediale Präsenz". Man dürfe nicht vergessen, sagt Willenshofer, "dass wir auch sehr viel tun, um auf einem solchen Niveau zu spielen". Wir sind Schüler, Studenten, Vollzeitbeschäftigte, die ihre Freizeit in den Spitzensport investieren. Ich würde mir wünschen, dass das von der Öffentlichkeit mehr geschätzt wird."

Sponsoren willkommen

In finanziellen Belangen sieht es mau aus. Eishockeyspielerinnen finanzieren viel selbst. Etwas verdienen lässt sich in ausländischen Ligen, nicht aber in Österreich. "Es ist kein Geheimnis, dass wir im Fraueneishockey immer auf der Suche nach Sponsoren sind. Wir machen es in erster Linie, weil es uns Spaß macht und wir diesen Sport lieben. Und deswegen investieren wir auch mal in einen Schläger." Sponsoren gibt es freilich, weitere seien aber willkommen. Vonseiten des Verbandes und der Vereine gebe es auch Unterstützung. Das sei mit früher nicht zu vergleichen.

Mit dem Frauennationalteam versucht sich Willenshofer für die Olympischen Spiele zu qualifizieren. Gegner beim Turnier in Füssen sind Deutschland (11. November), Dänemark (13.) und Italien (14.), wobei sich nur der Gruppensieger für Peking 2022 qualifiziert. Im Kader stehen 23 Frauen. Neben 14 Spielerinnen aus vier EWHL-Vereinen sind auch fünf US-Legionärinnen, zwei, die in der Schweiz engagiert sind und je eine aus Schweden und Deutschland dabei.

Blickt man auf die Statistik, so ist Deutschland als Achter der Weltrangliste mit zwölf Siegen aus 15 Spielen gegen Österreich (Nummer 14) zu favorisieren, Dänemark (12) und Italien (17) sind auf Augenhöhe. Wie realistisch eine Olympiaqualifikation sei? "Es wird schwierig, es werden sehr intensive Spiele für uns. Wir schauen, was am Ende herauskommt."

So oder so wird dann Ende April die Frauen-B-WM (Division 1 A) in Angers/Frankreich steigen. Dann geht’s gegen Schweden (Weltranglistenplatz 9), Frankreich (10), Norwegen (13), Slowakei (15) und die Niederlande (18). (Thomas Hirner, 4.11.2021)