Das Wichtigste in Kürze:

  • Am fünften Tag der UN-Klimakonferenz steht das Thema Energie auf dem Programm. Es soll vor allem um den Ausstieg aus Kohle sowie die Förderung erneuerbarer Energien gehen.
  • Am Mittwoch endete der "Finance Day" mit vielen Versprechen, aber ohne konkrete Zusagen zur Klimafinanzierung. Ab 2020 sollten ärmere Länder jährlich 100 Milliarden US-Dollar von Industriestaaten bekommen, vergangenes Jahr waren es 80 Milliarden.
  • Sollten alle bis heute gemachten Versprechen eingelöst werden, könnte die globale Erwärmung auf 1,9 Grad eingedämmt werden, haben Wissenschafter errechnet.
  • Die weltweiten CO2-Emissionen nähern sich rapide dem Niveau von vor Beginn der Corona-Krise. Das zeigt eine heute veröffentlichte Studie des internationalen Forschungsnetzwerks Global Carbon Project. Die fossilen Kohlenstoffemissionen waren 2020 um 5,4 Prozent gesunken, für 2021 ist jedoch wieder ein Anstieg von rund 4,9 Prozent zu erwarten.
  • 18 Staaten haben angekündigt, den Betrieb ihrer Kohlekraftwerke auslaufen zu lassen, über 40 bekannten sich zum kompletten Aus für die Kohleverstromung. China und die USA sind nicht unter ihnen.
  • Weltweit ist fossile Energie weiterhin auf Expansionskurs, zeigt eine Studie der NGO Urgewald. Die CO2-Emissionen aus bereits erschlossenen Vorkommen würden das 1,5-Grad-Ziel auch bei einem Kohleausstieg unmöglich machen.
  • Fridays for Future macht die ÖVP für den schleppenden Klimaschutz verantwortlich. "Bremsende Kräfte" hätten etwa bisher das lange angekündigte Klimaschutzgesetz verhindert.
  • Kritik hagelt es für den britischen Premier Boris Johnson, nachdem dieser von der Klimakonferenz im Privatjet zu einem Dinner nach London geflogen sein soll.

Versprechen könnten bei Umsetzung Erwärmung auf unter zwei Grad beschränken

Sollten die Staaten alle ihre Klimaversprechen halten, könnte die Erderwärmung möglicherweise unter zwei Grad bleiben. Das zeigt der NDC-Tracker der Organisation Climate Resource. NDCs, das sind die Klimaschutzpläne, welche die Parteien des Pariser Abkommens regelmäßig bei den UN einreichen müssen. Auch die Internationale Energieagentur (IEA) wertet das Versprechen von rund 100 Staaten zur Kürzung des Methanausstoßes als großen Schritt auf dem Weg zum Klimaziel. Wenn alle bisherigen Klimazusagen einschließlich der versprochenen Reduzierung des Methanausstoßes erfüllt würden, könne die Erderwärmung auf 1,8 Grad begrenzt werden, schreibt IEA-Chef Fatih Birol auf Twitter.

Grund zur Freude ist das aber nicht. Denn die Vergangenheit zeigt, dass auf Klimakonferenzen viel versprochen wird, was nicht immer in die Realität umgesetzt wird. Zudem ist sich die Klimaforschung einig, dass die globale Erwärmung auf 1,5 Grad begrenzt werden muss, um die Aktivierung von Kipppunkten zu vermeiden. Riesige CO2-Speicher wie etwa Permafrostböden könnten nämlich bereits unter zwei Grad Erwärmung auftauen und eine unkontrollierbare Kettenreaktion auslösen.

Allianz zu Kohleausstieg ohne China und USA

Eine Zusage zum Ausstieg aus der Kohleenergie beim Klimagipfel hat die Unterstützung wichtiger Länder wie China und den USA verfehlt. Trotzdem sprach der britische Wirtschaftsminister Kwasi Kwarteng am Donnerstag von einem "Meilenstein". Er verkündete, "das Ende der Kohle" sei in Sicht.

Wie die Regierung des Gastgeberlandes mitteilte, sagten 18 Staaten erstmals zu, den Betrieb ihrer Kohlekraftwerke auslaufen zu lassen und nicht in neue zu investieren – darunter Polen, Vietnam und Chile.

Mehr als 40 Länder bekannten sich zu einem kompletten Ausstieg aus der Kohle in den 2030er-Jahren für große Volkswirtschaften und in den 2040er-Jahren im Rest der Welt. Bedeutende Kohlenutzer wie China, die USA, Indien und Australien schlossen sich der Vereinbarung jedoch nicht an. Die Energiegewinnung durch Kohle ist der größte Einzelfaktor bei der Klimaerwärmung.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace kritisierte die Vereinbarung als unzureichend. "Das Kleingedruckte scheint den Ländern erheblichen Spielraum zu geben, um ihr eigenes Ausstiegsdatum zu wählen, trotz der schillernden Überschrift", sagte Delegationsleiter Juan Pablo Osornion der BBC. Begrüßt wurde hingegen das Vorhaben von mehr als 20 Ländern und Institutionen, die Finanzierung fossiler Brennstoffe zu beenden und stattdessen in grüne Energien zu investieren.

Globale Studie zeigt Öl- und Gaskonzerne auf Expansionskurs

Die "Global Oil & Gas Exit List"-Studie, die am Donnerstag auf dem Klimagipfel von der Umweltschutzorganisation Urgewald und Partner-NGOs vorgestellt wird, zeigt, dass fossile Energie weiterhin boomen wird. In einer umfangreichen Datenbank wurden dazu die Pläne von 887 Öl- und Gaskonzernen unter die Lupe genommen. Das Fazit: "Über 95 Prozent der analysierten Unternehmen sind weiter auf Expansionskurs."

Aus österreichischer Sicht findet sich auch die OMV auf der Liste. Greenpeace kritisiert, dass der Öl- und Gaskonzern im Ranking Platz 65 von 887 belegt, mit jährlichen Ausgaben von durchschnittlich 175 Millionen US-Dollar (151 Millionen Euro) für die Suche in Ländern rund um den Globus, von Neuseeland über den Jemen bis hin zu Österreich. Greenpeace fordert die OMV auf, ihr Geschäft mit Öl und Gas zu beenden "und den Weg in eine grüne Zukunft anzutreten". "Die OMV muss endlich Verantwortung übernehmen, ihre Expansionspläne stoppen und eine echte Klimastrategie mit einem Ausstiegsdatum für Öl und Gas bis 2040 auf den Tisch legen", sagt Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace in Österreich und aktuell bei der Klimakonferenz in Glasgow.

Schon jetzt gilt laut Nils Bartsch von Urgewald, dass selbst ein illusionärer Ausstieg aus der Kohleverstromung nichts an der Misere ändern würde, dass die Pariser Klimaziele ziemlich unter Druck stehen: "Auch wenn die Kohlenutzung über Nacht auslaufen sollte, die CO2-Emissionen aus den bereits erschlossenen Öl- und Gasreserven würden das Kohlenstoffbudget für das 1,5-Grad-Ziel bald erschöpfen." Daher fordert Bartsch den sofortigen Stopp der Suche nach neuen Lagerstätten. Doch das Gegenteil ist der Fall, in den vergangenen drei Jahren hätten Erdöl- und Erdgasunternehmen 168 Milliarden US-Dollar in die Suche nach weiteren Öl- und Gasressourcen investiert.

Kritik an Premier Johnson nach Privatjet-Flug vom Klimagipfel

Weil er den UN-Weltklimagipfel per Privatjet verlassen hat, ist der britische Premierminister Boris Johnson am Donnerstag in die Kritik geraten. Am Dienstag hatte der konservative Politiker noch den versammelten Staats- und Regierungschefs beim COP 26 in Glasgow gehörig ins Gewissen geredet, beim Kampf gegen den Klimawandel den Worten Taten folgen zu lassen.

Einem Bericht des "Daily Mirror" zufolge setzte sich Johnson daraufhin in einen Privatjet und flog zu einem Dinner in einem exklusiven Club in London, dessen Mitgliedschaft Männern vorbehalten ist. Er soll dort den früheren Chefredakteur des "Daily Telegraph" und bekennenden Klimaskeptiker Charles Moore getroffen haben. "Das ist atemberaubende Heuchelei vom Premierminister", sagte Anneliese Dodds von der oppositionellen Labour-Partei dem "Mirror".

Ein Regierungssprecher hatte die Reisepläne Johnsons mit dem Flugzeug noch am Montag damit gerechtfertigt, der Premier müsse in der Lage sein, mit erheblichem Zeitdruck zurechtzukommen. In einer Mitteilung am Donnerstag hieß es, Johnson habe eines der CO2-effizientesten Flugzeuge seiner Größe in der Welt genutzt – mit dem nachhaltigsten Kraftstoff. Großbritannien werde alle CO2-Emissionen, die mit dem Klimagipfel in Verbindung stünden, neutralisieren, so die Mitteilung weiter. (APA, dpa, Reuters, AFP, red, 4.11.2021)