Für Freitag plant Fridays for Future wieder großangelegte Demonstrationen.

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Politische Versprechen sind das eine, rechtliche Verpflichtungen das andere. ÖVP und Grüne einigten sich in ihrem Regierungsprogramm darauf, Österreich bis 2040 klimaneutral zu machen. Gesetzliche Grundlage gibt es dafür aber nach wie vor keine. Bei einer Pressekonferenz am Donnerstag forderten das Klimavolksbegehren und Fridays for Future daher eine raschere Umsetzung der politischen Versprechen in Form des lange angekündigten Klimaschutzgesetzes. "Bremsende Kräfte" haben das laut den Aktivistinnen und Aktivisten bisher verhindert.

Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) wollte ursprünglich bereits im Sommer einen ersten Gesetzesvorschlag präsentieren. Schon zuvor war ein interner Entwurf an die Öffentlichkeit gelangt. Geplant war demnach, dass die Regierung Sofortmaßnahmen ergreifen muss, wenn Österreich seine eigenen Klimaziele verfehlt. Sollten die gesetzten Maßnahmen nicht ausreichen, war zudem eine 50-prozentige Erhöhung der bestehenden Steuern auf fossile Energieträger angedacht. Autofahrerklubs, Arbeiterkammer, Teile der Opposition und der Wirtschaftskammer übten teilweise scharfe Kritik an den Plänen.

"Bremsende Kräfte"

Genau diese "bremsenden Kräfte" seien der Grund, warum nach wie vor kein Gesetz vorliegt, sagt Philipp Steininger, Aktivist bei Fridays for Future. "Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer hat sich damit gerühmt, die Abschaffung des Dieselprivilegs verhindert zu haben." Steininger erwartet sich von ÖVP und Wirtschaftskammer eine Abkehr von "destruktiven Handlungen" und ein klares Bekenntnis zum Klimaschutz.

Die internationale Staatengemeinschaft sei meilenweit davon entfernt, ihre Ziele zu erreichen. "Und Österreich trägt nichts zur Lösung bei", sagt Katharina Rogenhofer vom Klimavolksbegehren. Die Emissionen in Österreich seien seit 1990 nicht gesunken. Damit zähle das Land zu den fünf Schlusslichtern in Europa. "Österreich hat alle bisherigen Klimaschutzziele verfehlt. Außer 2020, aber da hat man das Ziel wegen der Pandemie zufällig erreicht", sagt der Politikwissenschafter Reinhard Steurer. "Wenn die Politik sagt, dass Österreich Vorreiter ist, dann ist das schlicht gelogen."

"Politisches Greenwashing"

"Nach der missglückten Steuerreform muss das politische Greenwashing endlich ein Ende nehmen", findet Rogenhofer. "Wir haben keine Zeit mehr für schwammige Regelungen und zahnlose Maßnahmen." Was es jetzt braucht, sei ein klarer Fahrplan. Das Vereinigte Königreich, Dänemark oder Schweden haben laut Steurer vorgezeigt, wie ein wirkungsvolles Klimaschutzgesetz ausgestaltet sein muss.

Es brauche jährliche CO2-Budgets, die kurzfristig Orientierung geben, und einen Sanktionsmechanismus, der eingreift, wenn die Ziele nicht erreicht werden. Wichtig seien auch starke Institutionen. Ein wissenschaftliches Beratungsgremium müsse als "Wachhund" auftreten können. Die Sozialpartnerschaft, die derzeit eher bremse, solle um den Umweltdachverband erweitert werden.

Grundrecht auf Klimaschutz

"Im Gesetz muss ganz klar definiert werden, wer verantwortlich ist und wer was zu tun hat", sagt Michaela Krömer, Rechtsanwältin für Umweltrecht. "Vor allem die Bundesländer spielen eine zentrale Rolle." Das habe die Corona-Krise als "Testkrise" eindrücklich gezeigt. Krömer fordert zudem ein Grundrecht auf Klimaschutz. "Wir haben im Moment einen verfassungswidrigen Zustand, weil man Rechte im Zusammenhang mit der Klimakrise nicht einklagen kann", sagt die Anwältin.

Auch einzelne Menschen müssen laut Krömer die Möglichkeit haben, ihr Grundrecht auf Klimaschutz geltend zu machen. Rechtlich dürfte das jedenfalls machbar sein, wie ein vom Ministerium in Auftrag gegebenes Gutachten zeigt. Im Nationalrat bräuchte es dafür eine Zweidrittelmehrheit. Die SPÖ ist grundsätzlich dafür. Eine Zustimmung von Neos oder FPÖ bräuchte es daher nicht zwingend. (Jakob Pflügl, 4.11.2021)