Der Fall Jalloh ist auch nach 16 Jahren noch nicht aufgeklärt.

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In der Arrestzelle 5 starb Jalloh in der Polizeistation Dessau.

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Dass sich Oury Jalloh selbst in Brand gesetzt hat, wird seit Jahren von Experten angezweifelt. Der Asylwerber aus Sierra Leone ist 2005 im deutschen Dessau in einer Gefängniszelle verbrannt – und wurde zuvor wahrscheinlich mit Benzin übergossen und angezündet. Dies legt das jüngste Gutachten nahe, das die private Aufklärungsinitiative zu dem Fall bei einem britischen Brandexperten in Auftrag gegeben hat.

Mit einem Dummy wurden dafür verschiedene Brandszenarien in einem detailgetreuen Nachbau der Polizeizelle durchgeführt. Genau wie vor 16 Jahren wurden dabei der Puppe auf einer Matratze die Hände und Füße fixiert und mit mehreren Kameras untersucht, wie viel Bewegungsspielraum Jalloh hätte haben können. Wie sich unterschiedliche Brände entwickelt haben, verglich der Brandexperte Iain Peck schließlich mit Fotos aus der Polizeizelle.

Zweieinhalb Liter Benzin

Das Ergebnis: Als der künstliche Körper mit zweieinhalb Litern Benzin übergossen und in Brand gesetzt wurde, sahen die Zelle, die Matratze und der Körper dem Brandort und Jallohs Leiche am ähnlichsten. Das bedeutet, dass sich Jalloh nicht – wie vom damals zuständigen Polizisten angegeben – selbst mit einem Feuerzeug angezündet haben könnte. Ohne den Brandbeschleuniger Benzin wären nicht so starke Brandspuren entstanden, ist sich der britische Experte sicher.

Peck hatte bereits 2015 ein ähnliches Gutachten erstellt. Damals war er zu dem Schluss gekommen, dass sich das besagte Feuerzeug, mit dem sich Jalloh angezündet haben soll, nicht im Brandschutt befunden hatte. Er ging damals davon aus, dass es ein manipuliertes Beweisstück war. Auch vor drei Jahren kam ein Toxikologe zu dem Schluss, dass sich der Asylwerber nicht selbst in Brand gesteckt hatte. Es hätten sich keine Stresshormone in seinem Urin befunden, die durch solch eine Tat ausgeschüttet werden.

Zu dem Fall gab es bereits zwei Prozesse, die aber keine Aufklärung des Todes bringen konnten. Im Jahr 2012 wurde ein Polizist verurteilt, weil er seine Aufsichtspflicht gegenüber Jalloh verletzt habe. Die Angehörigen des Verbrannten fordern nun, dass der Fall wiederaufgenommen und gegen einen Polizisten in Dessau wegen Mordes ermittelt wird. (bbl, 4.11.2021)