Besteht eine Kontrollpflicht für Firmen? Und zählt eine Infektion als Arbeitsunfall? Zwei Arbeitsrechtsexpertinnen beantworten Fragen rund um 2,5G am Arbeitsplatz.

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Ab 15. November gilt eine bundesweite 2,5G-Regel am Arbeitsplatz. Mitarbeiter müssen dann also geimpft, genesen oder PCR-getestet sein. Derzeit, also noch bis zum 14. November, kann am Arbeitsplatz entweder ein 3G-Nachweis erbracht oder stattdessen eine FFP2-Maske getragen werden. Bundesweit einheitliche Regeln für die Gültigkeitsdauer von PCR-Tests wären zweifelsohne zu begrüßen, genauso wie keine dauernden flickenteppichartigen Novellierungen. Durch diese dynamischen Änderungen der Rechtslage und der arbeitsrechtlichen Folgen bleibt Arbeitgebern aktuell wenig erspart.

Frage: Was passiert, wenn kein Nachweis vorgewiesen werden kann?

Antwort: Arbeitsrechtlich ist immerhin zumindest etwas Klarheit geschaffen worden. Es gilt spätestens ab dem 15. November das Prinzip "geimpft, genesen, (PCR-)getestet", sonst darf man am Arbeitsplatz, an dem physischer Kontakt zu anderen Personen besteht, nicht erscheinen. Wie lange eine Impfung (360 bzw. 270 Tage ab dem Zweitstich) oder ein Genesungszertifikat (180 Tage) als Nachweis gilt, wurde klargestellt.

Die Ausübung der Arbeitstätigkeit im Homeoffice kann durch Nichtbefolgung der 2,5G-Regel nicht erzwungen werden: Sind Arbeitgeber bereit, eine Homeoffice-Vereinbarung nur in bestimmtem Umfang anzubieten, wird diese zu gleichen Bedingungen auch Mitarbeitern, die keinen 2,5G-Nachweis erbringen können, anzubieten sein. An darüber hinausgehenden Tagen haben Mitarbeiter am vereinbarten Dienstort zu erscheinen, wobei dafür der 2,5G-Nachweis zu erbringen ist. Können Mitarbeiter keinen solchen Nachweis erbringen, sind sie in ihrer Arbeitsleistung verhindert, wobei sie zumindest leichtes Verschulden an dieser Verhinderung trifft. Mitarbeiter verlieren somit Anspruch auf ihr Entgelt. Eine Kündigung aus personenbedingten Gründen soll möglich sein, zumindest der allgemeine Kündigungsschutz wird jedoch greifen und die Auflösungen je nach Einzelfall erschweren.

Frage: Was bedeutet der Entfall des Entgelts?

Antwort: Welche weiteren Folgen sich an den Entfall der Entgeltpflicht knüpfen, sollen Arbeitgeber offenbar aus allgemeinen arbeitsrechtlichen Regelungen selbst ableiten. Hier wurden Arbeitgeber sowohl vom Gesetzgeber als auch von den Sozialpartnern im Stich gelassen – der Generalkollektivvertrag enthält dazu keine hilfreichen Klarstellungen. So wird man davon ausgehen müssen, dass zum Beispiel Sonderzahlungen oder sonstige variable Entgeltbestandteile aliquot um die entgeltfortzahlungsfreien Tage zu kürzen sein werden. Urlaubsanspruch wächst hingegen auch für die Zeiten dieser Verhinderung weiter an. Eine Abmeldung von der gesetzlichen Sozialversicherung für die Tage der 2,5G-bedingten Verhinderung wird allgemein vertreten, eine Klarstellung dazu wäre wünschenswert gewesen.

Frage: Besteht eine Kontrollpflicht für Arbeitgeber?

Antwort: Sieht man von den nahezu wöchentlichen Änderungen der arbeitsplatzbezogenen Covid-19-Maßnahmen ab, deren Bewältigung die Arbeitgeber ohnehin bereits vor große Herausforderungen stellt, ist mit Klärung der arbeitsrechtlichen Themen im Bereich der dritten Covid-19-Maßnahmenverordnung noch lange nicht das Schlimmste geschafft. Denn das wahre Risiko und die nahezu unüberwindbare Hürde liegt vor allem in den widersprüchlichen datenschutzrechtlichen sowie regulatorischen Vorgaben: Mit der Einführung des 3G-Nachweises am Arbeitsplatz stellt sich nämlich die Frage, ob und wie dieser Nachweis zu kontrollieren ist.

Aus der Verordnung selbst lässt sich keine explizite Pflicht der Arbeitgeber zur Kontrolle der 3G-Nachweise ableiten. Allerdings ergibt sich aus der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht und vor allem den Sorgfaltspflichten des § 8 Abs 4 Covid-19-Maßnahmengesetz, dass für die Einhaltung dieser Maßnahme Sorge zu tragen ist. Der 3G-Nachweis am Arbeitsplatz wird zweifellos nicht nur als bloße Verwaltungsvorschrift, sondern als Schutzgesetz zugunsten der eigenen Mitarbeiter wie auch der Kunden zu werten sein.

Frage: Wie können Arbeitgeber kontrollieren?

Antwort: Die Erläuterungen zu § 8 Abs 4 Covid-19 Maßnahmengesetz bestimmen, dass Arbeitgeber ihrer Kontrollpflicht dann Genüge getan haben, wenn einschlägige Instruktionen (insbesondere Schulungen, dienstliche Anweisungen, Richtlinien oder Rundschreiben via Intranet), wirksame Kontrollen (insbesondere Stichproben beim Zutritt oder über Aufforderung während des Arbeitstages oder Schwerpunktkontrollen in einer Abteilung oder anlässlich eines Verdachtsfalls) und Sanktionierungsinstrumente (Verwarnung, Ausschluss von bestimmten Benefits und freiwilligen Leistungen) zur Sicherstellung regelkonformen Verhaltens eingeführt werden.

Frage: Was muss in Hinblick auf den Datenschutz beachtet werden?

Antwort: Während das Vorliegen eines 3G-Nachweises im Rahmen des Kontrollrechts also – zumindest stichprobenartig – sichergestellt werden muss, ist gleichzeitig der Datenschutz zu beachten. Hier sieht die Verordnung paradoxerweise vor, dass die Daten zwar ermittelt, aber offenbar nicht gespeichert werden dürfen. Betroffene Arbeitgeber fragen sich zu Recht, was das bedeuten soll, zumal es sich beim "Ermitteln von Daten" um keinen datenschutzrechtlichen Begriff laut Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) handelt.

Auch die österreichische Datenschutzbehörde geht davon aus, dass im arbeitsrechtlichen Kontext jeder Arbeitgeber gegenüber seinen Mitarbeitern zur Fürsorge verpflichtet ist, wozu der Ausschluss von Gesundheitsrisiken am Arbeitsplatz zählt. Vor diesem Hintergrund kann die Verarbeitung von Gesundheitsdaten insbesondere auf Art. 9 Abs. 2 lit.b (DSGVO) iVm den jeweils einschlägigen Bestimmungen zur Fürsorgepflicht (Verarbeitung zum Zwecke der Erfüllung arbeits- und sozialrechtlicher Pflichten) gestützt werden. Auch wenn es sich beim 3G-Nachweis um Gesundheitsdaten handelt, wäre daher die Verarbeitung nach der DSGVO rechtmäßig.

Frage: Welche Risikoabwägung müssen Arbeitgeber anstellen?

Antwort: In der Praxis stellt sich als die Frage, wie eine Balance gefunden werden kann, um einerseits eine wirksame Kontrolle durchführen und nachweisen zu können, sowie andererseits keine Datenschutzverletzung zu riskieren. Letztlich können Arbeitgeber nur die folgende Abwägung treffen: Wenngleich hier durchaus datenschutzrechtliche Stolpersteine gegeben sind, bleiben Kontrollen für Arbeitgeber dennoch alternativlos. Die datenschutzrechtliche Lage ist unklar (und deswegen zumindest einer Argumentation zugänglich und auslegungsbedürftig); die Kontrollpflicht hingegen unstrittig. Die Verwaltungsstrafsanktion ist hier zudem nicht das einzige Problem. Während Arbeitnehmer bei Nichteinhaltung der 3G-Regel eine Verwaltungsstrafe von 500 Euro riskieren, drohen Arbeitgebern bis zu 3.600 Euro.

Frage: Zählt eine Infektion am Arbeitsplatz als Arbeitsunfall?

Antwort: Auch eine Ansteckung bei erkrankten Mitarbeitern fällt, was viele Arbeitgeber übersehen, unter den Versicherungsschutz gemäß ASVG. Der begründete Verdacht auf das Vorliegen einer beruflich erworbenen, also am Arbeitsplatz bewirkten Covid-19-Infektion ist dem zuständigen Unfallversicherungsträger, in der Regel der AUVA, als Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit zu melden. Nach den aktuellen Regeln der AUVA ist dies der Fall, sofern eine Ansteckung mit hoher Wahrscheinlichkeit am Arbeitsplatz erfolgt ist, wobei hier der Anscheinsbeweis durch den Träger der Unfallversicherung genügt.

Lassen Arbeitgeber ihre Mitarbeiter ohne gültigen 3G-Nachweis an den Arbeitsplatz und kontrollieren sie dies nicht wirksam, dann kann dies nicht nur eine Verwaltungsstrafe, sondern auch erhebliche Regressfolgen nach sich ziehen. Haben Arbeitgeber nämlich einen Arbeitsunfall oder Berufskrankheit vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit verursacht, so haben sie den Trägern der Sozialversicherung alle zu gewährenden Leistungen zu ersetzen (hinzu kommen die längeren Zeiträume der Entgeltfortzahlung im Krankenstand). Dies umfasst nicht nur die Kosten der Heilbehandlung, sondern vor allem Folgekosten durch zum Beispiel Long-Covid. Da sich solche Folgen auch noch nach zuerst mildem Verlauf bzw. Genesung einstellen können, ist eine Dokumentation, dass die Vorschriften eingehalten und auch wirksam kontrolliert wurden, besonders wichtig. Dass ein solcher Nachweis nicht gelingt, wenn gar keine schriftliche Dokumentation vorliegt, liegt auf der Hand.

Frage: Wer haftet, wenn ein Mitarbeiter Kunden ansteckt?

Antwort: Steckt ein Mitarbeiter Kunden an, dann genügt für eine Haftung – wie die anhängigen "Ischgl-Prozesse" zeigen – sogar nur leichte Fahrlässigkeit. Es wird daher jedenfalls datenschutzrechtlich zulässig sein, die Kontrollmaßnahme zu dokumentieren, unklar bleibt jedoch, welche Daten dabei gespeichert werden dürfen. Eine Dokumentation der kontrollierten Person (Name, allenfalls Personalnummer), des Zeitpunkts der Kontrolle und des Vorliegens des 3G-Nachweises scheinen aber essenziell, um den Sorgfaltspflichten überhaupt nachkommen zu können.

Frage: Können Arbeitgeber strengere Regeln anordnen?

Antwort: Die von Arbeitgebern verfügte Maskenpflicht gilt dann nicht, wenn Mitarbeiter (zumindest) den 3G-Nachweis erbringen. Besonders prekär ist daher, dass gleichzeitig mit 3G am Arbeitsplatz die FFP2-Masken-Pflicht für Mitarbeiter nicht mehr wirksam vom Unternehmen angeordnet werden kann, wodurch sich die Ansteckungsgefahr erhöhen kann. Arbeitgeber sind aber gut beraten, eine solche Maskenpflicht weiterhin auf freiwilliger Basis zu empfehlen bzw. mit den Mitarbeitern zu vereinbaren.

Was der Arbeitgeber aber nach § 9 Abs 4 Verordnung interessanterweise sehr wohl "in begründeten Fällen" anordnen kann, sind strengere Regeln in Bezug auf den Nachweis einer geringen epidemiologischen Gefahr – also statt eines 3G- auch ein 2G- oder gar ein 1G-Nachweis. Aufgrund der langen Gültigkeitsdauer der Nachweise verringern sich Kontrollaufwand und Haftungsrisiko für den Arbeitgeber drastisch. Angesichts der vielfach höheren Sieben-Tage-Inzidenz unter nicht vollständig Geimpften wird der geforderte "begründete Fall" wohl argumentierbar sein. (Jana Eichmeyer, Ulrike Sehrschön, 5.11.2021)