Theresia Vogel, Geschäftsführerin des Klima- und Energiefonds, und ihr Mann, der Schriftsteller Wilhelm R. Vogel, können mit hübschem Wohndesign nicht viel anfangen.

"Ich mag Fotos überhaupt nicht, ich komme mir dabei immer so wahnsinnig blöd vor. Aber wenn’s sein muss, bin ich die Expertin für das breite Lächeln, trotz schiefen Zahns, während mein Mann Willi, wenn er sich zamreißt, wie ein grantiger Tiger dreinschauen kann. Das wäre dann in beiden Fällen so ziemlich das Gegenteil unserer jeweiligen charakterlichen Verfassung. Man muss sich eine gewisse Flexibilität bewahren im Leben.

Fünf-Jahres-Pläne beim Wohnen: Das Ehepaar Vogel in seiner Wohnung in Wien-Floridsdorf.
Foto: Lisi Specht

So handhaben wir das übrigens auch mit unseren Fünf-Jahres-Plänen, was diverse Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten in der Wohnung betrifft. Vor 25 Jahren hatten wir uns vorgenommen, nur um ein Beispiel zu nennen, die Treppe ins Obergeschoß in den kommenden fünf Jahren mit Holz zu verkleiden. Dieses Fünf-Jahres-Ziel wurde fünfmal aufgeschoben. Bis heute wandeln wir über nackten Beton ins Obergeschoß. Der aktuelle Fünf-Jahres-Plan ist der Umbau der Küche, die grad ein bisschen provisorisch daherkommt, nachdem innerhalb kürzester Zeit sämtliche Haushaltsgeräte mit einem Multiorganversagen eingegangen sind und jetzt nix mehr zampasst. Alles ist zusammengestoppelt, die Möbel sind verschoben und stehen quer in den Raum hinein. So geht das nicht mehr weiter.

Wir wohnen hier im äußersten Floridsdorf am A. d. W., wo oft nicht einmal mehr Fuchs und Hase zueinanderfinden, dafür aber Mäuse, Spinnen, Eichhörnchen, Äskulapnattern und Vögel aller Art. Hinter dem Haus fängt die Landwirtschaft an. Ein benachbarter Bauer verpachtet einen Teil seiner Felder als Mietacker. Er sät seine Reihen, und man mietet jedes Jahr ein neues Eckerl an. First come, first serve.

Die Möbel müssen bei Familie Vogel "massiv sein und gscheit was aushalten".
Fotos: Lisi Specht

Wir hatten schon Fisolen- und Paradeiserjahre, in denen wir fast an Fisolen und Paradeisern erstickt sind. Seitdem bevorzugen wir Mischkulturen. Die sind irgendwie ausgewogener. Beim Haus selbst handelt es sich um die erste Wiener Loftsiedlung des Architekten Heidulf Gerngroß, der hier 17 zweigeschoßige Lofts errichtet hat, die die Mieterinnen und Mieter je nach Lust und Laune selbst ausbauen konnten. Manche haben Galerien oder ganze Deckenplatten eingezogen, doch mittlerweile sind fast alle Lufträume verschwunden.

Auch unseren Luftraum haben wir opfern müssen, denn als mein Mann Willi im Jahr 2000 miteingezogen ist, kam er nicht allein, sondern mit einer Million Bücher. Und danach haben wir auch noch den Entschluss gefasst, uns zu vermehren. Die Wohnung hat jetzt, nachdem alle Luftlöcher geschlossen wurden, 130 Quadratmeter Nutzfläche. Sämtliche Räume sind großzügig verglast. Allein im Wohnzimmer haben wir 14 Quadratmeter Glas. Man wohnt quasi im Freien.

Bücherregale sind in der Wohnung von Theresia und Wilhelm R. Vogel omnipräsent.
Fotos: Lisi Specht

Was die Einrichtung betrifft, so mussten wir zwei Haushalte zusammenlegen, und das war nicht ganz konflikt- und friktionsfrei. Viele Bücher haben viele Farben, also haben wir uns bei den Bücherregalen für ein neutrales, sympathisches Spitalsweiß entschieden. Die Bücherregale sind omnipräsent, sie stehen überall. Ansonsten haben wir, wo noch Platz für anderes Mobiliar übriggeblieben ist, eine 200 Kilo schwere, unverrückbare Kommode, ein Erbstück meiner Großeltern, und einige Sofas, Tische, Lampen und Holztruhen, wo nix mit nix zusammenpasst.

Äußere Formen sind uns nicht wirklich wichtig. Die Bilder hängen zum Teil schief, haben nicht die gleichen Rahmen, manchmal auch gar keinen, und irgendwie ist uns das alles ziemlich egal. Man könnte auch sagen: Wir haben keine Tendenz zu musealer Stilkonformität. Bei uns lebt’s und wurlt’s. Das Wichtigste ist nur, dass die Möbel massiv sind und gscheit was aushalten, denn wir sind beide zusammen fast vier Meter groß. Das ist auch der Grund, warum bei uns keine pompösen Murano-Luster von der Decke runterbaumeln können. Die niedrigen Deckenlampen, die wir uns dafür an den Plafond schrauben mussten, sind ein ästhetischer Fluch. Das hat man davon, wenn man sonst eh auch keinen Wert auf Wohndesign legt, was auch immer das sein soll." (8.11.2021)