Die Nachfrage nach der Off-label-Impfung für Kinder ist sehr groß.

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Die Stadt Wien will noch vor der offiziellen Zulassung durch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) eine Kinderimpfung für Fünf- bis Elfjährige organisieren. Institutionalisierte Impfungen sollen "Ende nächster Woche, übernächste Woche spätestens" angeboten werden, sagte Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) am Freitag im Ö1-"Morgenjournal". Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hatte angekündigt, dass eine eigene Impfstraße dazu eingerichtet wird. Details seien noch in Arbeit.

Bereits jetzt werden von vier niedergelassenen Kinderärzten in Wien Impfungen von unter Zwölfjährigen durchgeführt, wie die Ärztekammer bestätigt. Laut einem Sprecher des Gesundheitsressorts wurden in Wien bisher 945 Kinder geimpft – "off label", also außerhalb der Zulassung der Behörde. Mit der geplanten Kinderimpfstraße reagiere Wien auf den "riesigen Nachfragedruck von Eltern", sagte Hacker. Österreichweit sind aktuell 1.756 Kinder von null bis elf Jahren voll immunisiert, weitere 3.750 haben bisher den Erststich erhalten.

Fachlicher Zuspruch

Von einem "unglaublichen Interesse" spricht auch der Wiener Kinderarzt Peter Voitl. Er hat nach Eigenangaben schon 550 Kinder in diesem Alter geimpft. Dazu kämen "ein paar hundert weitere Kinder auf der Warteliste", wie er dem STANDARD sagte. Es gebe eine "klare Notwendigkeit" für eine Kinderimpfung – vor allem für jene mit Vorerkrankungen oder anderen medizinischen Schwierigkeiten.

Die Impfung werde von Wien nicht empfohlen, sagt Stadtrat Hacker. "Wir reagieren eher auf das Bedürfnis der Bevölkerung." Auch die Haftungsfrage ist laut der Stadt Wien geklärt: Wo vor einer Impfung ein ausführliches Aufklärungsgespräch durch einen Facharzt stattfindet und Eltern der Impfung zustimmen, komme das Impfschadengesetz des Bundes zum Tragen.

Der Wiener Vorstoß erhält fachlichen Zuspruch aus den Ländern. Der Direktor der Innsbrucker Kinderklinik, Thomas Müller, spricht sich für "kindergerechte Impfzentren" in jedem Bundesland aus. Denn es brauche den richtigen Rahmen für ein solches Angebot an interessierte Eltern, damit es ausreichend Zeit für Aufklärung und Information möglich geben könne.

Das Angebot will Müller nicht als Empfehlung missverstanden wissen. Doch die Möglichkeit, sein Kind "off label" impfen zu lassen, hält er für wichtig. Müller verweist in dem Zusammenhang darauf, dass Off-Label-Therapien in der Kinderheilkunde gängige Praxis sind.

Die Wiener Ärztekammer rechnet "sehr bald" mit einer Freigabe der Impfung für Fünf- bis Elfjährige durch die europäische Behörde. Zuletzt war von einer Entscheidung bis Mitte November die Rede. (David Krutzler, Steffen Arora, 5.11.2021)