An den Wänden der neuen Bundestagsbüros sind Holzlöcher zu sehen, es riecht auch nach Holz, und dieser Duft ist angenehm mitten in der Großstadt, im Regierungsviertel. Denn dort dominiert ansonsten Stahl und Beton. "Wir bringen ein bisschen österreichisches Flair nach Berlin", sagt Christian Kaufmann, Geschäftsführer der österreichischen Firma Kaufmann Bausysteme.

Wobei ein "bisschen" untertrieben ist. Das Vorarlberger Holzbau-Unternehmen aus Reuthe im Bregenzerwald (52 Mitarbeiter) erfüllt einen der prestigeträchtigsten Aufträge, die in den vergangenen Jahren in der deutschen Hauptstadt vergeben wurden.

Erweiterung an der Spree

736 Abgeordnete umfasst der neue Bundestag, so viele wie nie zuvor. In der letzten Legislaturperiode waren es 709. Nun brauchen auch die Neuen Büros für sich und ihre Mitarbeiter, aber das Reichstagsgebäude mit den angeschlossenen Bürotrakten platzt schon aus allen Nähten. Also bekommt das Parlament Erweiterung an der Spree.

Errichtet wird das siebenstöckige Gebäude mit 400 Büros nach Plänen des Architekturbüros Sauerbruch Hutton aus Holzmodulen, die von den Vorarlbergern hergestellt werden. Kaufmann Bausysteme und die deutschen Immobilienentwickler Primus Developments sind Generalüber- und Generalunternehmer beim Luisenblock West, wie das neue Gebäude heißt.

Man hat schon in Hamburg zusammengearbeitet und "Woodie" errichtet, ein Wohnheim für Studierende. Kaufmann baute in Berlin zudem Schulen und wird dies auch weiterhin tun: 32 Schulerweiterungsbauten für Berlin stehen in den kommenden Jahren auf dem Programm.

Der Luisenblock West in Berlin wird bunt. Unklar ist noch, welche Abgeordneten ihre Büros im neuen Trakt bekommen werden.
Foto: Birgit Baumann

"Vor 15 Jahren war ein Holzbau mit vier Geschoßen fast unmöglich. Heute bauen wir in Deutschland und Österreich Siebengeschoßer, bei denen das Holz sichtbar bleibt", sagt der Geschäftsführer.

Doch der Bundestagsneubau ist eine eigene Liga. "Wir sind mitten in der deutschen Hauptstadt angekommen, mehr geht nicht", freut sich Kaufmann. Und das Ankommen geschah ziemlich rasch. Im Mai 2020 erfolgte der Zuschlag, im Oktober 2020 war Baubeginn, am 31. Dezember dieses Jahres wird der Luisenblock West übergeben.

"In Berlin haben einige gestaunt, dass man so schnell bauen kann", meint Kaufmann und schmunzelt. Schließlich ist die lange, lange Bauzeit des Hauptstadtflughafens BER nach wie vor Thema, auch wenn der Airport dann im Herbst 2020 mit neun Jahren Verspätung doch eröffnet werden konnte. Nicht nur die kurze Bauzeit überzeugte beim Luisenblock das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, sondern auch der Aspekt der Nachhaltigkeit. Das Gebäude besteht zu 75 Prozent aus Holz.

Dieses stammt zum Großteil aus Österreich, insgesamt werden 5000 Kubikmeter Fichtenholz verbaut. Allerdings stapelte sich dieses nicht im Regierungsviertel. Kaufmann produziert im Berliner Stadtteil Köpenick in einer eigenen Halle. Dort wurden in den vergangenen Monaten die einzelnen Module, ähnlich wie beim Automobilbau, gefertigt.

Das Holz stammt zum Großteil aus Österreich, insgesamt werden 5000 Kubikmeter Fichtenholz verbaut.
Foto: imago

Vom Holz über die Fensterelemente bis zu den Kabeln, dem roten Teppich, dem Sonnenschutz, der Kühl- und Heizdecke – die rund 18 Quadratmeter großen Module wurden auf einer Schienenanlage wie am Fließband mit den 450 Teile ausgestattet. Dann ging es mit Lastwagen zur Baustelle zum "Legospielen": Ein Holzmodul wurde aufs andere gestapelt.

Mittlerweile steht das Gebäude, es hebt sich mit seiner bunten Fassade von den ansonsten monotonen Bundestagsbauten deutlich ab. 70 Millionen Euro kostet der Neubau, wer seine Arbeit künftig im österreichischen Holzkobel erledigen wird, ist offen. Über die Verteilung der neuen Büros entscheiden die Abgeordneten erst interfraktionell.

Für Kaufmann ist der Luisenblock jedoch viel mehr als ein neues Bürogebäude: "Wir sind mächtig stolz darauf", sagt er und betont auch: "Solche Superlative brauchen wir. Ein Holzbau mitten in Berlin wird für Furore sorgen und der Holzbaubranche helfen, an Bedeutung zu gewinnen." Denn bei vielen Menschen herrsche immer noch die Meinung vor: "Holz wird verfeuert, aber nicht verbaut."

15 Jahre lang müsse der Neubau für die Abgeordneten nutzbar sein – das war die Vorgabe des Bundestags. Danach könnten die Module auch woanders eingesetzt werden. An eine so kurze Dauer denkt Kaufmann aber nicht. Er sagt: "Unser Bau kann 100 Jahre stehen." (Birgit Baumann aus Berlin, 6.11.2021)