Es gibt bereits einige Medikamente zur Behandlung von Covid-19. Zwei neue Pillen geben jetzt große Hoffnung, Hospitalisierungen zu verhindern.

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Die Entwicklung wirksamer Impfstoffe gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 lief beispiellos schnell und erfolgreich ab. Damit ließe sich die Covid-19-Pandemie hierzulande relativ gut kontrollieren. Aber zum einen sind nicht alle Menschen geimpft, zum anderen kommt es auch bei manchen Doppeltgeimpften zu Impfdurchbrüchen und die kalte Jahreszeit ist das I-Tüpfelchen. Unterm Strich führt dies aktuell dazu, dass die Zahl der Covid-19-Patienten wieder massiv steigt. Fakt ist, wir brauchen unbedingt auch wirksame Medikamente, die das Virus bekämpfen können.

Deshalb werden schon seit Pandemiebeginn vorhandene Medikamente auf Wirksamkeit gegen Sars-CoV-2 erprobt und neue entwickelt. Ein großer Hoffnungsträger ist Molnupiravir. Es wurde bereits vergangenen Donnerstag in Großbritannien zugelassen. Der US-amerikanische Pharmariese Merck & Co, in Europa als MSD bekannt, hat auch eine Notfallzulassung für Patienten mit milden und mittelschweren Symptomen bei der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA beantragt, die jedoch noch aussteht. Seit dem 25. Oktober prüft auch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) die Zulassung des neuen Medikaments. Es wäre die erste Pille zur Behandlung von Covid-19.

Nur einen Tag später sorgt Pfizer mit einem Medikament mit noch besseren Studienergebnissen als Merck für Furore. Das Unternehmen wird ebenfalls eine Notfallzulassung bei der FDA beantragen.

Schwierige Virusbekämpfung mit Medikamenten

Warum ist die Entwicklung von antiviralen Medikamenten eigentlich so schwierig und so langwierig? Es gibt ja bereits eine Vielzahl an Studien zu potenziellen Wirkstoffen gegen Sars-CoV-2. Aber Viren sind keine einfachen Gegner. "Sars-CoV-2 hat einen Weg gefunden, einerseits die antivirale Abwehr zum Beispiel durch Unterdrückung von Interferonen auszuschalten und andererseits die proinflammatorische Reaktion maximal anzuheizen", erklärt Professor Andreas Pichlmair vom Institut für Virologie der TU München im Ärzteblatt.

Interferone zählen zur ersten Abwehrlinie des Körpers. Diese Moleküle alarmieren das Immunsystem und verhindern, dass sich Viren im Körper vermehren und ausbreiten. Wenn Viren die Interferone unterdrücken, kann es das nicht. Deshalb sind durch Viren wie Sars-CoV-2 ausgelöste Krankheiten nur schwer zu behandeln. Bei HIV, dem "human immunodeficiency virus", das Aids verursacht, hat es rund 15 Jahre gedauert, bis es eine wirksame, aber nebenwirkungsreiche medikamentöse Therapie gab.

Dass das auch für die Pharmafirmen problematisch ist, zeigt das aktuelle Beispiel von Atea Pharmaceuticals und Roche. In einer Phase-2-Studie mit dem Namen "Moonsong" untersuchten sie die Substanz AT-527 als Wirkstoff gegen Sars-CoV-2. Im Vergleich zur Placebo-Gruppe erzielte AT-527 keine deutliche Verringerung der Sars-CoV-2-Viruslast. Der Börsenkurs von Atea Pharmaceuticals stürzte darauf ab.

Bereits einige Medikamente zur Verfügung

Aber wir stehen zum Glück nicht völlig ohne Medikamente da, es gibt bereits einige, die die Infektion der Zellen mit dem Virus verhindern können. Etwa die monoklonalen Antikörper. Das sind künstlich hergestellte Eiweiße des Immunsystems, die biotechnologisch so nachgebildet wurden, dass sie an bestimmte Oberflächenstrukturen des Coronavirus Sars-CoV-2 andocken können. Sars-CoV-2-Viren können dann nicht mehr in die menschliche Zelle eindringen, die Antikörper nehmen ihnen quasi den Schlüssel zur Zelle.

In Deutschland gibt es das Bamlanivimab und die Antikörperkombination Casirivimab/Imdevimab. Sie eignen sich für die frühzeitige klinische Therapie mit Sars-CoV-2 infizierter Personen, die milde bis mittelschwere Symptome und ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf zum Beispiel wegen einer Herz-Kreislauf-Erkrankung haben. Bei diesen Patienten können Antikörper das Risiko eines Krankenhausaufenthalts und Todesfalls um 70 Prozent verringern. Allerdings müssen diese Präparate intravenös verabreicht werden und sind sehr teuer.

In Entwicklung ist derzeit ein Präparat, das aus "Nanobodies" besteht. Das sind kleine Antikörper, Lamas und Alpakas bilden sie als Reaktion auf eine Infektion mit Sars-CoV-2, die sie nicht krank macht. Vorklinische Studien haben gezeigt, dass die Nanobodies die Viren neutralisieren können, sie verhindern, dass das Virus an Zellen andocken kann. Das Nanobody-Präparat soll, einmal verfügbar, inhalierbar sein.

Die Virusvermehrung hemmen

Die Virusvermehrung in bereits infizierten Zellen hemmt das Medikament Remdesivir, es ist schon seit Juli 2020 zugelassen. Aber wie wirksam ist es? Remdesivir (Handelsname Veklury®) ist bedingt zugelassen zur Behandlung von Covid-19 bei Erwachsenen und bei Jugendlichen ab zwölf Jahren mit einer noch nicht sehr schweren Lungenentzündung. Es ist geeignet für Patienten, die zwar zusätzlichen Sauerstoff, aber noch keine invasive Beatmung brauchen, das heißt noch nicht schwer erkrankt sind.

Haben mit Remdesivir behandelte Covid-19-Patienten eine größere Chance zu überleben und sich schneller zu erholen? Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat die Vorteile von Remdesivir gegenüber Therapiealternativen geprüft. Das Ergebnis: Erwachsene Covid-Patientinnen und -Patienten, deren Lungenentzündung noch nicht sehr schwer ist, können von einer Behandlung mit Remdesivir profitieren. Der Zusatznutzen des Medikaments gegenüber der üblichen Therapie wird aber nur als gering eingestuft. Ob Remdesivir auch einen Einfluss auf das Überleben hat, ist unklar. Für Jugendliche zwischen zwölf und 18 Jahren bringt das Mittel, das in der Klinik fünf Tage lang täglich intravenös verabreicht werden muss, keine Vorteile.

Hoffnungsträger Molnupiravir

Das bereits erwähnte Molnupiravir soll verhindern, dass sich Viren in Körperzellen vermehren. Es führt dazu, dass bei der Virusvermehrung falsche Bausteine in den genetischen Code des Virus eingebaut werden. Dadurch kommt es zu Veränderungen, die für das Virus tödlich sind. Aktuelle Studiendaten zeigen: Molnupiravir kann bei infizierten Patienten mit leichten oder mittleren Covid-19-Symptomen – also solange die Erkrankung noch nicht fortgeschritten ist – die Virusvermehrung tatsächlich so stark hemmen, dass sich das Risiko eines Krankenhausaufenthalts oder eines tödlichen Verlaufs von Covid-19 halbiert. Dafür sind fünf Tage lang täglich viermal zwei Tabletten einzunehmen.

Zum Vergleich: Monoklonale Antikörper erreichen bei noch nicht fortgeschrittener Erkrankung sogar 70 Prozent, müssen aber in der Klinik intravenös verabreicht werden. Dass es Molnupiravir als Pille geben wird, ist ein großer Vorteil, denn die Anwendung ist dadurch überall möglich. Allerdings konnte bislang ein gewisses Missbildungsrisiko für das Ungeborene bei Einnahme während der Schwangerschaft nicht ganz ausgeschlossen werden.

Neue Pille von Pfizer

Und es befinden sich auch noch einige Medikamente in Entwicklung. Erst am Freitag gab das Pharmaunternehmen Pfizer beeindruckende Studienergebnisse für eine vorbeugende Pille bekannt, die unter dem Namen Paxlovid auf den Markt kommen soll. Sie soll Erwachsene, die mit einem Corona-Infizierten zusammenleben, davor schützen, sich selbst zu infizieren.

Diese Pille ist eine Kombination aus dem Wirkstoff PF-07321331 und niedrig dosiertem Ritonavir, welches sich bereits gegen das HI-Virus bewährt hat. Das PF-07321331 verhindert die Virusvermehrung, indem es das wichtigste Enzym blockiert, das das Coronavirus für seine Vermehrung benötigt. Es ist sicher und gut verträglich. Durch die Kombination der Wirkstoffe verlängert sich die Wirkdauer des PF-07321331. Diese Kombipille ist zweimal täglich über fünf bis zehn Tage einzunehmen.

Die hierzu laufende Studie wurde nun kurzfristig abgebrochen, weil die Ergebnisse mehr als überzeugend sind. Die Kombipille aus PF-07321331 und Ritonavir kann die Hospitalisierungsrate und Todesrate demnach um 89 Prozent verringern bei erwachsenen Studienteilnehmern, die aufgrund des Kontakts zu einem Corona-Infizierten ein hohes Ansteckungsrisiko haben. Allerdings muss Paxlovid innerhalb von drei Tagen nach dem Beginn erster Symptome eingenommen werden.

Wie eine aktuelle Studie zeigt, könnte außerdem ein seit vielen Jahren zur Behandlung von Depressionen eingesetztes Medikament, das Fluvoxamin, auch zur Therapie von Covid-19 geeignet sein. Es wirkt antientzündlich und ist offenbar auch gegen Viren wirksam. Laut Studienergebnissen kann es die Notwendigkeit eines Krankenhausaufenthalts im Vergleich zu Placebo um rund ein Drittel verringern. (Gerlinde Felix, 7.11.2021)